Geheime Lust
dann richtete sie ihren bestürzten Blick auf Jace.
»Verstehst du nun?«, fragte er ruhig.
Sie nickte, aber ihr drehte sich noch immer der Kopf angesichts all der abrupten Veränderungen in ihrem Leben.
Jace’ Chauffeur brachte eine kleine Einkaufstüte ins Zimmer und übergab sie ihm. Bethany erkannte sie nicht, allerdings waren es so viele gewesen, dass sie schon vor Stunden den Überblick verloren hatte.
Jace nahm eine Schachtel heraus, öffnete sie und brachte ein nagelneues Mobiltelefon zum Vorschein. Er legte die Batterie ein und schaltete es an, anschließend fummelte er mehrere lange Minuten daran herum. Er holte sein eigenes Handy hervor und betätigte verschiedene Tasten, ehe er das neue Telefon schließlich Kaden zuwarf.
»Programmieren Sie Ihre Nummern in Bethanys Handy. Ich möchte, dass sie Sie über die Kurzwahltasten erreichen kann, sollte je ein Notfall eintreten.«
Bethany runzelte die Stirn, als Kaden und Trevor mit flinken Fingern ihre Nummern einspeicherten, bevor sie Jace das Handy zurückgaben. Er reichte es an Bethany weiter.
»Meine Nummer ist ebenfalls drin. Es ist die erste der Kurzwahltasten. Kaden ist Nummer zwei und Trevor Nummer drei. Meine Büronummer ist an vierter Stelle, die meiner Wohnung an fünfter. Trag dieses Handy immer bei dir, und wenn du nicht willst, dass ich einen Herzinfarkt bekomme, weil ich denke, dass du irgendwo tot in einer Gasse liegst, dann solltest du besser rangehen, wenn ich anrufe. Okay?«
Sie nickte wie betäubt. Ihr Kopf schien Karussell zu fahren. Bethany konnte kaum atmen, und sie hatte das Gefühl, Migräne zu bekommen. Märchen waren nicht für Mädchen wie sie gedacht, trotzdem war sie mitten in eins hineingestolpert. Nur war diesem kein glückliches Ende vorherbestimmt. Das passierte nur in der Fiktion. Bethany hatte zu viel Erfahrung damit, wie es im wirklichen Leben ablief. Das wirkliche Leben war ein Jammertal. Aber zumindest war es real. Es erklärte sich weder noch rechtfertigte es sich. Es war, wie es war.
Jace beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie flüchtig auf die Stirn. »Ich muss dringend ins Büro. Es findet ein Meeting statt, das ich nicht versäumen darf, aber ich werde sicher nicht lange weg sein. Kaden und Trevor bleiben bei dir, bis ich zurück bin. Außerdem trifft in Kürze eine Lebensmittellieferung ein. Stell sicher, dass einer von beiden an die Tür geht, und bleib selber in Deckung, bis sie Entwarnung geben. Und was immer du tust, höre auf sie. Es ist ihre Aufgabe, dich zu beschützen. Mach ihnen die Sache so einfach wie möglich, indem du kooperierst. In Ordnung?«
»In Ordnung.«
»Falls du irgendetwas brauchst, ruf mich an. Ich werde mein Handy auch während der Besprechung eingeschaltet lassen.«
Bethany nickte mechanisch.
Er küsste sie wieder. »Wir werden zum Abendessen ausgehen. Zieh eins deiner neuen Outfits an, und vergiss deinen Mantel nicht. Es soll heute Abend schneien. Danach werden wir die Nacht hier verbringen, damit du dich an deine neue Umgebung gewöhnen kannst.«
Bethany staunte darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit er davon ausging, dass er bei ihr schlafen würde. Gleichzeitig staunte sie nicht minder darüber, dass sie ihn nicht korrigierte, keinen Widerspruch einlegte. Und sie staunte auch über die Erleichterung, die sie durchströmte bei der Aussicht, nicht allein zu sein.
Sie war verloren, war ihm schon jetzt so sehr verfallen, dass sie nicht wusste, ob es je ein Zurück für sie geben würde. Sollte Jace beschließen, sie in den Wind zu schießen, würde das für sie verheerender sein als alles, was sie je erlebt hatte. Verheerender als ihre Vergangenheit, ihre Drogenabhängigkeit, der Mist, den sie gebaut hatte.
Jace besaß eine Macht über sie, wie sie es nie einem Menschen zugetraut hätte. Und das machte ihr mehr Angst als der Gedanke an Drogen oder an die Gangster, die sie bedroht hatten.
15
Jace betrat das Gebäude, das die HCM-Büros beherbergte, und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Wäre diese verdammte Telefonkonferenz nicht, er hätte die Arbeit heute sausen gelassen. Es gefiel ihm nicht, Bethany, so kurz nachdem er sie wiedergefunden hatte, allein zu lassen.
Na ja, technisch gesehen war sie nicht allein, trotzdem ließ er sie nicht gern aus den Augen.
Als er wenige Minuten später in Gabes Büro eintraf, stellte er fest, dass Ash bereits da war, und der Blick, mit dem Gabe ihn bedachte, das Aufblitzen von Sorge in seinen Augen, verriet ihm, dass Ash
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