Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
Kabinenraum. In der nächsten Sekunde explodierte der Kopf eines der beiden Männer in einer dunkelroten Wolke aus Blut, Schädelsplittern und Hirnmasse. Der zweite fasste sich an die Schulter, dann ans Bein. Er ließ seine Maschinenpistole fallen und rollte sich durch den Passagierraum. Relana kam hoch und lief zu ihm. Mit dem Fuß drehte sie ihn auf den Rücken und zielte direkt in sein Gesicht.
»Du gottverd… bitte, nicht!«
Sie beugte sich zu ihm hinunter und drückte die Schalldämpfermündung direkt auf seine Nasenwurzel. »Wir unterhalten uns jetzt, Freundchen.«
Nur eine Minute später wusste Relana alles, was es zu wissen gab. Sie tötete den Mann, kehrte ins Cockpit zurück und befahl augenblicklich den Start.
Als die Osprey in den Himmel stieg, schossen die ersten Polizei- und Feuerwehrwagen durch den Hain und bildeten unter Blaulicht und lautem Sirenengeheul einen Kreis um die Lichtung und die Absturzstellen der Hubschrauber.
Der Osprey konnten sie nur noch verwundert nachsehen.
logfile 5:
Misty Hazard
Syrien
14. Dezember, 12:17 Uhr
Trotz der offenen Bauweise der Luftstämme und der Geschwindigkeit, die Eileen Hannigan auf etwa siebzig Kilometer in der Stunde schätzte, war es in dem Gefährt weder kalt noch zugig. Seltsamerweise war nicht einmal Fahrtwind auf der Haut zu spüren. Offenbar wurde er durch irgendetwas am Bug des Fahrzeugs abgelenkt und glitt seitlich am Stamm vorbei und über sie hinweg.
Eileen versuchte, sich zu entspannen, und lehnte den Kopf an die Rückenlehne. Die Hand behielt sie auf dem Membranfeld, doch es war kein weiterer Eingriff ihrerseits nötig. Die Automatik des Luftstamms folgte den Windungen des Tunnels und navigierte das Fahrzeug präziser über die Route, als ein Autopilot in einem Flugzeug dies gekonnt hätte. Das vom Luftstamm ausgehende Licht ließ nur die nähere Umgebung erkennen. Eileen sah die glatten Tunnelwände. Nach vorn konnte sie vielleicht fünfzig, höchstens sechzig Meter blicken. Statt schnurgerade unter dem syrischen Boden zu verlaufen, wand sich der Tunnel wie ein Fluss. Mehr als einmal legte sich der Luftstamm in enge Kurven, die sich in Schlangenlinien aneinanderreihten, bis sie wieder auf direktem Kurs zur Küste waren. Dank der eingeblendeten Navigationskarte unter der Steuermembran konnte Eileen ihre Route jederzeit verfolgen.
Sie merkte, wie ihr Herz pochte. Das Ganze war viel zu fantastisch, um es wirklich fassen zu können. Sie saßen in einem Transportsystem, das von Gott weiß wem entwickelt und erbaut wurde und mit einer Technologie betrieben wurde, die es sonst nirgends auf der Welt gab. Hatte hier jemand im Geheimen geforscht oder war dieses Tunnelsystem tatsächlich schon mehrere Tausend Jahre alt? Eileen hielt allein den Gedanken für unmöglich, allerdings hätte sie auch niemals in Betracht gezogen, dass so etwas wie dies hier existieren könnte. Sie beugte sich über den Rand des Fahrzeugs und blickte nach unten. Dank der vom Rumpf abstrahlenden Lichtenergie konnte Eileen auch den Tunnelboden erkennen, der so glatt und fugenlos und sauber war wie die Wände. Der Luftstamm hatte nicht aufgesetzt. Es gab keinerlei Kontakt zum Boden. Keine Räder, keine Kufen, keine Schienen. Er hing nicht an Seilen und war nicht in einem Einschienenstreckennetz aufgehängt. Eileen hatte kein Luftkissen entdeckt und auch keine sichtbaren Triebwerke oder Rotoren. Der Stamm schwebte. Definitiv. Möglicherweise wurde er durch Magnetfelder in der Röhre gehalten. Oder die Erbauer hatten es geschafft, die Schwerkraft um das Fahrzeug herum aufzuheben.
»Noch eine Abzweigung«, sagte Meryem in Eileens Ohr. Die Libanesin befand sich mit Dallmer voraus und betrachtete ebenfalls das Navigationsdisplay auf der Steuermembran. Eileen sah es. Kurz darauf machte der Tunnel einen Knick nach links, zog eine große Schleife und richtete sich dann wieder gerade auf Kurs aus. Soweit die Karte zeigte, gab es vorerst keine weiteren Kurven.
Eileen bemerkte erst am Vorbeihuschen der Tunnelwände, dass die beiden Luftstämme an Fahrt aufgenommen hatten. Und sie beschleunigten noch weiter. Diesmal war leichter Wind zu spüren, der durch Eileens Haar streifte und ihre Wangen berührte. Doch er erreichte nicht einmal das Ausmaß dessen, was man eine leichte Brise nennen mochte.
»Bei dem Tempo werden wir wohl nicht die geschätzten drei Stunden bis zur Küste benötigen«, sagte Inga hinter Eileen.
Die Schwedin hatte recht. Sie mochten es
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