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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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weine, und ich bin immer davon ausgegangen, dass es den meisten Männern ähnlich geht. Danach gefragt habe ich allerdings nie. »Flennst du eigentlich öfter mal beim Vögeln?«, gehört nicht unbedingt zu den Standardfragen unter Männern.
    Ich hatte nichts, was sich mit dem vergleichen ließ, was Pete und Eva hatten. Rein gar nichts. Die Zeit, die Pete über die vielen Stunden hinaus zur Verfügung stand, die für Eva und die Schularbeiten draufgingen, widmete er seinen Bands. Unsere Freundschaft litt immer noch unter den Nachwehen des Gitarrenfiaskos, und das Verfassen der Texte, die Möglichkeit, dass ich sein Bernie Taupin oder Keith Reid werden könnte, hatten wir noch nicht entdeckt. Wir sahen uns sehr selten in diesem Jahr, im Grunde nur die wenigen Male, die Pete auf den Rosari hinaufkam. Und dort nahm er mich kaum wahr, er war freundlich, aber auf eine zerstreute und abweisende Art, und saß lieber mit Ride und Barsk zusammen und diskutierte, welche Lieder The Changelings, ihre zuletzt gegründete Band, im Repertoire haben sollte.
    Während dieses ersten Jahres kam Pete nur dann auf den Rosari, wenn Eva mit ihren Freundinnen aus der Innenstadt in den Winterurlaub gefahren war oder sie einen Mädchenabend hatten. Davon abgesehen waren sie wie Pech und Schwefel: Wenn Eva Mansnerus sich in Tallinge aufhielt, war von Pete Everi nichts zu sehen, und von Eva auch nicht. Und ich konnte natürlich nicht mehr den Stalker spielen. Denn letztlich ist es doch so: Man kann ein fremdes Mädchen neun Monate lang beschatten. Man tut es auf eigenes Risiko und sollte es tunlichst für sich behalten, denn es gibt viele, die für diese Art von Besessenheit kein Verständnis haben. Aber es lässt sich durchziehen, es gehört als ein düsteres Kapitel zum Unglücklichen Lebensbuch schlecht verlöteter Jungen . Aber wenn das fragliche Mädchen mit dem besten Freund geht, lässt man es bleiben.
    In diesem einsamen Jahr fuhr Henry fort, mich zu Sportveranstaltungen mitzunehmen, bei denen ich mir sein Murren und Meckern anhören musste und mir der süßlich beißende Schweißgeruch aus seinen Achselhöhlen in die Nase stieg, aber ich sah ihm an, dass er die Hoffnung aufgegeben hatte.
    Leeni hatte noch nicht entdeckt, dass ich schrieb, so dass sie und ich nur wenige Berührungspunkte hatten. Aber ich schrieb, auch damals schon. Planlos, ohne Sinn oder Ziel, füllte ich kleine karierte Hefte mit einzelnen Gedichtzeilen, ganzen Liedtexten und kurzen Erzählungen von einer oder zwei Seiten. Wenn ich schrieb, hörte ich keine Musik, ich saß in einer kompakten Stille an meinem Schreibtisch und starrte aus dem Fenster, das zum dunklen Wald von Tallinge hin lag, den ich als ein deutliches Sinnbild für den Tod betrachtete. Ganz Tallinge taugte damals ganz hervorragend als Todessymbol. Ich glaube, ich war in jenem Schuljahr, meinem achten, zu keiner einzigen Fete eingeladen. Ich ging auch nicht in die Schuldisco, weder in die der schwedisch- noch die der finnischsprachigen Schule. Auf den Rosari ging ich aus alter Gewohnheit, aber meine Position in der Gang verschlechterte sich zusehends. Außerdem war ich nicht einmal mehr der Jüngste. Pete Everis kleine Schwester Suski hing mittlerweile auch dort herum und überholte mich in der Hierarchie, obwohl sie eine Klammer trug, mausfarbene Haare und eine flache Jungenbrust hatte. Ich wurde toleriert, nicht mehr, und zeitweise war die psychologische Kriegsführung ziemlich hart. Zwar hatte man zu großen Respekt vor Pete Everi, um offen über einen Menschen herzufallen, den er mochte, aber es gab andere Methoden: Es war das Jahr, in dem Klasu Barsk und Jami Johansson darauf beharrten, mich Runkku zu nennen.
    Später, als sie und ich schon befreundet waren, wollte Eva Mansnerus Tallinge nicht mit dem Tod, sondern mit der Hölle vergleichen. Sie hatte gerade guten Grund, düster gestimmt zu sein, aber die Vision von Tallinge als eine Art Hades hatte als Erster ich, der Jüngste.
    Der Sommer 1976 war immer noch eine schreckliche Zeit. Ich hockte fast den ganzen Juli im Sommerhaus und glaube, dass in dem Sommer meine Rastlosigkeit einsetzte: Wenn um drei die s/s Jäminki vorbeiglitt, hätte ich bei dem Anblick, der mich früher glücklich und frei gemacht hatte, am liebsten geheult. Ich verbrachte meine Tage mit Lesen, manchmal las ich zwei Taschenbücher an einem Tag. Mein Gehirn war benebelt und voller fiebriger Träume und Visionen, und die Pfeife der Jäminki schrie mir zu, dass ich sowohl Eva

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