Geheimcode Misty Hazard (German Edition)
benötigte.
Gwen Stylez brauchte eine Viertelstunde, ehe sie mit einer Sporttasche aus der Bank trat, diese auf den Rücksitz warf und sich selbst auf dem Beifahrersitz niederließ. »Fahren wir.«
Eileen startete den Motor und fädelte sich in den fließenden Verkehr ein. »Alles dabei?«
»Ja.« Mrs Stylez atmete tief durch, als hätte sie soeben Schwerstarbeit verrichtet und wäre froh, eine Pause einlegen zu dürfen. »Ich habe das ganze Schließfach geplündert.«
Inzwischen war der Zugang zum globalen Netzwerk der Generäle für Gwen gesperrt. Aber sie hatte noch Zugriff auf das interne Netzwerk ihres früheren Chefs, des Generals von Atlanta, der in einigen Metropolen Verstecke angelegt hatte, falls seine Mitarbeiter oder er selbst einmal in Schwierigkeiten gerieten. Meist waren Sport- oder Reisetaschen wie die soeben geborgene in Schließfächern von Banken oder in Safes angemieteter Wohnungen versteckt. Sie enthielten eine Standardnotfallausrüstung: Waffen, Munition, Bargeld, Mobiltelefone, Prepaid- SIM -Karten mit entsprechendem Guthaben, Rohlinge für ID-Cards, Flash Drives, mobile Festplatten mit verschlüsselten Operationsdaten und einiges mehr, was ein Agent im Außeneinsatz benötigte. Eileen und Mrs Stylez hatten bereits einige dieser Verstecke geplündert, dafür aber auch überall, wohin sie kamen, neue angelegt. Für den Fall der Fälle.
Von der Dresdner Bank aus fuhr Eileen über einige Umwege den Schlossgarten an und hielt auf dem Parkplatz an der Willy-Brandt-Straße an der Südostseite des Carl-Zeiss-Planetariums. Die freundliche Dame am Empfang wies Eileen und Mrs Stylez darauf hin, dass zurzeit keine Vorführungen anstünden und sie sich bis zum Abend gedulden müssten. Zweihundert Euro in bar aus der Reisetasche überzeugten die Frau jedoch, dass man sicher etwas arrangieren konnte.
Der Vorführer hielt ebenfalls die Hand auf, ehe er sich dazu überreden ließ, das Programm des Abends im Kuppelsaal abzuspielen.
Eileen und Mrs Stylez saßen allein unter einem dunklen Himmel, während die Vorführung Das Blau der Erde – die Ozeane aus dem Orbit betrachtet vom Projektor lief. Die übrigen 273 Sitze waren leer. Sie hatten knapp fünfundvierzig Minuten, um ungestört zu reden und zu planen.
Während Mrs Stylez den Laptop hochfuhr, lehnte sich Eileen tief in dem kippbaren Sessel zurück und betrachtete das Schauspiel, das auf die Innenseite der Kuppel projiziert wurde: ein Vorbeiflug an der Erde aus einem hohen Orbit gefilmt. Dann zoomte die Kamera durch eine Wolkenschicht auf den Indischen Ozean.
Auf der Fahrt hierher hatten sich die beiden kurz ausgetauscht und berichtet, was ihnen widerfahren war. Eine Sache war Eileen jedoch nicht schlüssig.
»Woher kamen eigentlich so plötzlich die Polizei und Scharbach mit dem SEK ?«, fragte sie und blickte zur Seite.
Gwen Stylez strich sich eine blonde Strähne hinters Ohr und stellte eine Internetverbindung mit dem Laptop her. Während sie wartete, sah sie Eileen an. »Jede Stylez trägt einen Notsender bei sich. Falls sie einmal in Bedrängnis geraten sollte, kann sie ihn aktivieren und binnen weniger Minuten in Ballungszentren auf behördliche Hilfe hoffen. Die Polizei erhält einen diplomatischen Notruf mit GPS -Tracking. Einsatzkräfte in der Nähe werden direkt zum Signal beordert. In der Regel wird auch jemand, der direkt den Generälen unterstellt ist, dort auftauchen. In meinem Fall war das Kommissar Scharbach als aktivierter Hazarder. Meinen Signalgeber habe ich nie zuvor genutzt; offensichtlich wurde er nicht deaktiviert.«
»Clever.« Eileen ließ sich in dem Sitz nach vorne kippen. »Also haben wir genau das erreicht, was wir wollten. G-Dawn weiß, dass wir noch leben. Die Generäle wissen es ebenso. Ich hoffe, du konntest etwas aus den heruntergeladenen Daten bei Dr. Meissner erfahren.«
Mrs Stylez nickte und lud die auf einem externen Cloudserver gespeicherten Daten auf den Desktop. »Es gab keinerlei Hinweise auf Misty Hazard , aber ich konnte herausfinden, wer hinter dem SOCOM -Auftrag zur Lieferung von Autoinjektoren stand.«
»Mach’s nicht so spannend, Herzchen«, sagte Eileen, als Mrs Stylez eine Kunstpause einlegte.
»Abgeblasen hat die Bestellung ein Admiral Ewan Henderson im Pentagon.«
Eileen runzelte die Stirn. »Admiral Henderson?«
»Kennst du ihn?«, fragte Gwen Stylez.
»Nein, jedenfalls nicht direkt. Aber wenn ich mich recht erinnere, hat mein Bruder Ron unter ihm gedient.« Eileen stöhnte innerlich
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