Geheimcode F
höchster Kraftanstrengung zogen sie den Verletzten und seinen kleinlauten Begleiter nach oben.
Vater Ruhland hatte Rica beiseite genommen, verfolgt von drei interessierten Augenpaaren, die genau beobachteten, was er mit ihr besprach.
»Ich will wissen, was hier läuft!« Rica stampfte mit dem Fuß auf wie ein kleines, verzogenes Mädchen. Warum hatten auch alle Geheimnisse vor ihr? Sogar ihr eigener Vater wand sich aus der Affäre. Françoise, Alain und Tobias, die nebenan im Gras saßen, spitzten die Ohren. »Ich kann dir wirklich nichts Genaues sagen!« wand sich Vater hin und her. Es war einfach nicht klug, sie schon jetzt voll ins Vertrauen zu ziehen. Und auf keinen Fall durfte er das Vertrauen der Kinder mißbrauchen . Alain erkannte als erster die Gefahr, die Rica ab sofort darstellte. Er flüsterte seiner Schwester ins Ohr: »Hol Tarzan! Wir müssen ihn jetzt laufenlassen.«
Die Kinder wußten längst, daß Tarzan bei Anastasia Unterschlupf gesucht und gefunden hatte. Das war bisher auch der beste Ort für ihn, denn ihn freizulassen kam noch nicht in Frage. Aber jetzt... Françoise schüttelte heftig den Kopf. »Dann reisen sie morgen ab! Warum, glaubst du, haben wir ihn bisher versteckt!«
»Das ist egal. Wenn Rica jetzt zur Polizei geht oder noch einmal zum General und ihm blöde Fragen stellt, ist überhaupt alles vorbei! Da kommen wir noch ins Gefängnis!« Alain wußte, wovon er sprach, denn diese Ängste verfolgten ihn seit Tagen bis in den Schlaf. Françoise trollte sich widerwillig, tat dann aber doch, was Alain angeordnet hatte. Sie holte Tarzan von seiner momentanen Pflegemutter und plazierte ihn auf einem jener Stoffstückchen, die von Großvaters Mantel noch übrig waren. Dann stellte sie sich mit einem Feldstecher auf die Lauer. Tarzan verzehrte zunächst gemütlich das Schinkenbein, das sie auf den Kleidungsresten hingelegt hatte. Vom typischen Opa-Geruch war ja ohnehin nichts mehr zu erschnüffeln, da mußte man schon zu gröberen Tricks greifen. Das Wiedersehen erfolgte kurze Zeit später, mit viel Schwanzgewedle seitens des Hundes und lauten Freudenschreien und echten Tränen von Opa. Gerard, Opas ständiger Begleiter, konnte seine Überraschung nicht verbergen. »Unverhofft kommt oft«, meinte er, »und des Menschen Wille kann Berge versetzen!« Opa nickte ergriffen. Dieses späte, unerwartete Glück versöhnte ihn mit allen bisher ausgestandenen Strapazen. »Und jetzt, mein Lieber, nichts wie heim, die anderen werden Augen machen!«
Fabiola wählte schon zum dritten Mal die gleiche Nummer. Besetzt. Langsam begann ihr die Situation auf die Nerven zu gehen. Vorhin hatte sie die beiden »Kollegen« unsanft aus dem Jeep geworfen, verletzt oder nicht, weil sie ihre Gegenwart nicht mehr ertragen konnte. Diese primitiven Verbrecher. Dumm wie die Nacht, aber voll von blödsinnigen Ideen, die ihr das Leben schwermachten. Es lief alles ganz anders als geplant. Das Ende der Aktion war abzusehen, nichts ließ sich hinauszögern, keine Chance...
»Hallo? Ja, ich bin’s! Ach was, Schwierigkeiten, natürlich. Könnt ihr euch vorstellen, wie riskant ich hier lebe?... Nein, keine Unterstützung, woher auch? Das läßt sich nicht länger hinausziehen... Ich warte auf neue Instruktionen... Die Sache wird langsam heiß hier... Ja!« Fabiola legte den Hörer zurück und seufzte tief. Das Theater konnte also weitergehen, dachte sie und zündete sich nervös die nächste Zigarette an.
*
Der Morgen war bezaubernd. Fand zumindest Dora, die seit Tarzans gestriger Auferstehung vor Elan und guter Laune strotzte. Sie hatte schon einen kurzen Spaziergang in der taunassen Wiese hinter sich und hatte nun das dringende Bedürfnis, ihr Glück jemandem mitzuteilen.
»Aufwachen, Schmeckefuchs ! Wir fahren ans Mittelmeer!« Schmeckefuchs , besser bekannt als Vater Ruhland, rührte kein Ohr. Dora setzte sich an den Bettrand und betrachtete ihren friedlich schlummernden Mann. Von den Kindern war auch noch keines wach, das hatte sie eben überprüft. Diese Faultiere, würden noch den halben Urlaub verschlafen, jetzt, wo’s endlich losgehen konnte! Aber außer ihr schien das keinen besonders zu interessieren. Auch gut. Inzwischen konnte sie ihre Siebensachen zusammensuchen. Mit einem munteren Lied auf den Lippen begann sie, die Koffer zu packen. » Laß doch den Sonnenschein in dein Herz hinein...« trällerte sie vor sich hin.
»Was ist?« Eine müde Stimme regte sich. Doras Gesang verfehlte nie seine
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