Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Grausamkeiten und Katastrophen 1629 erschöpft in einem Brief: «Wir waren eine Anzahl Männer, Männer von Gewicht, die wir uns nach dem Blendwerk mit der leeren Fama (…) zusammentaten, als die Unruhen in Deutschland ausbrachen und uns fast ganz zerstreuten. Die meisten, in ein besseres Vaterland eingehend, verließen uns; darüber trauerten einige, andere mischten sich in die Unruhen, manche verzweifelten; ich zog die Segel ein. Nun sind nur noch wenige übrig, die sich mehr nach einem seligen Ende sehnen, als dass sie dazu geeignet sind, den Augiasstall auszuräumen …» Andreae stirbt 1654, wenige Jahre nach dem Westfälischen Frieden, sein christlicher Idealismus zerschellt an der Brutalität des Krieges. Der Glaube an die Existenz des Ordens der Rosenkreuzer übersteht das Gemetzel hingegen schadlos …
Der Geheimbund der Alchemisten
Paris im Jahr 1623. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt kehrt der französische Philosoph René Descartes in die Metropole an der Seine zurück. Er ist um eine Illusion ärmer. In Deutschland hat er Nachforschungen über den Geheimbund der Rosenkreuzer betrieben. Der Vater des modernen Rationalismus («Ich denke, also bin ich») ist fasziniert von der rosenkreuzerischen Utopie der Wissenschaften. Doch nirgends findet er eine Spur von dem Orden. Für ihn ist die Sache damit beendet – als Fiktion entlarvt.
In Paris aber sieht man das ganz anders. Die Stadt ist in heller Aufregung. Denn in den Straßen kursiert eine Flugschrift, in der unsichtbare Mitglieder der Rosenkreuzer ankündigen, Paris aufzusuchen, um ihre magischen Künste der Welt zu offenbaren: alle Sprachender Welt zu sprechen, ohne sie aus Büchern lernen zu müssen. Die Flugzettel sprechen von Rosenkreuzern als Wesen «ohne Irrtum und Tod» und dass sie beabsichtigen, die noch sichtbaren Rosenkreuzer ebenfalls unsichtbar zu machen, um sie dann an jeden beliebigen Ort der Welt zu bringen. Paris ist geradezu hysterisch – so hysterisch, dass die Rückkehr von Descartes aus Deutschland gerade zu diesem Zeitpunkt für viele schon Beweis genug ist, dass auch er zu den Rosenkreuzern gehört. Der Philosoph und Naturwissenschaftler ist natürlich empört und weist alles von sich. Aber seine Dementis nützen ihm nichts. Er gehört die nächsten Jahre für viele zu dieser Sekte, die kabbalistische Studien betreibt und in düsteren alchemistischen Laboren nach dem Stein der Weisen sucht.
Descartes’ Schwierigkeiten zeigen, dass die von Nostradamus geweissagte «Sekte von Philosophen» schon wenige Jahre später ein gesamteuropäisches Phänomen darstellt. Die Rosenkreuzer-Schriften driften seitdem wie ein wohldosierter Duftnebel aus einem glitzernden Flakon durch das europäische Geistesleben. Erstaunlich schnell verlieren die Rosenkreuzer ihr Image einer christlichen Bruderschaft. Schon bald nach Erscheinen der Rosenkreuzer-Schriften spekuliert das gebildete Bürgertum darüber, ob die Rosenkreuzer ihre Wurzeln in den uralten Kulten im Schatten der Pyramiden am Nil, in der griechischen Antike oder im Hinduismus haben. Ihnen erscheinen die Rosenkreuzer-Schriften als eine Quintessenz aus christlichem Glauben und vorchristlichen Mysterienwelten.
Während die Rosenkreuzer-Bewegung heute ein Millionen-Publikum anspricht, faszinieren die Rosenkreuzer-Schriften der frühen Neuzeit vor allem Gelehrte, insbesondere jene, die sich mit der Alchemie beschäftigten. Sogar der Name Rosencreutz wird alchemistisch gedeutet. «Ros» steht für den Tau, der von Alchemisten als Lösungsmittel genutzt wird, und das «Crux» ist als Kreuz Sinnbild des Lichts und der Erleuchtung. Bis ins 18. Jahrhundert ist Alchemie ein Kulturphänomen mit beachtlicher Reichweite. Von Hermes Trismegistos, einer mystischen Gestalt der Antike, abstammend, dem man zahlreiche Schriften aus dem Bereich Astrologie, Okkultismusund Philosophie zuschreibt, obwohl es ihn wohl nie gegeben hat, wird die Alchemie im arabischen Raum zum praktischen Handwerk geläutert, um dann im Europa der Renaissance wieder spirituell aufgeladen zu werden. Zunächst geht es darum, alles Minderwertige durch das Auffinden des Steins der Weisen («Lapis philosophorum») veredeln zu können. Dazu muss jeder Stoff einen viele Stufen umfassenden Arbeitsprozess durchlaufen, bis zum Schluss durch Hinzugeben von pulverisiertem Lapis Gold oder Silber entsteht.
Als Kunst der Veredlung von Materialien, aber auch des menschlichen Geistes beeinflusst die Alchemie unter anderem Medizin,
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