Geheime Macht
Füße. »Dazu würdest du ziemlich viel Nagellack brauchen. Wie wäre es stattdessen mit goldenen Reifen in den Ohren?«
Ich grinste. »Das wäre tatsächlich eine Möglichkeit.«
»Was ist passiert?«, wollte Kate wissen.
»Ich habe heute Vormittag Raphael gesehen. Ich hatte ihn gestern Nacht angerufen, weil Jim mich beauftragt hat, den Mord an mehreren Gestaltwandlern aufzuklären, und dazu musste ich ihn befragen. Außerdem wollte ich die Gelegenheit nutzen, um mich zu entschuldigen.«
Kate nahm mir die Flasche ab und trank davon. »Wie ist es gelaufen?«
»Er hat mich durch eine bessere Version ersetzt.«
Kates Hand erstarrte, während die Flasche noch fünf Zentimeter von der Tischplatte entfernt war. »Er hat was?«
»Er hat ein neues Mädchen. Sie ist zwei Meter groß, hat Brüste wie Honigmelonen, Beine, die am Hals anfangen, gebleichtes blondes Haar, das ihr bis zum Arsch reicht, und ihre Taille hat etwa diesen Umfang.« Ich legte die Krallenspitzen von Daumen und Zeigefinger zusammen. »Sie sind verlobt.«
»Er hat sie hierher mitgebracht?«
»Sie hat genau dort gesessen.« Ich zeigte auf den zweiten Gästestuhl. »Ich spiele mit dem Gedanken, das Ding zu verbrennen.«
Kate stellte die Flasche ab. »Hast du ihn verprügelt?«
»Nein.« Ich nahm einen tiefen Schluck. Der Alkohol brannte mir auf der Zunge. »Nachdem er mir erklärt hat, dass die beste Eigenschaft seines neuen Schätzchens darin besteht, dass sie nicht ich ist, hatte ich den Eindruck, dass es buchstäblich vergebliche Liebesmüh gewesen wäre.«
»Ist sie eine Gestaltwandlerin?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ein Mensch. Keine Kämpferin. Auch nicht besonders helle. Ich weiß schon, was du jetzt sagen wirst – ich bin selber schuld.«
»Du warst es, die sich aus seinem Leben verabschiedet hat«, sagte Kate. »Auch aus meinem Leben hast du dich eine ganze Weile verabschiedet.«
»Ja, ja.« Ich atmete einmal tief durch. Jetzt gab es für mich nichts mehr, womit ich die Qualen verdrängen konnte. Kein Entkommen. Der Schmerz nistete sich in meiner Brust ein und kratzte mit kleinen scharfen Krallen an mir.
»Willst du um ihn kämpfen?«, fragte Kate.
Ich sah sie an. »Was?«
»Willst du um ihn kämpfen oder dich auf den Rücken rollen und dich geschlagen geben?«
»Das sagst ausgerechnet du? Wie lange hat es gedauert, bis du und Curran nach dem Desaster mit dem Abendessen wieder miteinander gesprochen habt? Waren es drei Wochen oder mehr als ein Monat?«
Kate zog die linke Augenbraue hoch. »Das war etwas ganz anderes. Das war ein Missverständnis.«
»Ach so.«
»Raphael ist mit seiner neuen Tussi zu dir gekommen, nachdem du ihn angerufen und ein Friedensangebot unterbreitet hast. Das ist ein Schlag ins Gesicht.«
»Das musst du mir nicht sagen. Ich weiß es selber.« Ein Knurren kam tief aus meiner Kehle.
»Und was willst du deswegen unternehmen?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Nichts ist umsonst«, sagte Kate. »Wenn du etwas haben willst, musst du darum kämpfen.«
Das sagte eine Frau, die zweiundzwanzig Gestaltwandler hatte besiegen müssen, um an Currans Seite bleiben zu können. Also war es eine Aussage, die auf viel Lebenserfahrung basierte.
»Ich denke noch darüber nach.« Ob ich um Raphael kämpfen wollte. Was er mir angetan hatte, war grausam. Es tat weh, und ich sehnte mich nach Rache. Aber gleichzeitig dachte ich, dass ich kein Recht hatte, seinem neuen Glück im Weg zu stehen. Was auch immer Rebecca ihm gab, er brauchte es offensichtlich, denn andernfalls hätte er niemals Pläne für ihre Verlobung geschmiedet. »Und wie war dein Tag?«
»Ich hatte eine wilde Orgie mit ein paar Vamps und einem Riesenkerl, der mich kräftig von hinten rangenommen hat.«
Ich starrte sie an. Kate war der letzte Mensch, von dem ich einen solchen Witz erwartet hätte. Seit sie liiert war, hatte sich definitiv etwas in ihr gelockert. »So gut?«
»Ja.«
»Ich habe noch einen Vamp für dich«, sagte ich zu ihr. »Der Körper liegt im Gefrierschrank.«
Kate zeigte ein irres Grinsen. »So etwas ist nicht gut für dich.«
»Das ist ein Bestechungsversuch, weil du meine psychotische Auszeit akzeptiert hast.«
Ein Wagen hielt vor dem Büro.
»Das ist mein Fahrdienst«, sagte Kate.
Die Tür ging auf, und Curran schob sich hindurch. Er war muskulös und kräftig gebaut, als hätte er jeden Tag um sein Leben gekämpft – was gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Curran bewegte sich wie ein Tier, das
Weitere Kostenlose Bücher