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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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dort lag und las, hatte ich die ganze Zeit ein bisschen Angst, Angst vor dem Augenblick, in dem jemand einen Schlüssel ins Schloss stecken, die Wohnungstür öffnen und ins Schlafzimmer kommen würde, aber es würde nicht Eva, sondern ein Mann in einem Paletot sein, der zunächst vor Verwunderung erstarren, dann aber fauchen würde, und dieses Fauchen würde sich zu einem Brüllen steigern: Was zur Hölle? Verdammter Mist! Verdammte SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE !!
    Dieser Hauch von Furcht stellte seltsame Dinge mit mir an, und als der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde und Eva heimkehrte, ließ ich mich nicht lange bitten. Ich folgte ihr mit den Augen, als sie sich auszog, zum Bett kam, die Decke wegzog und sagte:
    »Ja, was haben wir denn da!«
    * * *
    Diesmal hatten wir einen schönen Monat, nicht mehr, ehe es wieder in die Brüche ging. Es war Spätwinter, und es wurde immer heller, und wir trafen uns mal bei mir in der Döbelnsgatan und mal in ihrer Wohnung, wo die Furcht vor dem unbekannten Diplomaten Laine mich nervös und wachsam und zu einem besseren Liebhaber machte als sonst. In einer unserer Nächte dort gestand Eva mir, dass sie bessere Orgasmen bekam, wenn sie etwas Verbotenes tat. Ihr Bekenntnis ist mir all die Jahre im Gedächtnis geblieben, denn damals wagten Frauen es nur selten, so etwas zu sagen.
    Allerdings hatte auch Eva ständig ein schlechtes Gewissen, vor allem, weil wir in Laines und ihrer gemeinsamen Wohnung vögelten und schliefen. Wenn wir jedoch erst einmal loslegten, vergaß sie ihre Gewissensbisse sofort. Noch während des Vorspiels murmelte sie mir Widersprüchliches ins Ohr – wir sollten das nicht … ohhh… –, aber dann verschwanden ihre Skrupel, um sich erst später wieder einzustellen.
    Pete Everi rief mich ausgerechnet während meines glücklichen Monats mit Eva an. Pete und ich hatten seit sechs Jahren nicht mehr miteinander gesprochen, aber Petes energische Stimme verriet weder Verlegenheit noch ein Zögern: »Grüß dich, Frankki. Hier ist Everis Pete, wie geht’s denn so?«
    Ich hatte mich gerade von Eva verabschiedet, die zu ihren Schulstunden gehetzt war, zum Frühstück hatten wir in der Küche gevögelt, und ich verspürte eine schwer zu bändigende Lust, damit anzugeben. Aber ich sagte nur: »Pete! Verdammt, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesprochen!«
    Wir stellten uns natürlich die obligatorischen Fragen.
    »Wie geht es deinem Vater?«
    »Ganz gut«, antwortete Pete.
    »Wohnt er noch in Tallinge?«
    »Die gleiche alte Leier. Und wie geht es Henry und Leeni?«
    »Sie haben sich scheiden lassen. Beide haben neue.«
    »Jetzt, wo du es sagst … ich glaube, davon habe ich schon gehört. Von Klasu Barsk.«
    »Leeni wohnt nicht mehr in Helsingfors. Ihr Mann und sie wohnen in Jyväskylä. Und Henrys Frau ist eine Schwedin … Wie geht es Make?«
    Petes Antwort kam mit einer Verzögerung von ein oder zwei Sekunden.
    »Nicht so gut. Wie früher, nur schlimmer.«
    »Oh, verdammt.« Ich wurde verlegen und versuchte, auf sicheren Boden zurückzukehren: »Aber Juha arbeitet noch im Ministerium? Und Suski … verdammt, weißt du noch, oben auf dem Rosari, wer hätte gedacht, dass Suski einmal Ballkönigin an der Finnischen Wirtschaftshochschule sein würde!«
    »Bei Suski läuft es richtig gut!«, bestätigte Pete. »Aber wir sehen uns nur selten. Und wenn wir uns sehen, streiten wir uns!«
    Er lachte, aber sein Lachen klang gezwungen.
    »Und wie geht es dir?«, fragte ich. »Klasu hat mir erzählt, dass du schon Kinder hast.«
    »Drei Stück«, antwortete Pete. »Mann muss sich abrackern wie ein Blöder, um genug Kohle zu machen. Und du?«
    »Nix«, sagte ich. »Immer noch auf freiem Fuß.«
    »Weißt du eigentlich was über Eva Mansnerus?«, fragte Pete.
    Die Frage klang unschuldig, ich begriff, wie seine Assoziationskette verlaufen und wie er bei Eva gelandet war. Trotzdem horchte ich auf.
    »Sicher«, antwortete ich gleichgültig. »Ich begegne ihr manchmal. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir einen trinken waren. Sie studiert weiter, ich glaube, sie will ihren Doktor machen. Außerdem schreibt sie Kunstkritiken.«
    »Ist sie verheiratet?« Petes Stimme klang höflich interessiert, nicht mehr. Ich versuchte mir einzuschärfen, dass es so war und es keine Fallstricke gab, dass ich mir diese nur einbildete. Aber es nützte nichts: Ich war angespannt und fühlte mich nicht ganz wohl in meiner Haut.
    »Nein. Ich glaube, sie hat was mit einem Diplomaten, der im

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