Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Mithras handelt, dem orientalischen Gott, dem großen Rivalen Christi, der dem Mythos nach eine Religion begründete, die fast die unsrige geworden wäre …?
Festzuhalten bleibt: Mit der Machtübernahme des Christentums gingen die Mysterien und mit ihnen das antike Gesellschaftssystem unter. Und die durch einen Alleinvertretungsanspruch ausgelösten Religionsprobleme begannen. Eine Aneinanderreihung von Verfolgungen: Heiden, Arianer, Häretiker, Katharer/Ketzer, Hexen. Die Kreuzzüge gegen Andersgläubige prägten das Hochmittelalter, und die Inquisition war gut beschäftigt.
Der Mithras-Kult konnte nie zu einem solchen Machtfaktor und einer Massenbewegung wie das Christentum werden. Es war ein geheimer reiner Männerbund ohne Missionseifer, ohne eine übergreifende Organisation, ohne Zentrale, ohne Oberhaupt, ohne Grundregeln einer universellen Lehre – und überhaupt nicht machtbesessen. Insofern wird das einleitende Zitat des französischen Religionswissenschaftlers Ernest Renan zu Recht von den meisten Wissenschaftlern angezweifelt und als überholt beurteilt. Es war ein Kult, aber keine Kirche. Es war eine individuelle Option, ein Angebot auf dem Jahrmarkt der Religionen, kein feststehendes Gebäude von allgemeingültigen, aus Rom vorgegebenen Dogmen. Wie der Professor für Klassische Philologie Walter Burkert schreibt: «Die Mysterien waren zu gebrechlich, um als eigene ‹Religion› zu überleben. (…) Es genügte, die Hoffnung festzuhalten und mitzuteilen, dass ein Durchbruch möglich sei, dass Türen sich öffnen würden für den, der ernstlich danach sucht: die Chance eines Ausbruchs aus einer banalen, deprimierenden und oft absurden Realität.»
Am 11. September 2001 verändern die Anschläge auf das World Trade Center nicht nur die USA. Das lässt viel Raum für Spekulationen über Hintergründe, Täter und Absichten.
Kapitel 10
Verschwörungstheorien
Von der Mondlandung bis zum 11. September
Es ist das Aroma des Unbekannten und Zweifelhaften, das wie ein schwerer magischer Duft Verschwörungsgeschichten umwabert. Geheimes, Verborgenes, Unerklärliches: Das sind die Zutaten einer Suppe, die seit Menschengedenken im Untergrund brodelt. Unwiderstehlich für jeden von uns. Im Netz existieren unendlich viele Seiten zu Spekulationen um nebulöse Zirkel und globale Intrigen. Und noch mehr abenteuerliche Thesen. Da nützt es wenig, kühlen Kopf behalten zu wollen – den Dunst der parfümierten Berichte bekommt man einfach nicht mehr aus der Nase. Allzu gerne spüren wir den Ungereimtheiten nach – den vermeintlichen wie tatsächlichen – auf der Suche nach exklusivem Wissen und Antworten, denen andere scheinbar vergeblich nachgejagt sind. Überall lassen findige Fragesteller Thesen sprießen, die den mit der jeweiligen Problematik kaum vertrauten Normalbürger ins Grübeln bringen. Warum wurde beispielsweise an der Wall Street Stunden vor dem Anschlag am 11. September 2001 überdurchschnittlich stark auf fallende Kurse gewettet? Wieso verschwinden 700 Kisten mit Bild- und Tonmaterial der Mondlandung? Weshalb tun sich die Behörden so schwer, den merkwürdig akkuraten Kollaps von WTC7 zu erklären? All die Zweifel an den offiziellen Erklärungen – magische Schmugglerware, die keinen Stein auf dem anderen lässt. Perfekt geeignet für das Internet, in dem jeder seine persönliche Version von Geschehnissen zwischen offiziellen Verlautbarungen und Behauptungen aus der Gerüchteküche finden kann.
Und die Storys um die Komplottschmieder und rätselhaften Bruderschaften boomen. Zuletzt gelangten Illuminaten, Opus Dei und Tempelritter in etlichen Romanen zu Ruhm, die zu vortrefflichen Bestsellern wurden und ständig Nachahmer produzierten. Auch deshalb steigt der Glaube an geheime Verbindungen, die Herrschaft der Plutokratie oder mächtige Elite-Cliquen. «Die Wahrheit steht einer guten Geschichte nie im Weg», meinte schon der Mythenforscher Jan Harold Brunvand. Und wenn die Wahrheit nicht alles erklären kann, betreten die Verschwörungsgläubigen die Bühne. Die Auswirkungen für das Hier und Jetzt? Kaum ein politisches Großereignis ohne konspiratives Element. Kaum ein Bündnis ohne die Mutmaßung, dass Hintermänner ihre unerkannten Interessen platzieren. Kaum ein Staat ohne übermächtigen Geheimdienst, jahrhundertealte Logen und mysteriöse Geheimgesellschaften, die – ja klar – ihre ganz eigenen Ziele verfolgen. Jede Menge Stoff also für das Spiel mit den Verschwörungsvermutungen. Und
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