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Geh nicht einsam in die Nacht

Geh nicht einsam in die Nacht

Titel: Geh nicht einsam in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Westoe
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und einer Fernsehzeitung eingeladen. Adriana bildete die Ausnahme, ihre Reise wurde von der Illustrierten mit der Modebeilage bezahlt.
    Mit von der Partie war auch die neue Supergruppe The Bukka Men. Adriana erkannte Jugi Eskelinen und Santtu Wuori von den Plattenaufnahmen vor einem knappen Jahr, wechselte aber nur wenige Worte mit ihnen, sie hatte eine ihrer ängstlich nervösen Phasen und traute sich nicht. Mitgekommen war auch die Gruppe Instinct mit dem charismatischen Frontmann Alex Karjagin sowie der attraktive, aber mürrische Jüngling Kari Kuoppa, der Elvis und Tom Jones sang und »der neue Danny« genannt wurde, sowie Markku & Päivikki, die den Nummer-eins-Hit Wenn Frieden in dein Herz einzieht vorweisen konnten und sehr unter der mangelnden Ruhe im Rotlichtbezirk litten.
    Ihre Fotosession hakte Adriana bereits am zweiten Tag ab. Am dritten begleitete sie die anderen in die Berge, sie fuhren zu einer kleinen Gebirgsstadt, die Teror hieß und etwa zwanzig Kilometer von Las Palmas entfernt lag. Stenka Waenerberg hatte Gran Canarias einzigen Aston Martin und darüber hinaus einen VW -Käfer gemietet, den der Autoverleih leuchtend gelb lackiert hatte. Sam Karnow fotografierte zunächst Markku & Päivikki in verschiedenen Posen und auf der dunkelgrünen Luxuskarosse und ließ sie anschließend den Käfer ausprobieren. Die blonde Päivikki glich einem Pastellgemälde: Ihre Bluse und die Pumps waren hellblau, ihre Jeans war weiß und das Halstuch kanarienvogelgelb. Die Kleider und das scharfe Sonnenlicht ließen Päivikki fast schon krankhaft hellhäutig aussehen, und Adriana fand ihre Schicksalsgenossin – sie waren die einzigen Frauen auf der Reise – geschmacklos und langweilig. Und langweilig und lang wurde auch der Tag. Mal zwang Karnow die Popgruppen, sich in den Käfer zu zwängen, mal in den feineren Wagen, ein anderes Mal versuchte er Markku und Päivikki in Cowboystiefel und Wildleder mit Fransen zu stecken, um sie cooler und betont folksy aussehen zu lassen. Unter Stenkas Oberaufsicht verknipste er einen Film nach dem anderen, und Adriana gähnte immer öfter: Als die anderen am nächsten Tag abfuhren, blieb sie im Hotel.
    Es waren heiße, aber bewölkte Tage, die grauen Wolkenbänke glitten so still und majestätisch über Las Canteras heran, wie sie sich in Helsingfors dem Hafen näherten. Auch hier neigte Adriana dazu, zu viel zu trinken und die Kontrolle darüber zu verlieren, was geschah. Jeden Vormittag und noch während der einsamen Nachmittage nahm sie sich vor, an diesem Abend alles im Griff zu haben und ihre Meinung zu sagen, aber schon wenn die anderen zurückkehrten und es zum Essen und danach ins Nachtleben der Stadt ging, war sie eigentümlich abgestumpft und keinen Argumenten mehr zugänglich. Und warum sollte sie es leugnen: Oft nahm sie schon am Nachmittag ein, zwei Drinks, und manchmal wurden daraus auch drei oder sogar vier.
    Stenkas Ton wurde immer schroffer. Eines Abends sagte Adriana beim Essen etwas über Musik – am nächsten Morgen erinnerte sie sich nicht mehr an ihre eigenen Worte, nur an die Antwort –, und Stenka entgegnete »Sieh einer an, der Kleiderbügel kann ja sprechen«. Adriana begriff nicht, warum er sie so ungerecht behandelte. Sicher, manchmal war sie schweigsam, aber war es nicht weise zu schweigen, wenn man nichts zu sagen hatte? Außerdem wusste Stenka doch, wie gut Adriana singen konnte, wenn sie die Chance dazu bekam, warum sah er in ihr nicht mehr die Sängerin, hatte ihr Moment der Schwäche im Studio ihn dazu gebracht, sie so zu verachten?
    Sie verbrachte ihre Tage damit zu vergessen, was an den Abenden und in den Nächten passiert war. Sie streunte durch die Stadt, nahm den Weg zum Fischmarkt, bummelte zwischen den Ständen und merkte sich die exotischen Namen: espada, merluza, róbalo, dorada. Sie betrachtete die Gruppen deutscher, schwedischer und englischer Männer, die den ganzen Tag tranken und beechame muutso und die Toreador-Arie grölten und schnell so betrunken waren, dass sie nur noch más más más herausbrachten, um mehr Sangria und Bier zu ordern. Es war Frühling, aber Adriana überkam oft ein Gefühl von Herbst, die Wolken hingen wie eine Schicht grauer Zellulose zwischen ihr und dem Himmel. Manchmal saß sie im Hotel und las Philosophie, bis ihr der Kopf schwirrte, und sie dachte daran, dass das Zimmer, in dem sie saß, in der fünften Etage lag, und überlegte, ob sie sicher sein konnte zu sterben, oder würde sie sich nur alle

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