Geheimauftrag: Liebe
wünschte sie sich sehnlich, sich an ihn zu lehnen, ihm ihr Gesicht entgegenzuheben und ihm ihre Lippen zu bieten … Ein Räuspern hinter ihr brach den Bann.
»Der Lunch ist serviert, Mylady, Mylords.«
Dem Himmel sei Dank! Es gelang ihr, sich umzudrehen und Norris zuzunicken. Charles drückte ihr leicht die Hand und legte sie sich dann auf den Arm.
Er drehte sich mit ihr zur Tür und schaute über seine Schulter zu Nicholas. »Sollen wir?«
Der Lunch war in dem kleinen, familiären Salon aufgetragen worden, der auf den rückwärtigen Garten hinausging. Charles geleitete sie zu einem Platz an dem runden Tisch, setzte sich links von ihr auf einen Stuhl. Nicholas nahm den zu ihrer Rechten.
Während sie sich an einer Allerweltsunterhaltung über Pferde, die Fabriken in der Gegend und die Ernten beteiligte, versuchte sie sich vorzustellen, welche »Übereinkunft« Charles angeblich Nicholas erläutert hatte.
Dazwischen beobachtete sie Nicholas. Obwohl er von Charles und seiner aalglatten Fassade sichtlich geblendet war, ließ er doch einen gewissen Argwohn erkennen. Nicht so viel, wie er eigentlich müsste, aber dennoch genug, dass es ihr auffiel. Eine letzte Zurückhaltung war zu spüren, die nicht gerade auf ein gutes Gewissen hindeutete.
Saß sie etwa neben einem Mörder?
Verstohlen betrachtete sie Nicholas’ Hände. Völlig unverdächtig, gepflegt und eigentlich ganz angenehm.
Sie schaute zu Charles hinüber und musste sich ein Grinsen verkneifen. Wenn sie einen Mörder allein anhand seiner Hände erraten müsste, würde ihre Wahl vermutlich auf Charles fallen.
Sie hatte Gimbys Leichnam gesehen und spürte wieder Kälte,
als sie sich an das grausame Bild erinnerte. Aber sie brachte es irgendwie nicht mit Nicholas zusammen. Falls er damit zu tun hatte, dann bestimmt nicht direkt, sondern höchstens über einen Komplizen, der den schmutzigen Teil des Geschäfts erledigte.
In diesem Moment legten die Männer die Servietten beiseite und erhoben sich. Sie stand ebenfalls auf und setzte ein Lächeln auf, reichte Charles die Hand. »Danke, dass du mich heimgebracht hast.«
Er nahm ihre Hand, lächelte leicht und sah sie an. »Ich dachte, du wolltest noch nach Fowey?«
Sie starrte in seine dunkelblauen Augen. Wie, zum Teufel, hatte er das herausgefunden?
Sein Lächeln vertiefte sich. Sie war sich ziemlich sicher, dass er gerade jetzt ihre Gedanken lesen konnte. »Ich werde dich begleiten«, sagte er. Sein Tonfall änderte sich leicht, und die Warnung darin war nicht zu überhören. »Du solltest nicht alleine durch die Stadt spazieren.«
Er hatte nicht nur erraten, wohin sie wollte, sondern auch weshalb.
Nicholas räusperte sich. »Danke, Lostwithiel. Da Penelope nun wieder hier wohnt, fühle ich mich tatsächlich wohler, wenn Sie sie begleiten.«
Sie drehte sich zu Nicholas um und starrte ihn an. War er verrückt geworden? Sie war nicht von ihm abhängig, und er hatte kein Recht, sich um sie Sorgen zu machen. Sie holte Luft.
Charles zwickte sie in die Hand.
Sie fuhr empört zu ihm herum, doch er nickte Nicholas weltmännisch zu. »Allerdings. Wir sind weit vor dem Dinner wieder zurück.«
»Gut. Gut. Ich muss wieder an meine Rechnungsbücher zurück. Wenn ich entschuldigt bin …?«
Mit einer kurzen Verneigung entfernte sich Nicholas.
Penny schaute ihm nach, aber sobald er ihren Blicken entschwunden war, fuhr sie zu Charles herum.
»Nicht jetzt.« Er drehte sie in Richtung Eingang. »Hol deinen Umhang, und lass uns von hier verschwinden.«
In der Vergangenheit war sie recht erfolgreich dabei gewesen, die Gefühle, die er in ihr weckte, in sich zu verschließen. Jetzt allerdings … Es war, als sei ihre Fähigkeit nachhaltig geschwächt, sie weiterhin einzudämmen. Und das alles seit letzter Nacht. Um auf andere Gedanken zu kommen, verlegte sie sich auf Zorn und Empörung. Sobald sie gemeinsam das Haus verlassen hatten, fauchte sie ihn an: »Was, zum Teufel, hast du getan?«
Charles blickte sie an, seine Miene milde erstaunt, doch ansonsten unbeeindruckt. Obwohl er genau wusste, warum sie sich so aufregte, glaubte er offenbar noch, dass es sich in Grenzen hielt. »Gerade genug, um uns ein paar Steine aus dem Weg zu räumen.«
» Was?«
Er blickte nach vorne. »Ich habe ihm nur gesagt, wir hätten eine Art Übereinkunft. Erst seit kurzem und auch noch in der Entwicklung, aber mit Wurzeln, die tief in die Vergangenheit reichen.«
Sie blieb jäh stehen. Starrte ihn entsetzt und entgeistert an.
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