Geheimcode F
Wirkung.
»Zeit zum Aufstehen! Wir fahren ans Meer!« Schmeckefuchs richtete sich abrupt auf. Er fühlte sich scheußlich. Und dann dieser Name! Er haßte plötzliches Wachwerden und noch mehr die Konfrontation mit unerfreulichen Tatsachen auf nüchternen Magen. » Ähem !« räusperte sich Vater Ruhland, der viel lieber gleich weiterschlafen würde.
»Frank?«
»Ja, Liebes!«
»Meldest du dich?« Dora warf ihm ein Kußhändchen zu.
»Ja, Dora!«
»Hat der kleine Frank eine Frage?«
»Nein, Dora!« Der kleine Frank hatte sich zu voller Körpergröße aufgerichtet und versuchte, den Tatsachen und seiner Frau fest in die Augen zu blicken.
»Ich kann nicht mit!« Dora lächelte ihn glücklich an. Dann erfaßte sie den Sinn seiner Worte. Eine steile Falte bildete sich auf ihrer Stirn. Sie schüttelte den Kopf.
»Ich verstehe nicht...«
»Ich kann nicht mit!« antwortete Vater Ruhland schulterzuckend .
»Du kannst nicht mit? Sag das noch einmal!« Dora wurde langsam wütend. Was war jetzt schon wieder los? Tarzan zurückgekehrt, alle bei bester Gesundheit, Mittelmeer in greifbarer Nähe, also was...?
»Ich kann nicht. Es ist sehr kompliziert. Ich hätte es dir schon längst sagen sollen. Die Enkelkinder von Madame Duffy brauchen mich!«
»Deine Familie braucht dich auch!« schnaubte Dora.
»Ja, aber anders!«
»Das will ich doch schwer hoffen!«
»Du verstehst mich nicht.« Es war sinnlos, mit ihr weiterzudiskutieren. Er hatte einfach keine zufriedenstellende Antwort für sie. Noch nicht.
»Jetzt hör mir mal zu«, bohrte Dora weiter in seinen Wunden. »Wir haben uns alle auf unseren Urlaub gefreut, oder? Surfen, Schwimmen, Strand und Meer. Und wo sind wir gelandet? In der Pampa. Die Sonne sticht... und erst die Insekten...«
»Es ist eine wunderschöne Landschaft hier. Mit der herrlichsten Sonne der Welt, Vincent van Gogh hat hier...« Sein Begeisterungsversuch verlief im Sand. Dora war wütend, wollte und konnte nicht verstehen, was alle plötzlich gegen eine Abreise hatten. Es hatte genaugenommen ja schon gestern beim Essen angefangen. Sie hatte nach Tarzans Auftauchen freudig verkündet, daß morgen Abreise sei. Also heute. Und plötzlich hatte betretenes Schweigen geherrscht. So, als hätte sie sich irgendeine fürchterliche Peinlichkeit geleistet. Jetzt langsam kam Licht ins Dunkel. Dies war eine Verschwörung. Und alle wußten, warum, außer ihr. Dora spürte ihren Blutdruck hinaufrasen. Von etwas nichts zu wissen, die einzige Dumme zu sein, ging ihr absolut gegen die Natur!
»Raus mit der Sprache, was wird hier gespielt?« Frank seufzte tief, griff unters Bett und zog einen kleinen Käfig mit Meerschweinchen hervor.
»Ich wußte doch, daß ich nachts Geräusche höre! Und ich dachte schon, ich spinne! Mein Gott, kannst du deinen Beruf nicht für ein paar Tage Urlaub an den Nagel hängen.«
Frank drückte herum: »Es ist doch ganz anders. Die Nummer ist viel zu groß für die Kinder. Ich kann dir nicht mehr sagen. Hab Vertrauen! Hilf mir!« Dora spürte — und das war ihr gar nicht recht — wie so viel Idealismus und Hilflosigkeit ihren Ärger langsam besänftigten. Er hatte sie wieder einmal herumgekriegt, ihr Schmeckefuchs . Sie streichelte über seine schüttere Haarpracht. Das war typisch er: zuerst in jede Verlegenheit tappen, und dann nicht mehr herauskommen!
Die Kinder hielten großen Kriegsrat. Diesmal war auch Rica dabei, die ihren Schützling, die kleine gestromte Katze, mitgebracht hatte und jetzt auf dem Schoß hielt. Sie dachte angestrengt nach. Ob sie den anderen böse sein sollte oder nicht. Sie hatten kein Vertrauen zu ihr gehabt, hatten sie von Anfang an hintergangen. Nicht einmal, als Tobias eingeweiht worden war, hatte man sie für würdig befunden, an einem so wichtigen Unternehmen mitzuwirken. Und erst die Sache mit Tarzan: Der war seit Tagen bei Anastasia in bester Pflege. Und sie hatte Todesängste um ihn ausgestanden. Und Opa? Einen Herzinfarkt hätte er bekommen können von der Herumrennerei in dieser Affenhitze! Eine Frechheit war das! Und jetzt? Jetzt konnten sie doch erst recht nicht abreisen, wo sie so dringend gebraucht wurden. Wenn das nicht Gründe genug für ein Riesendonnerwetter waren, was dann?
»Und du findest das alles okay!« schnauzte sie ihren Bruder an, der unglücklicherweise direkt neben ihr saß. Tobias zuckte zusammen.
»Mensch, du kotzt mich vielleicht an!« Wenn er etwas haßte, dann war es ihre überkomplizierte, wehleidige, launische Art.
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