Geheime Lust
formulieren. Aber sie würde nicht lügen. Jace hatte ein Recht auf die Wahrheit. Er war ein guter Mensch. Zu gut, um wahr zu sein. Er verdiente es nicht, sich mit jemandem wie ihr zu belasten.
»Was geht dir gerade durch den Kopf?«, fragte er und unterbrach mit seiner Stimme ihre düsteren Gedanken.
»Dass du etwas Besseres als mich verdienst.«
Jace fluchte unflätig. »Du bist ehrlich. Offen heraus. Normalerweise mag ich das. Sehr sogar. Ich schätze Aufrichtigkeit und Menschen, die ungeachtet der Konsequenzen die Wahrheit aussprechen. Aber gottverdammt noch eins, Bethany.
Ich verdiene etwas Besseres
? Was um alles in der Welt soll das heißen? Wie steht es mit dem, was du verdienst? Hast du je einen Gedanken daran verschwendet?«
Sie hatte keine Antwort auf diese Frage.
Kopfschüttelnd verstärkte er seine Umarmung noch. »Es ist mir egal, wie lange es dauert, Baby, doch am Ende wirst du dich aus meiner Warte sehen. Du wirst erkennen, dass
du
etwas Besseres verdienst. Dafür werde ich definitiv sorgen.«
Bethany schluckte, um die Tränen zurückzuhalten. Wie konnte er sie überhaupt aus irgendeiner Warte sehen? Er kannte sie doch gar nicht.
»Was ist da noch?«, bohrte er nach. »Sag mir alles. Bring mich auf deinen eigenen Wissensstand.«
»Viel mehr ist da nicht«, bekannte sie leise. »Nach der Anklage wegen Drogenbesitzes und der Reihe bedeutungsloser Sexpartner wurde alles immer noch schlimmer. Es war meine Schuld. Ich hätte es besser machen, mehr Verantwortung zeigen müssen. Doch das tat ich nicht, und ich zahlte einen hohen Preis dafür. Niemand wollte mich einstellen, und ich hatte nicht das Geld, um zu studieren und die Bildung zu erhalten, die mir ein besseres Leben ermöglichen konnte. Der Unfall hat mir so viele Monate meines Lebens genommen. Ich war müde und völlig am Ende. Unfähig, auch nur über den nächsten Tag hinauszudenken, geschweige denn mehrere Jahre im Voraus, um zu realisieren, welches Leben auf mich zukommt.«
»Allmächtiger«, murmelte Jace. »Wie alt bist du?«
Sie kniff die Brauen zusammen. »Haben deine Recherchen das nicht ergeben?«
»Ich habe gesagt, dass ich viel über dich weiß, aber von allem war keine Rede«, entgegnete er trocken. »Ich habe mich auf die wichtigsten Fakten konzentriert. Dein Alter spielt für mich keine Rolle, es sei denn, du willst behaupten, dass du noch minderjährig bist.«
Sein Versuch zu scherzen munterte sie auf und machte ihr das Herz ein klein wenig leichter.
»Ich bin dreiundzwanzig«, teilte sie ihm mit einem Anflug von Scham mit. Sie war viel zu alt, um ihr Leben nicht im Griff zu haben. Viel zu alt, um obdachlos, arbeitslos und ohne Bildung zu sein.
»Blutjung also.«
Bethany schaute ihn neugierig an. »Wie alt bist du?«
»Achtunddreißig.«
Ihre Augen wurden groß. Zwischen ihnen lag ein Altersunterschied von fünfzehn Jahren!
»Und Ash?«
»Dito.« Plötzlich klang er unwirsch. Es schien ihm nicht zu passen, dass sie Ash erwähnt hatte.
»Wow. Ich hätte dich nie auf achtunddreißig geschätzt. Du bist fünfzehn Jahre älter als ich.«
»Und?«
Seine gleichgültige Entgegnung erstaunte sie. Bethany sah hoch und begegnete seinem herausfordernden Blick.
»Stört es dich?«, fragte er, obwohl sein Tonfall suggerierte, dass es ihm völlig egal war, falls dem so sein sollte. Er wirkte entschlossen und resolut.
»Stört es
dich?«,
gab sie zögerlich zurück. »Bestimmt könntest du weltgewandtere Frauen haben. Gebildetere. Ältere.
Bessere
.«
Seine Kiefermuskeln traten hervor, als er mit den Zähnen knirschte. »Bring mich nicht auf die Palme.«
Sie seufzte bekümmert.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet. Stört es dich?«, insistierte er.
Was sollte sie sagen? Aufrichtigkeit würde ihr Schicksal nur umso endgültiger besiegeln. Und wenn sie so täte, als störte es sie, würde es ihn vermutlich nicht einmal tangieren. Wahlweise würde sie wie ein oberflächliches Flittchen auf ihn wirken.
»Bethany?«
»Nein«, platzte sie heraus. »Es stört mich nicht. Also, der Altersunterschied. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns auf das hier einlassen können oder, dass du überhaupt etwas mit mir zu tun haben solltest. Ich bin nicht die Richtige für dich, sieh das doch ein. Wir leben in vollkommen verschiedenen Welten. So verschieden, dass ich die Unterschiede noch nicht einmal in Worte fassen kann. Ich werde mich deiner niemals auch nur annähern können.«
»Es existiert nur
eine
Welt«, widersprach Jace
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