Geheime Lust
hingegangen. Jace und Gabe hatten die Veränderung an ihm sofort registriert. Ash war anschließend wochenlang in Schwermut verfallen und hatte lange gebraucht, um wieder zu sich zu finden. Nach dem zweiten Jahr hatten sie eins und eins zusammengezählt und im Folgejahr darauf bestanden, ihn zu begleiten. Nach dieser Erfahrung hatten sie beide geschworen, Ash nie wieder in die Nähe seiner Familie zu lassen, ohne ein solides Sicherheitsnetz unter ihm zu spannen.
So lächerlich es auch klingen mochte, aber Ashs Familie war
Gift
für ihn.
Nachdem ein paar Jahre lang Jace oder Gabe oder sogar beide ihn begleitet und selbst erlebt hatten, wie dysfunktional die McIntyres waren, hatte Ash seine Familie darüber informiert, dass sie ihm den Buckel runterrutschen konnte, und war nie wieder zurückgekehrt. Nicht, dass man nicht versucht hätte, ihn zur Besinnung zu bringen. Jace wusste, wie sehr Ash sich dafür schämte, dass seine Freunde seine Familie kennengelernt hatten. Anstatt sie diese Erfahrung wiederholen zu lassen, hatte er sich einfach von ihr losgesagt. Was für Jace völlig in Ordnung ging. Ash war ein besserer Mensch, wenn er keinen Kontakt zu dieser Kloake hatte. Und er war glücklicher.
»Diese Unterhaltung ist beendet. Ruf mich nicht wieder an. Ich werde das Gespräch nicht annehmen«, warnte Ash.
Er legte auf, dann drehte er sich auf seinem Stuhl herum. Er blinzelte verdutzt, als er Jace in der Tür stehen sah, und runzelte die Stirn.
»Was tust du hier? Hast du nicht irgendwas zu erledigen?«
Mit einem weiteren Seufzen trat Jace ein. Er setzte sich auf einen der Stühle an der Wand, verschränkte die Hände hinter dem Rücken, beugte sich vor und richtete den Blick auf Ash.
»Hör zu, Mann. Ich war ein Arschloch. Du weißt es. Ich weiß es. Und ich weiß auch, dass du gerade mit dieser Hexe, die sich deine Mutter nennt, telefoniert hast und deswegen beschissen gelaunt bist. Du wirst es an mir auslassen, was völlig okay ist, weil ich es verdiene. Was hingegen nicht okay ist, ist diese Barriere zwischen uns.«
Ashs Lippen wurden schmal. »Du hast sie selbst errichtet.«
»Ja, das ist mir bewusst. Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen, Ash. Mach es mir nicht so schwer.«
Ash lehnte sich zurück und quittierte das mit einem vertrauten Grummeln, das eine Woge der Erleichterung bei Jace auslöste. »Der eingebildete, selbstgefällige, fordernde Mistkerl Jace Crestwell lässt sich also zu einer Entschuldigung herab? Dann leg mal los. Das will ich hören.«
»Fick dich«, murmelte Jace, musste dabei jedoch grinsen.
Seine Familie.
Er hatte es schon immer gewusst und es sich in Gabes Büro noch einmal klargemacht, dass dies seine Familie war. Und er wollte sie mit Bethany teilen.
»Nun, das ist eine ziemlich ungewöhnliche Entschuldigung«, meinte Ash. »Fick dich … Es tut mir leid … Hm, doch, das klingt sehr ähnlich.«
Jace lachte. »Himmel, was bist du nur für ein Sturkopf.«
Dann wurde er wieder ernst und schaute Ash direkt in die Augen.
»Es tut mir leid, Kumpel. Ich habe mich wie ein Hornochse benommen und völlig überreagiert. Ich weiß, dass du nur versucht hast zu helfen. Du wolltest mich beschützen. Das rechne ich dir hoch an. Aber es geht mir gut. Ehrenwort. Vielleicht denkst du, dass ich verrückt bin und völlig den Durchblick verloren habe. Aber ich habe die Sache fest im Griff.«
»Welche Sache?«, hakte Ash nach. »Betrachte es mal aus
meiner
Warte, Mann. Wir haben einen flotten Dreier mit einer Frau. Nichts Ungewöhnliches. Die Frau verschwindet am nächsten Morgen. Nichts Ungewöhnliches. Das einzig Ungewöhnliche daran ist, dass sie freiwillig gegangen ist, anstatt dass wir ihr den Marschbefehl erteilen mussten. Als du anschließend ausgetickt bist, dachte ich, es liegt daran, dass du sie nicht erst wegschicken musstest. So weit konnte ich noch folgen. Vielleicht warst du noch nicht fertig mit ihr. Du bist ein Kontrollfreak, genau wie ich. Du legst gern die Regeln fest. Sie hat dagegen verstoßen, indem sie einfach abgehauen ist. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass du die ganze Stadt auf den Kopf stellen würdest, um sie wiederzufinden.«
Jace seufzte. So wie Ash das Ganze beschrieb, klang es wirklich ziemlich irre.
»Du hättest dich die vergangenen zwei Wochen erleben müssen, Jace. Du sahst beschissen aus, warst vollkommen geistesabwesend. Das Letzte, was dich interessierte, war die Arbeit. Mia kam dich zweimal hier besuchen, und du hast sie beide Male
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