Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
und die Tiere folgten mir überallhin. Sie brachten weitere Artgenossen zur Siedlung. Ich wurde nie von ihnen gebissen. Auf der Jagd hatte ich eine Verletzung am Bein, und das Rudel leckte mir die Wunde. Es war eine wahre Gabe.«
    In meinem Kopf setzten sich die Puzzleteile zusammen. »Du warst ein Gestaltwandler?«
    »Ich war ein Erster«, sagte er. »Der erste Empfänger der Gabe, sodass die Macht unverdünnt in mir lebte. Wir Menschen waren damals anders. Wir hatten Magie. Sie floss in uns, in unserem Blut, in unseren Knochen. Schon bei der Geburt waren wir mit Magie getränkt.«
    »Wie bist du zu einem Gott geworden?«
    Der Schakal zuckte mit den Schultern. »Diese Erinnerungen sind verschwommen. Man erzählte abends am Feuer von meinen Taten, meinen Siegen, meinen Abenteuern. Sie hielten mich am Leben. Meine Nachkommen errichteten für mich einen Schrein aus Knochen und Stein und fragten mich in Gebeten um Rat. Meinem Stamm ging es immer besser, und je mehr die Leute beteten, desto mehr Macht gewann ich, bis ich schließlich wieder existierte.«
    »Einfach so?«
    »Einfach so. Die Menschen flehen Dinge, die mächtiger sind als sie, um Hilfe an. Sie bitten den Himmel Jahr um Jahr, es regnen zu lassen, sie bauen einen Schrein für einen Magier, der ihnen einst Regen brachte, oder für einen Ingenieur, der vor Jahrzehnten ihre Felder bewässerte, und wenn sie intensiv genug beten, erlangt ihre neue Gottheit Leben und immer mehr Macht.«
    Der Schakal blickte auf den Fluss. »Ein neues Zeitalter. ›Geschichte wird von den Siegern geschrieben‹, wie man sagt. Und es ist wahr. Schau dir die Geschichte von Apep an. Seth, der genauso heldenhaft an unserer Seite gekämpft hat wie einer von uns, wurde zum Gesicht der Dunkelheit. Bastet wurde zu einem Ungeziefervernichter reduziert. Und ich? Ich wurde zum Hüter der Leichen. Ich wurde angebetet und verehrt, aber ich war nicht annähernd so mächtig. Selbst mein Bruder Sobek, der Herr der Krokodile, war gefürchteter als ich. Dafür hasse ich ihn, und Sobek schmäht mich für mein Wissen und die Verehrung, die es mir eingebracht hat. Als für mein Volk die Zeit der Abenddämmerung anbrach, kamen die Griechen. Sie verhöhnten uns. Sie nannten mich den Kläffer. Doch am Ende waren sie die Angeschmierten. Ich überstand ihre Zeit und die der Römer, aber ich habe die Beleidigung niemals vergessen.«
    Er verstummte.
    »Das Rudel«, hakte ich nach.
    »Ich will dir erzählen, wie mein neuer Mythos lauten wird«, sagte er. »Im neuen Zeitalter der Magie, als es noch jung war, erschien eine abscheuliche Schlange, die alle Menschen in den Wahnsinn zu treiben drohte. Der Mächtige Gott Inepu und seine gesichtslosen Anhänger kämpften gegen sie, schlachteten sie ab und triumphierten. All jene, die nicht von der Schlange des Wahnsinns verschlungen werden wollen, danken dem mächtigen Inepu. Sie bitten um seinen Segen, seine Weisheit. Sie beten ihn an, damit er sie mit seiner Macht beschützt. Er ist der mächtige Krieger, der Ehrfurcht gebietende Drachentöter.«
    »Das ist ein ehrgeiziges Unterfangen.« Also sollte ich ein gesichtsloser Lakai sein, und er sollte zum Kriegergott werden.
    Der Schakal sah mich an. »Mach dir keine Illusionen. Der Gottesstatus ist wie eine Droge: Wenn man einmal davon gekostet hat, gibt es kein Zurück mehr.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum du jede Unterstützung durch das Rudel ablehnst.«
    »Weil es von einem Ersten angeführt wird«, sagte der Schakal.
    »Curran.«
    Der Schakal nickte. »Genauso habe ich angefangen, als Erster. Was ist beeindruckender, ein Schakal oder ein Löwe? Wovor fürchtest du dich mehr? Wen würdest du eher anbeten?«
    Ich blinzelte. »Hast du Angst, dass Curran dir deinen Gottesstatus streitig machen könnte?«
    »Angst ist ein zu starkes Wort. Ich fürchte mich vor nichts.« Der Schakal legte den Kopf auf die Vorderpfoten und zuckte mit einem Ohr.
    »Außer vor dem Vergessenwerden.«
    »So ist es.«
    »Und wie passt mein Körper zu deinem Plan? Würdest du dann nicht das Geschlecht wechseln?«
    »Das wäre mir egal«, sagte er. »Ob Gott oder Göttin – mir kommt es nur darauf an, mehr Macht zu gewinnen.«
    »Es gibt da nur ein Problem«, sagte ich zu ihm. »Damit der Plan aufgeht, muss Apep wiederauferstehen, und wir haben jetzt seine Schuppe.«
    »Die Schuppe ist für seine Wiederauferstehung nicht notwendig.«
    »Was? Also haben wir das alles völlig umsonst getan?«
    Der Schakal hob den Kopf. »Natürlich

Weitere Kostenlose Bücher