Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
umfasst 13 mal acht Meter. Vom Vorraum führte eine Rampe hinab. In der Längsachse verläuft ein Gang mit seitlichen Liegebänken zur Einnahme des sakralen Mahls. Der Mittelgang führt auf das zentrale Kultbild mit der Stiertötungsszene zu. In Stockstadt wurde ein beschädigtes Relief freigelegt, das sechs Männer zeigt, die sich hintereinander aufgereiht auf den Bänken niedergelassen haben, aufgestützt auf ihre Arme, wie es typisch für das gemeinsame Essen war.
Überall zeigen sich einheitliche Grabungsergebnisse. Ohne diese Funde und Befunde, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den Archäologen enträtselt werden, wäre für uns der Kult einer einstigen Weltreligion nicht verständlich. Ja, bis auf einige fast zwei Jahrtausende alte Erwähnungen wüssten wir nichts über den «Opferkult in Höhlen der Finsternis», über die «Götzenmysterien», erst recht nichts über deren weite Verbreitung in Deutschland. Umso wichtiger ist es, nicht den frühen Christen nachzueifern, sondern die antiken Denkmale vor Zerstörung zu bewahren und auch vor Raubgräbern auf der Suche nach ein paar Münzopfern.
Schon im 1. Jahrhundert wurde in Schwarzerden in der Germania Superior die Tempelanlage des persisch-römischen Licht- und Sonnengottes errichtet. In dem typischen Beispiel für einen Felsentempel ist das Kultbild in die geglättete Felswand eingemeißelt. DasRelief mit dem wesentlichen Ereignis, der Tötung des Stieres durch Mithras, ist zwar beschädigt, aber noch einigermaßen gut erkennbar im Gestein erhalten. Der rote Sandstein bildete einst die Rückwand des Heiligtums. Mithras ist flankiert von seinen Begleitern, den Fackelträgern Cautes mit nach oben gerichteter Fackel und Cautopates mit nach unten gerichteter Fackel (Sonnenauf- und -untergang symbolisierend). Auch die Spuren der Holzkonstruktion des Tempels haben sich in der Felswand erhalten. Das Gedenken an den Gott wird in Schwarzerden hochgehalten, wie nicht nur am Straßennamen zu erkennen ist: Das Wappen von Schwarzerden zeigt gekreuzte Fackeln. Und der örtliche Sportverein heißt «FC Mithras».
Das Erleben der Heiligkeit des Ortes oberhalb des kleinen Weihers ist allerdings durch ein Schutzdach zerstört. Die persönliche Begegnung des Gläubigen mit der Gottheit, die Anwesenheit des Lichtgottes, ist leider nur noch schwer vorstellbar.
Scheinhinrichtungen
Die Decken der Heiligtümer waren normalerweise bunt verputzte Tonnengewölbe, wie man aus Farbresten ersehen kann. Decken und Wände waren mit Fresken verziert, die oft Szenen der Mithras-Legende wiedergaben: das Einfangen und Ringen des Gottes mit dem Stier, seine Bezwingung und Tötung, aus der das neue Leben erwacht. Das Nachspielen der Legende im gemeinsamen verbindenden Opfermahl kann durch die Ausgrabungsergebnisse belegt werden. Rituelles Geschirr, Räucherkelche, Tonlämpchen, Fackeln und Feuerbecken wurden – wenn auch stark zertrümmert – als zeremonielle Requisiten für Kulthandlungen geborgen, Tauchbecken, Skulpturen und Weihealtäre freigelegt. Teile der Weiheinschriften für den unbesiegten Gott Mithras sind trotz Zerstörungen erhalten. Manchmal sogar der Namedes Stifters. Stifter im ersten Mithräum von Stockstadt ist ein Pa (…) Perpetuus, der das Amt eines «haruspex» ausübte. Er gehörte also der altehrwürdigen Priesterschaft an, die den Willen der Götter anhand der Organe von Opfertieren deutete. Die Rückseite der Tafel zeigt die Windgötter und die zwölf Symbole des Tierkreises.
Die ausgegrabenen Grundrisse belegen, es waren kleine Tempel für durchschnittlich 20 bis 40 Anhänger, die hier Platz fanden. Wenn wegen Überfüllung geschlossen war, errichtete man eben daneben ein weiteres Mithräum wie in Stockstadt. Man baute nicht an. Die Gläubigen wollten ihren intimen Kreis bewahren.
Der ehemalige Landeskonservator Reinhard Schindler, der die Mithras-Heiligtümer in Saarbrücken und Schwarzerden ausgrub, malt das Ritual aufgrund seiner Funde und Befunde phantasievoll aus: «Im Dunkel der von flackernden Öllämpchen und der Glut des Opferfeuers mystisch erhellten Höhle feierten die Gläubigen nach strengen Riten und nach einer von den Regeln orientalischer Magie bestimmten Liturgie mit Schlachtungen, Verkleidungen, Musik und unter vokalreichen Deklamationen ihr Opfermahl.» Doch vieles bleibt rätselhaft und bietet Platz für Spekulationen, da kein authentischer Bericht erhalten ist. Die Forschung ist auf archäologische Ergebnisse
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