Geheime Lust
hier draußen nicht sicher für dich. Das war es nie. Du könntest mir keinen größeren Gefallen tun, als in dein Apartment auf der Upper West Side zurückzukehren. Leb dein Leben. Umarm das Gute. Tu nichts, um es zu ruinieren. Und sei glücklich.«
Ihr traten die Tränen in die Augen. »Wie könnte ich glücklich sein, wenn du hier draußen bist? Wie könnte ich es genießen, einen sicheren Ort zum Wohnen, Essen und ein Bett zu haben, während du auf der Straße lebst?«
Er setzte ein schiefes Grinsen auf. »Ich komme schon zurecht. Mir fällt immer was ein.«
»Du kommst nicht zurecht«, widersprach sie erbittert.
Er seufzte. »Vielleicht besuche ich dich mal.«
Neue Hoffnung keimte in ihr auf, und sie versuchte, ihn darauf festzunageln. »Tu das, Jack. Versprich es mir. Du musst nicht so leben. Ich habe jemanden kennengelernt. Er ist … Er ist gut zu mir. Die Dinge könnten sich von nun an ändern.«
Jack lächelte. »Das freut mich für dich, Bethy. Wirklich. Aber was meinst du, was dein Freund davon halten würde, wenn ein anderer Kerl an dir rumschnüffelt?«
»Wenn er dich nicht akzeptieren kann, will ich nicht mit ihm zusammen sein«, fauchte sie.
Sein Atem formte kleine Dampfwölkchen, als Jack erneut die Hand an ihre Wange legte. Es hatte wieder zu schneien begonnen. Die Flocken wirbelten zwischen ihnen umher, sie setzten sich auf seinen Schultern ab und durchnässten seine dünne, zerschlissene Jacke. Eisige Kälte hatte sich über die Stadt gesenkt und ihre erbarmungslosen Klauen hineingeschlagen. Bethany ertrug es nicht, Jack hier draußen zu wissen, auf Gedeih und Verderb den Elementen ausgeliefert und jenen, die ihm Böses wollten.
»Bitte, Jack. Komm mit mir mit«, flehte sie ihn an. »Du kannst dich nicht ewig vor diesen Leuten verstecken.«
Jack hob einen Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln. »Das Problem ist aus der Welt. Sie haben ihr Geld. In ihrem Geschäft geht es um nichts Persönliches. Sie werden mir nichts mehr tun, nachdem sie die Kohle zurückhaben.«
Bethany kniff verwirrt die Brauen zusammen, während sie zu frösteln begann, weil die Kälte sogar den dicken Mantel durchdrang, den Jace ihr gekauft hatte. Ihr schlotterten die Knie, und ihr Atem bahnte sich seinen Weg über taube Lippen.
»Geh zurück zu deinem Freund, Bethy«, sagte Jack sanft. »Du frierst. Er wird sich Sorgen machen. Du solltest nicht hier draußen sein.«
»Genauso wenig wie du!«
»Ich komme zurecht. Das habe ich immer getan.«
Sie studierte sein Gesicht, suchte in seinen Augen nach irgendeinem Hinweis auf Drogen oder Alkohol. Aber sie wirkten klar. Wenn auch müde. Falten der Erschöpfung hatten sich in seine Stirn gegraben und ließen ihn viel älter aussehen als fünfundzwanzig. Er wirkte nicht wie ein junger Mann, sondern wie jemand, der das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern trug. Wie ein vorzeitig gealterter Mensch, der in seinen kurzen Jahren schon mehr gesehen und durchgemacht hatte als andere in der doppelten Zeit.
»Tu es für mich, Bethy. Werde glücklich. Leb in Sicherheit. Ich werde dich irgendwann besuchen. Wir halten Kontakt. Es wird Zeit, dass du in die Zukunft schaust. Ich habe dir lange genug im Weg gestanden.«
Sie war so schockiert, dass ihr die Kinnlade runterfiel. »Nein!«, flüsterte sie. »Jack, du hast mich gerettet. Du hast mir nie im Weg gestanden.
Ich
stand
dir
im Weg. Du hast dich immer um mich gekümmert, hast immer auf mich aufgepasst.«
Er schüttelte den Kopf und drehte sie sanft zur Straße um. »Wenn du das glaubst, bist du verrückt. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, Bethy. Du hast alles am Laufen gehalten. Du hast dafür gesorgt, dass wir zu essen und einen Platz zum Schlafen hatten. Ich habe nichts für dich getan.«
Tränen kullerten aus ihren Augen und gefroren auf ihren Wangen. Das hier klang zu sehr nach einem Abschied, so als wollte er sie für immer fortschicken.
»Komm. Ich besorge dir ein Taxi. Hast du Geld?«
Sie nickte wie betäubt. Jace hatte ihr welches gegeben, und sie schämte sich schrecklich, weil sie es benutzt hatte, um den Männern zu entwischen, die er zu ihrem Schutz angeheuert hatte. Aber wenn sie jetzt zurückkehren wollte, musste sie sich beeilen. Er würde außer sich sein, und sie musste ihm beichten, was sie getan hatte.
Jack geleitete sie zur Straße, wo Scheinwerfer sie blendeten, die sie nur verschwommen durch den Schleier ihrer Tränen sah. Er winkte ein vorbeifahrendes Taxi heran, es verlangsamte und hielt am
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