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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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Cadillacs sammele und der frühere Diktator Stalin genauso gewesen sei, er habe einen privaten Kinosaal besessen, in dem er sich ganz alleine Western mit John Wayne und Gary Cooper angesehen habe.
    Die Stunden vergingen. Pete war es leid, sich mit Nisonen zu zanken, und er und Eva Mansnerus begannen zu knutschen. Es dämmerte, die Dunkelheit senkte sich herab, aber die Wärme blieb, die Luft war wie Samt, ausnahmsweise war es selbst auf dem Rosari warm. Ich sah, dass Pete und Eva darauf warteten, dass wir anderen gingen. Ich konnte mir schon denken, warum. Evas Eltern und Schwester schliefen in dem Haus im Waltervägen und würden erst am nächsten Morgen zum Sommerhaus hinausfahren. Und im Stationsvägen 12 B waren Veka und Suski, vielleicht auch Orvokki oder Salme. Aus Petes gefranster Umhängetasche lugte eine Weinflasche, trotzdem nippten Eva und er an ihrer dämlichen Jaffa. Die anderen gingen, aber ich weigerte mich. Ich blieb sitzen und trank kleine Schlucke aus einer Flasche Lonkero, die ich Barsk abgekauft hatte, und unterhielt mich mit Pete und Eva über dies und das, obwohl sie sich die meiste Zeit küssten und einsilbig oder gar nicht antworteten. Schließlich musste ich trotz allem aufstehen und mich ein paar Meter entfernen, um zu pinkeln, und ich hörte sie flüstern und Pete aufstehen und mir folgen. Ich pinkelte schon, als er sich hinter mich schob. Im Westen gab es noch ein wenig Tageslicht, ansonsten war es bereits dunkel. Am Einkaufszentrum und vor dem Bahnhof leuchteten die Straßenlaternen wie kleine, bleiche Monde. In den Hochhäusern brannte in Dutzenden und Aberdutzenden Fenstern Licht. Pete sagte: »Du bist mein Freund, Frankki. Aber jetzt haust du ab, oder du kriegst eine aufs Maul.«
    »Okay«, sagte ich und ging, ohne mich noch einmal umzusehen.
    Die Sommerferien dauerten noch zwei Wochen. Henry musste wieder arbeiten, und Leeni bereitete das Schuljahr vor, das Sommerhaus in Svartviken hatten wir für dieses Jahr geputzt und verriegelt. Ich blieb also in Tallinge. Am nächsten Abend ging ich auf den Rosari, aber von Pete und Eva war nichts zu sehen. Nach ein paar Tagen begegnete ich ihnen vor dem Supermarkt, sie schnieften in der Hitze, sahen aber glücklich und zufrieden aus und küssten sich unablässig, auch während sie mit mir sprachen.
    Schlagartig konnte ich morgens nicht mehr lange schlafen, ich schlief unruhig, und wenn ich erwachte, nagte etwas an meinem Herzen, und ich hatte ein flaues Gefühl im Bauch. In den folgenden Wochen sah ich Pete mehrmals frühmorgens aus dem Haus von Familie Mansnerus kommen und den 49er in die Stadt nehmen: Er hatte einen Ferienjob in einem Warenlager in Sockenbacka und musste früh zur Arbeit. Eva fuhr immer erst eine gute Stunde später. Eines Morgens kamen sie gleichzeitig aus dem Haus und gingen Hand in Hand zur Bushaltestelle. Es war nicht so, dass ich ihnen hinterherspionierte, aber da ich ohnehin keinen Schlaf mehr fand, konnte ich genauso gut einen Morgenspaziergang machen. Oder einen Abendspaziergang. Ich wurde während dieser letzten Sommerwochen vierzehn, und an dem Abend stand ich auf dem Waltervägen und sah ihre Silhouetten hinter den gelben Vorhängen dessen, was vermutlich das Wohnzimmer der Familie war. Ein Fenster stand halb offen, Gloria Gaynor sang Never Can Say Goodbye , und Eva und Pete standen im Raum und küssten sich.
    * * *
    Mehr als drei Jahre blieben die beiden ein Paar.
    Das erste dieser Jahre dürfte das einsamste meines Lebens gewesen sein. Pete und Eva verschwanden in einer Blase aus Jetzt-spielen-wir-trautes-Heim-und-tauschen-Geheimnisse-aus , wie richtig junge Liebende dies tun. Eva erzählte mir viel später im Detail, wie es gewesen war. Offenbar fantastisch, mit schmutzigem und erregendem Dauersex und langen, tiefgründigen Gesprächen, in denen man dem anderen seine peinlichsten Seiten gestand und sich gleichsam auflöste und im anderen aufging. Und dann, mit der Zeit, Launen und plötzliche Wutanfälle und Streitigkeiten, gewaltsame Eruptionen, bei denen sie sich gegenüberstanden und schlimme Dinge an den Kopf warfen, bis die Tränen flossen und sie sich mit Hilfe von neuem heftigen Sex versöhnen mussten, während die Tränen noch liefen. So stellte Eva es dar, aber ich habe immer den Verdacht gehabt, dass es ihre Tränen waren und sie Petes hinzudichtete, um ihn und sich als wirklich gleichberechtigt darzustellen. Mich persönlich erregt es nicht, wenn ich niedergeschlagen bin, und erst recht nicht, wenn ich

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