Geheime Macht
Chattahoochee?«, fragte Derek.
»Nein.« Jim tippte auf den Zettel. »Zu riskant. Der Chattahoochee ist zu seicht, und dort gibt es zu viele Patrouillen. Die Hälfte des Warenhandels der Stadt wird über den Fluss abgewickelt. Die Armee würde sofort Bomben abwerfen, sobald eine Riesenschlange gesichtet wird.«
»Dann hätten wir noch Seen im Norden oder …« Derek nahm eine Landkarte zur Hand. »Oder den Suwanee.«
»Der Suwanee River könnte funktionieren«, sagte Jim. »Das Wasser ist tief und schwarz.«
Ich blätterte in den Dokumenten. »Vor ein paar Wochen gab sie den Auftrag für die Auslieferung einer großen Kiste. Angeblich mit Glaswaren. Das Ziel war … Waycross.«
»Waycross in Georgia?«, fragte Jim.
»Ja.«
»Das liegt direkt am Rand des Okefenokee-Sumpfes«, sagte Derek.
»Außerdem wurden Kisten nach Augusta und Tallahassee ausgeliefert«, sagte ich.
»Wir brauchen eine Bestätigung.« Jim kramte in seinen Papieren.
Derek und ich tauchten wieder in unsere Stapel ein.
»Ein Ponton!«, verkündete Derek zwanzig Minuten später. »Sie hat ein Pontonboot gekauft.«
»Wann?« Ich sah meine Notizen über die Auslieferungen durch.
»Am vierzehnten. Sie hat es direkt bestellt.«
»Sie hat am fünfzehnten eine große Kiste mit Antiquitäten nach Folkston liefern lassen. Wo liegt Folkston?«
»Am Ostrand des Okefenokee.« Jim stand auf. »Wir haben sie.«
»Ihr dürft euch nicht einmischen«, rief ich ihm in Erinnerung.
»Nein, wir dürfen euch nicht im Kampf unterstützen«, erwiderte Jim. »Das ist ein Unterschied. Niemand hat gesagt, dass wir nicht den Sumpf überwachen und euch Hinweise geben dürfen. Du musst nicht blind in die Schlacht ziehen.«
»Ich setze mich ans Telefon«, sagte Derek.
Sie verließen den Raum.
Doolittle stellte mir einen Becher mit heißer Schokolade hin. »Trink das, bevor du gehst.«
Ich nippte daran. Das Zeug schien zur Hälfte aus Zucker zu bestehen. »Es ist köstlich.«
Doolittle tätschelte meinen Arm. »Es ist gut für dich. Ein wenig Zucker kann Wunder bewirken.«
Ein wenig?
»Danke«, sagte ich zu ihm. »Du warst immer sehr nett zu mir. Das sind nicht viele Leute. Das werde ich nie vergessen.«
»Du wirst zurückkommen.« Doolittle sah mich eindringlich an.
»Klar.« Ich erhob mich und umarmte ihn.
*
Raphael, Roman und ich nahmen die Ley-Linie, die aus Atlanta herausführte. Der magische Strom floss, ob die Magie in vollem Schwange war oder nicht, aber wenn die Technik vorherrschte, wie es jetzt der Fall war, sank die Geschwindigkeit auf läppische vierzig Meilen pro Stunde. Wir brauchten mehrere Stunden, um unser Ziel zu erreichen. Schließlich spuckte die Magie uns und unsere Fracht genau zwischen Waycross und Folkston aus, wo wir von einer Gestaltwandlerin mit einem Jeep des Rudels erwartet wurden. Sie war klein und dunkelhaarig und hatte ein paar Sommersprossen auf der Nase.
»Hier ist euer Gefährt.« Sie hielt die Schlüssel hoch, die Raphael entgegennahm. »Fahrt diese Straße entlang, biegt an der nächsten Kreuzung rechts ab, und danach nehmt ihr die zweite Straße links. So kommt ihr auf den Pier. Dort liegen zwei Pontonboote. Nehmt sie. Der Weg durch den Sumpf ist mit weißen Stoffstreifen markiert. Viel Glück.« Damit ging sie fort.
Wir luden die Fracht in den Jeep, dann mich und meine MP 5 von Heckler & Koch, die auch als Shotgun bezeichnet wurde. Roman kroch auf den Rücksitz.
Zwanzig Minuten später hielten wir vor dem Holzpier an. Vor uns krümmte sich ein schmaler Wasserlauf durch die grüne Wand aus Bäumen und Unterholz. Zwei Pontonboote schwammen auf dem Wasser, das die Farbe von schwarzem Tee hatte.
Eine Kiste stand auf dem Pier. Auf die Seite hatte jemand mit schwarzem Filzstift »Ein Geschenk von Onkel Jim« geschrieben.
Raphael öffnete den Deckel der Kiste. Darin lagen ein paar ACU s – Army Combat Uniforms – mit hübschen Zufallsmustern in Grün- und Brauntönen, perfekt für den Sumpf.
»Ich mag diesen Onkel.« Ich suchte mir die kleinste Größe heraus und zog meine Jeans aus.
Roman riss die Augen auf, als hätte er noch nie eine Frau in Unterwäsche gesehen.
Raphael warf ihm ein Bündel zu. »Steh nicht so dumm herum.«
»Willst du etwa, dass ich so etwas trage?« Roman betrachtete die Uniformen und legte die Hand auf seine Brust, als wollte er seinen schwarzen Umhang schützen. »Das ist nicht richtig.«
»Hast du ein Problem mit Hosen?«, fragte Raphael.
Roman zog seinen Umhang auseinander, unter
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