Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
wenn der Einsatz der Blendgranate erfolglos war, geriet Taha in die Defensive.
Dem General stockte der Atem, als er sah, wie Callahan der tödlichen Salve aus dem Sturmgewehr entkam. Für ihn sah es so aus, als laufe der Hazarder direkt in den Kugelhagel hinein und als würden die Geschosse einfach wie holografische Projektionen hindurchfegen. Doch was dann kam, ließ ihn völlig das Atmen vergessen. Er sah, wie sich Callahan und Taha waffenlos gegenüberstanden und begannen, sich in ihren Kampfkünsten zu messen. Ihre Bewegungen wurden mit jedem Schlag, jeder Verteidigung schneller, präziser und erreichten ein Tempo, dem die Augen des Generals nicht mehr folgen konnten.
Beide Gestalten verwischten zu halbdurchsichtigen Schemen, die wie kleine Wirbel umeinandertanzten. Wie zwei Dschinnen, die man aus ihren Flaschen gezaubert und aufeinandergehetzt hatte. Der General blinzelte und versuchte, in dem schlierenhaften Durcheinander zu erkennen, wer wer war. Doch keiner der beiden Schemen wies irgendwelche Merkmale auf, die eine Unterscheidung zuließen. Das Gebilde, das keine zehn Meter von ihm entfernt wie eine Windhose umherschwirrte, bestand nur aus Farben und Schatten.
Der Wirbel begann, sich quer durch den Raum zu bewegen. Es war unmöglich, ein klares Ziel zu bekommen. Der General hielt die Pistole mit beiden Händen und wartete, bis sich aus dem Gewusel ein Farbschema deutlich abhob. Er sah einen schwarzen Flecken auf der rechten Seite. Callahan trug schwarz.
Die Waffe ruckte hinüber zu dem anderen Wirbel. Einmal peitschte die Pistole auf. Der Farbwirbel flog durch die Luft wie ein Ball, der von einem Tennisschläger abprallte. Noch im Flug kristallisierten sich Konturen und dann Einzelheiten aus dem Wirbel. Schließlich schlitterte Meryem Taha über den Boden und rutschte, bis die Wand des Saales sie stoppte.
Callahans Gestalt erschien nur eine Nanosekunde darauf in dem schwarzen Wirbel.
In Abwehrhaltung und leicht geduckt ging er auf den reglosen Körper der Gegnerin zu.
»Scheiße, Mann!« Er wischte sich mit einem Handrücken über den Mund. Seine Lippe war aufgeplatzt und blutete. »Haben Sie das gesehen?«
Der General atmete tief durch. »Was für mich zu sehen war.«
»Wussten Sie davon?« Callahan blickte zu dem General herüber, doch dieser ließ Taha nicht aus den Augen.
»Ich hatte keinen Schimmer. Bei Ihnen dürfte die Wirkungszeit von Shift-P doch noch gar nicht abgelaufen sein.«
Callahan hob die Schultern. »Ist sie auch nicht. Aber es scheint trotzdem zu funktionieren.«
»Bekommen Sie das in den Griff?«, fragte der General.
Callahan erreichte Taha. »Es geschah instinktiv. Mit ein bisschen Übung vielleicht …«
»Ist sie tot?«
Der Ex- CIA -Agent stieß die reglose Gestalt mit einem Fuß an. Sie regte sich nicht.
»Kümmern Sie sich um den Zugang!«, befahl der General.
Callahan nickte, wandte sich ab und ging zu der Konsole hinüber.
14:39 Uhr
»Willkommen im Club«, sagte die leise Stimme Gwendolyn Stylez’ aus dem Ohrstöpsel.
Wie elektrisiert fuhr Eileen zusammen. Sie war ein Klon. So war das also. Änderte das etwas an ihrem bisherigen Leben? An ihren Erfahrungen? An ihrem Wert als Mensch? An ihrer Person?
»Nein«, sagte Gwen, die ihre Fragen wohl erriet, vermutlich weil sie die sich selbst schon einmal gestellt hatte, als sie erfuhr, dass sie nicht auf natürliche Art und Weise gezeugt und nicht im Mutterleib herangewachsen war. »Es ändert absolut nichts.«
Eileen war sich nicht sicher. Der Schock der Erkenntnis saß ihr noch in den Gliedern. Sie fühlte sich benommen. Ihre Gedanken waren zäh und schienen sich durch ein Medium wie Watte zu bewegen.
Ihr war schlecht.
Augenscheinlich erkannte Professor Hardy, dass seine Eröffnung alles andere als Begeisterungsstürme auslöste. Er seufzte und presste die Lippen zusammen. Nach Worten suchend blickte er Eileen an und räusperte sich.
»Sie sind Sie selbst, Miss Hannigan«, sagte er stockend. »Ich weiß, die Genetik wird von der Allgemeinheit oft verkannt. Dahinter stecken die Medien und die Presse, die Horrorszenarien verbreiten – und natürlich die Kirche, die hinter jedem schöpferischen Akt, der nicht von Gott kommt, Blasphemie und Verbrechen sieht. Es ist dem Menschen nicht gegeben, in die Natur einzugreifen?« Ein Lachen entrang sich seiner Kehle. »Unfug! Wir greifen ein, seit wir auf diesem Planeten wandeln. Aller technologische Fortschritt ist ein Eingriff in die Natur. Die Natur kennt keine
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