Geheimauftrag: Liebe
Sein knapper Tonfall, der Ausdruck in seinen Augen warnten sie, nicht weiter nachzufragen. Er hatte bislang nie auch nur mit einem einzigen Wort irgendwem gegenüber den Vorfall vor dreizehn Jahren erwähnt. So wenig wie sie selbst.
Sie fand ihre Stimme wieder. »Wir sind heute Abend auf Lady Trescowthicks Gesellschaft zu Gast. Er ist ebenfalls eingeladen. Was geschieht, wenn er diese Übereinkunft erwähnt?«
Er schüttelte den Kopf, fasste ihre Hand und zog sie zu sich.
»Ich habe ihm gesagt, es sei noch ein Geheimnis. So geheim, dass selbst unsere Familien bislang nichts davon wissen.«
»Und hat er dir geglaubt?«
Er schaute sie flüchtig an. »Was ist daran so seltsam?« Er blickte wieder nach vorne und sprach weiter. »Ich bin erst kürzlich aus dem Krieg heimgekehrt, um mein Erbe anzutreten und Pflichten zu übernehmen, von denen ich nie dachte, dass sie mir zufallen könnten. Ich weiß, dass ich eine Frau brauche, aber ich habe wenig Zeit, um mich in Ruhe auf dem Heiratsmarkt umzusehen, und verspüre zudem nicht die geringste Neigung, mich mit jungen Dingern abzugeben, die mehr Haare als Verstand haben. Auf der anderen Seite bist da du – eine Dame meines Standes, die ich schon ewig kenne, und zudem unverheiratet. Das ist schlicht perfekt.«
Seine Ausführungen gefielen ihr nicht, kein bisschen. Mit drei raschen Schritten hatte sie ihn überholt und drehte sich um, sodass sie sein Gesicht sehen, die dunkelblauen Augen studieren konnte, deren Ausdruck allerdings wie so oft unergründlich war. »Charles …«
Ihr wollte einfach nichts einfallen, wie sie ihn davor warnen sollte, nicht zu glauben …
Er hob eine Braue. Sie standen sich gegenüber, so dicht, dass ihr Busen seine Brust fast berührte. Ohne Warnung beugte er den Kopf und streifte mit seinen Lippen die ihren, ganz leicht, nur hauchzart.
»Fowey«, flüsterte er. »Schon vergessen?«
Sie schloss die Augen, verfluchte im Geiste die vertraute Hitze, die ihren Körper durchströmte, doch bevor sie sich diesem Gefühl länger hingeben konnte, fasste er schon fester ihre Hand und zog sie hinter sich her in Richtung Ställe.
»Komm schon.«
Sie wollte protestieren, unterließ es lieber, stieß nur einen kleinen Laut der Empörung aus.
Granvilles kleiner, offener Wagen mit zwei Rappen davor wartete bereits, als sie den Hof vor den Ställen erreichten. Charles hob sie auf den Sitz, wobei das leichte Gefährt gleich zu schaukeln begann. Sie hielt sich am Rand fest, während er sich auf den Nebensitz schwang und nach den Zügeln griff. Penny beschäftigte sich angelegentlich mit dem Arrangieren ihrer Röcke, rückte auf ihrem Platz nach außen und konnte es doch nicht verhindern, dass sie sich ständig berührten.
Das konnte ja eine gefährliche Ausfahrt werden, dachte sie bei sich.
Charles schwang die Peitsche und lenkte das Gespann geschickt zur Auffahrt.
Sie holte angespannt Luft. »Du hast ihm also gesagt, dass wir ein Liebespaar sind.«
Nach kurzer Pause erwiderte Charles: »Nein, das habe ich nicht.«
»Aber du hast ihm den Eindruck vermittelt. Warum?«
Sie suchte seinen Blick, doch er schaute starr auf die Pferde.
»Weil es der effektivste Weg ist, ihn davon zu überzeugen, dass er es nicht wagen darf, dir etwas anzutun. Er muss wissen, dass ich ihm die Hand abschlage, wenn er sie auch nur in deine Richtung ausstreckt.«
Bei jedem anderen Mann hätte sich das melodramatisch angehört, nicht so bei Charles. Penny kannte ihn, konnte seine Stimme deuten, die Art, wie er etwas sagte, und wusste, dass er es genauso meinte. Diese warnenden Untertöne bewiesen ihr, dass er tun würde, was er ankündigte. Für sie, um sie zu schützen.
Sie atmete tief durch. »Es ist eine Sache, mich beschützen zu wollen, doch vergiss darüber nicht, dass ich dir nicht gehöre.«
»In diesem Fall würdest du bestimmt nicht hier sein, sondern
befändest dich sicher hinter Schloss und Riegel in der Abbey.«
»Nun, dem ist zum Glück nicht so. Ich bin nicht dein Besitz – daran wirst du dich gewöhnen müssen.«
Oder etwas tun, um es zu ändern. Charles war klug genug, das für sich zu behalten. Den Rest der Fahrt verbrachten sie schweigend.
In Fowey angekommen, stellten sie das Gespann wieder beim Pelikan unter und schlenderten hinunter zum Kai. Penny schaute sich im Hafen um. »Die Boote sind auf See.«
»Nicht mehr lange.« Er deutete zum Horizont. Eine kleine Flotille mit gesetzten Segeln tauchte dort auf, die langsam größer wurde. »Sie sind auf
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