Geheime Lust
konnte.
Sie legte das Handy behutsam zurück auf die Bar, dann ging sie in Richtung Schlafzimmer. Jace beobachtete sie bei jedem Schritt.
»Ich hole nur meine Sachen«, verkündete sie ruhig. »In ein paar Minuten bin ich weg.«
Sie verschwand im Schlafzimmer, dabei kämpfte sie gegen die Flut der Tränen an, die ihr Gesicht überströmten. Erst da realisierte sie, dass sie nichts zu holen oder zu packen hatte. Die Sachen gehörten ausnahmslos Jace. Er hatte sie ihr gekauft. Und selbst wenn sie sie mitnähme, hätte sie keinen Ort, um sie aufzubewahren.
Plötzlich legte sich eine feste Hand auf ihre Schulter. Jace drehte sie mit einem Ruck zu sich herum, damit sie ihn ansah. Er wirkte bestürzt, als er ihre Tränen bemerkte.
»Würdest du mir bitte erklären, was zum
Henker
das alles zu bedeuten hat?«, fuhr er sie an.
»Ich weiß, dass du wütend bist«, antwortete sie tonlos. »Gib mir ein paar Minuten, dann bin ich verschwunden. Ein Taxi wäre gut, aber ich kann notfalls auch laufen.«
Er knirschte mit den Zähnen und schob das Kinn vor, während ein Ausdruck heißen Zorns in seine Augen trat.
»Du denkst, ich werfe dich raus?«, fragte er ungläubig.
Sie blinzelte. »Tust du es nicht?«
»Gottverflucht noch mal, Bethany. Du und ich, wir werden eine lange Unterhaltung führen. Das war ein extrem beschissener Tag, und ich will verdammt sein, wenn ich ihn damit beende, dich gehen zu lassen.«
Sie schaute ihn verwirrt an. »Du willst nicht, dass ich gehe?«
»Sehe ich
aus
, als würde ich das wollen?«
Ihr Mund wurde trocken. »Aber du bist so wütend. Außerdem hast du Kaden und Trevor nicht gebeten, morgen wiederzukommen.«
»Was hätte ich davon?«, entgegnete er barsch. »Offensichtlich hältst du dich nicht an ihre Anweisungen.«
Errötend wandte sie den Blick ab. »Es tut mir leid.«
»Herrgott, Bethany. Ich dachte, du hättest
mich
heute verlassen. Was sollte ich sonst daraus schließen? Du bist einfach abgehauen. Ohne eine Zeile, ohne ein Wort. Du hast nicht auf meine Anrufe oder SMS reagiert. Ich geriet total in Panik, weil ich dich nirgendwo finden konnte.«
»Nein!«, protestierte sie betroffen. »Ich wollte dich nicht verlassen! Ich musste nur etwas erledigen. Ich bin zurückgekommen.«
Jace nickte. »Ja, das bist du. Und das ist auch der einzige Grund, warum ich nicht völlig am Rad drehe. Aber das rechtfertigt nicht, dass du einfach Gott weiß wohin verschwunden bist, ohne die beiden Männer, die ich zu deinem Schutz angeheuert habe. Ich hatte dir mehr als deutlich klargemacht, dass du ohne sie
nirgendwo
hingehen darfst. Was genau hattest du daran nicht verstanden?«
Er verstärkte den Druck seiner Hände an ihren Armen und zog sie an seine Brust. Bethanys Tränen versiegten, als sie mit geweiteten Augen zu ihm hochsah. Er sah furchtbar zornig aus. Allerdings nicht aus dem Grund, den sie vermutet hatte. Er hatte gedacht, sie wolle ihn verlassen?
Bethany hob die Hand und berührte sein Gesicht, dabei bemerkte sie zum ersten Mal die Angst unter seinem Zorn.
»Ich hatte nicht vor, dich zu verlassen«, wiederholte sie leise.
»Gott sei Dank«, murmelte er. »Aber Bethany? Wir beide haben eine Menge zu besprechen. Ich habe versucht, diese Sache so behutsam wie möglich anzugehen, aber scheiß drauf. Das hat jetzt ein Ende. Es wird Zeit, dass wir nach meinen Regeln spielen.«
20
Jace musste sie loslassen und einen Schritt zurücktreten, um Distanz zwischen sie zu bringen. Seine Atemzüge taten ihm weh, weil seine Brust so eng war, als würde sie von einem Schraubstock zusammengepresst.
Er musste seine Fassung wiederfinden.
Das war das Wichtigste. Bevor sie sich der nächsten Stufe ihrer Beziehung zuwandten – er hatte sich nun schon eine verdammte Woche in Geduld geübt. Eigentlich keine lange Zeit, für ihn jedoch schon. Es fühlte sich an wie ein ganzes Jahr. Er hatte noch nie so lange auf etwas gewartet, das er wollte. Aber bevor sie die Regeln ihrer Beziehung erörtern würden, mussten sie darüber sprechen, warum sie sich davongeschlichen hatte,
ohne Bodyguards
, ohne irgendwem ein Wort zu sagen.
Das machte ihn krank. Bethany hatte sich mehrere Stunden seiner Kontrolle entzogen, seiner schützenden Hand, seiner Hilfe. Er konnte noch immer nicht an diese Stunden denken, ohne halb durchzudrehen.
Vielleicht hatte Ash recht. Vielleicht war er wirklich von ihr besessen. Nur schien
Besessenheit
ein solch unzulängliches Wort zu sein, um seine Gedanken und Gefühle in Bezug auf
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