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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hineingewagt, obwohl ihnen die Risiken bekannt waren. Warum sollte ich mein Leben in Gefahr bringen, um etwas für Leute zu tun, die versucht hatten, einen Vampir auf mich zu hetzen? Ich war ihnen gar nichts schuldig. Ich brauchte nur ein paar Informationen von Kyle und musste dann zusehen, dass Ascanio und ich hier heil wieder herauskamen.
    Die Bestien umkreisten die größere Gruppe. Die Arbeiter drückten sich an die Glaswand. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis eine der Kreaturen den Mut fasste, einen Vorstoß zu wagen.
    »Bitte!« Felipe sah mich mit verzweifeltem Blick an. »Mein Sohn ist da unten.«
    Na und? Jeder war für irgendwen der Ehemann oder die Ehefrau, der Sohn oder das Baby Rory …
    Verdammt!
    Ich blickte in Felipes Gesicht und sah darin Nick. Ihre Züge hatten überhaupt keine Ähnlichkeit, aber Nick musste genauso ausgesehen haben, als man ihm mitteilte, dass seine Frau tot war. Felipe starrte mich mit entsetzt aufgerissenen Augen an, als würde er jeden Moment vor Schmerz zusammenzucken und aufschreien. Jede Falte zerfurchte sein Gesicht wie eine Narbe. All die Regeln, die die Gesellschaft den Männern auferlegte – dass sie stets tapfer sein mussten, niemals in Panik geraten durften und mit unerschütterlicher Würde durchs Leben gingen –, waren vergessen, weil er vielleicht seinen Sohn verlieren würde. Er fühlte sich hilflos. Er flehte mich an, das Leben seines Sohnes zu retten, und ich wusste, dass er ohne das geringste Zögern mit seinem Kind tauschen würde.
    Ich konnte nicht dastehen und tatenlos zusehen, wie sein Sohn lebend gefressen wurde. So war ich nicht. Jemand, der diesem Mann den Rücken zukehren würde, war ein Mensch, der ich nicht war und niemals sein wollte.
    Ich zog die Scheide vom Arm und reichte sie Ascanio. »Pfeil!«
    Er riss einen Pfeil aus dem Köcher und drückte ihn mir in die Hand. Ich legte ihn an. »Ich werde sehr schnell schießen. Halt die nächsten Pfeile bereit.«
    Ich spannte den Bogen.
    Die mutigste Bestie sprang auf den nächsten Arbeiter zu.
    Die Bogensehne und der Pfeil sangen in einem boshaften, fröhlichen Duett. Die Pfeilspitze fuhr der Kreatur in die Kehle. Sie stürzte zischend und versuchte, mit der Tatze nach dem Schaft zu schlagen. Der Pfeil summte. Ein blaues Licht erstrahlte in der Wunde, dann explodierte die Bestie.
    Ich streckte die Hand aus, und Ascanio legte einen weiteren Pfeil hinein.
    Die nächste Kreatur wurde getroffen. Kurz darauf wirbelte die zweite Explosion Stücke aus Fleisch und Knochen durch die Luft. Ich wartete nicht, bis ich die Folgen meines Schusses gesehen hatte. Ich feuerte weiter, schnell, präzise, einen Pfeil nach dem anderen.
    Die Bestien gerieten in Panik. Sie rannten zwischen ihren explodierenden Artgenossen hin und her, hieben gegenseitig mit Zähnen und Krallen aufeinander ein. Die Mutter der Kreaturen brüllte, ließ die schweren Kiefer zuschnappen, ohne zu verstehen, was ihre Babys tötete.
    »Lauft!«, schrie ich.
    Die Arbeiter stürmten los, sie rannten an der Wand entlang auf uns zu. Die Bestien verfolgten sie. Die Luft pfiff mit dem unablässigen tödlichen Chor meiner Pfeile, die ihre Ziele suchten.
    Felipe riss jemandem eine Spitzhacke aus der Hand und lief zur Gruppe hinüber. Links von mir folgte ihm eine Frau, genauso wie Tony, der Wachmann und zwei weitere.
    Eine Arbeiterin, eine kleine Frau, stolperte, stürzte und rutschte den Glasabhang hinunter. Zwei Bestien fielen über sie her und zerrissen die Frau mit kehligem, feuchtem Knurren. Ich erledigte sie mit zwei Pfeilen, aber es war schon zu spät. Die Frau stieß einen kurzen gutturalen Schrei aus, der plötzlich erstarb. Blut breitete sich auf dem Glas aus. Kurz darauf explodierte der Pfeil, und die Überreste von Mensch und Bestie gingen als blutiger Regen auf dem Glas nieder.
    Der erste Arbeiter hatte das Zelt erreicht und brach hinter mir zusammen. Die anderen folgten wenig später. Schließlich schafften es auch Felipe und der dunkelhäutige Wachmann. Beide waren blutbesudelt.
    Die Mutter der Kreaturen wandte sich in unsere Richtung. Hast du endlich deinen wahren Feind entdeckt?
    »Bildet einen Verteidigungsring!«, schrie ich. »Es wird Zeit, um unser Leben zu kämpfen! Benutzt alles, was ihr auftreiben könnt!«
    Die Arbeiter rappelten sich auf und gingen auf Position.
    Das Monster senkte den Kopf, und ich sah einen kleinen Schlitz im Schild, ein Stück über den Augen. Weiches rosafarbenes Gewebe dehnte sich und zog sich wieder zusammen,

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