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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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tonnenbrüstigen Körper, die von sechs muskulösen, bärenartigen Beinen gestützt wurden. Sie hatten Tatzenhände und lange, bewegliche Finger mit kurzen, aber dicken elfenbeinfarbenen Krallen. Über den Rücken verlief ein schmaler Schild, und als sich eine der Kreaturen erhob, sah ich einen ähnlichen Knochengrat, der Bauch und Brust schützte. Der Schild endete in einem langen segmentierten Schwanz mit Skorpionstachel. Sie hatten große runde Köpfe mit katzenartigen Kiefern und zwei Reihen winziger Augen, die tief in den Höhlen lagen. Die Augen starrten nach vorn, nicht zur Seite. Das deutete für gewöhnlich auf ein Raubtier hin.
    Die Bestien bewegten sich schnell und sicher über die glatte Glasoberfläche, als hätten sie Kleber an den Tatzen. Die größte von ihnen war etwa einen Meter achtzig lang und musste um die dreihundert Pfund wiegen. Die kleinste hatte ungefähr die Größe eines Hundes. Das bedeutete, dass einige von ihnen Babys waren. Sehr hungrige Babys.
    Die Arbeiter wichen zurück und hoben ihr Werkzeug. Nur ein Weg führte aus der Mulde heraus, sie lag genau gegenüber, hinter dem Waggon und den Kreaturen.
    Die Horde konzentrierte sich auf die Menschen und beobachtete sie mit der Aufmerksamkeit von Raubtieren, die zu entscheiden versuchten, ob etwas als Nahrung geeignet war. Das größte Wesen hob den Kopf. Die breiten Kiefer teilten sich und offenbarten ein kleines Dickicht aus gekrümmten Fangzähnen. Fleischfresser. Natürlich.
    Die Arbeiter erstarrten.
    Die größte Bestie musterte die Menschen, drehte sich nach links, nach rechts, nach links … Muskeln spannten sich auf den Schultern.
    »Ziehen Sie sich zurück!«, rief Kyle. »Provozieren Sie sie nicht. Envy, gehen Sie da rein.«
    »Sofort«, sagte der Navigator.
    Die Bestie sprang und zielte genau in die Mitte der Menge. Die Leute zerstreuten sich und teilten sich in zwei Gruppen auf. Die acht Arbeiter, die uns am nächsten waren, liefen auf das Zelt zu, während doppelt so viele in die entgegengesetzte Richtung davonstürmten, auf die Glaswand zu.
    Die Bestie verfolgte die größere, weiter entfernte Gruppe. Einer der Wachleute, ein großer dunkelhäutiger Mann, griff sie an. Die Bestie heulte wie eine Rieseneule und ließ die Zähne aufblitzen. Der Wachmann duckte sich, holte aus und zielte auf das Genick der Bestie. Die Machete schnitt wie ein Hackbeil durch Knochen und Knorpel.
    Der halb abgetrennte Kopf hing an der Seite der Bestie. Der Blutgeruch schlug mir bitter und ekelerregend entgegen. Meine Raubtierinstinkte ruderten zurück – was auch immer das für ein Wesen war, es war keine gute Nahrung.
    Die Kreatur taumelte und stürzte um. Dunkles Blut, dickflüssig und rostrot, spritzte auf das Glas.
    Die Horde stieß heulende Alarmrufe aus.
    »So zäh sind sie doch nicht«, sagte Felipe mit hörbarer Erleichterung zu Kyle.
    Der Boden zitterte. Die Wände des Eisenbahnwaggons brachen auf. Ein Koloss befreite sich aus den Trümmern, ein riesiges Wesen mit grotesken Muskeln und Vordergliedmaßen wie Baumstämme. Ich hatte einmal einen Hund gesehen, der groß wie ein Haus war. Dieses Geschöpf war größer. Es ragte höher auf als das Bauzelt. Wie zum Henker hatte es dort überhaupt hineingepasst?
    Kyle fluchte.
    Die Bestie sah den toten Artgenossen, öffnete das Maul und brüllte. Sie sah genauso wie ihre Babys aus, abgesehen vom Knochenschild, der den größten Teil der oberen Gesichtshälfte bedeckte, als hätte jemand den Schädel herausgenommen und ihn über der hässlichen Fratze befestigt. Ihre vier Augen waren kaum größer als Pingpongbälle. Es würde sich als schwierig erweisen, mit einem Pfeil darauf zu zielen.
    »Okay«, sagte Envy. »Ich steige aus.«
    Kyles Augen traten hervor. »Ich habe Sie bezahlt, Sie Made!«
    »Aber nicht genug«, sagte Envy.
    Der Vampir packte den Navigator, warf ihn sich auf den Rücken und stürmte davon. Er sprang über die Leute und die ausweichenden Bestien hinweg. Kurz darauf war er im gläsernen Wald verschwunden.
    Kyles Gesicht wurde knallrot, als er einen plötzlichen Wutanfall bekam. Er bemühte sich, etwas zu sagen.
    Vom Gebrüll ihrer Mutter angestachelt, schlichen die Kreaturen auf die größere Gruppe zu.
    Felipe griff meinen Arm. »Helfen Sie uns!«
    »Warum?« Die Sache mit dem Dienst für die Gemeinschaft hatte ich abgehakt. Es war nicht mehr mein Job, jeden Idioten vor den Folgen seiner eigenen Dummheit zu retten. Sie hatten sich aus eigenem Antrieb in die Glasmenagerie

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