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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Tür schwang auf, und Kate spazierte herein. Ihre Jeans und das T-Shirt waren mit Blut bespritzt, und sie hielt einen abgetrennten Vampirkopf in der Hand. Auf dem T-Shirt war ein Smiley-Gesicht.
    In meinem natürlichen ungebräunten Zustand war ich recht blass. Wenn man mich in einen stockfinsteren Raum steckte, würde mein Gesicht wahrscheinlich wie der Vollmond leuchten. Deshalb setzte ich mich möglichst regelmäßig einer Sonnenstrahlendosis aus, die mir eine leichte Hautpigmentierung bescherte, die ich für mich gern als Goldbräune bezeichnete. Bei meiner Lieblingskosmetikfirma Sorcière, die eine gewisse kannibalistische Tendenz an den Tag legte, wenn es um die Bennenung der Hautfarbtöne nach Nahrungsmitteln ging, hieß mein Bräunungsgrad »Creme«. Creme war nur einen Hauch dunkler als der hellste Ton, der »Milch« hieß. Wenn ich mich gründlich grillte, konnte ich es bis »Vanille« schaffen, was auf ein helles Beige hinauslief. Juhu!
    Kate würde mindestens »dunklen Honig« als Grundierung benötigen. Das wusste ich, weil ich ihr vor einigen Wochen hatte erklären müssen, was Abdeckcreme war und warum sie sie nicht gegen den eigenartigen Hautausschlag benutzen konnte, den wir bekamen, nachdem wir seltsame Rattenwesen aus einem alten Lagerhaus vertrieben hatten. Die Anwendung von Abdeckcreme und Grundierung erwies sich bei Kate als kontraproduktiv, weil ihr das Zeug schon nach fünf Minuten auf die Nerven ging und sie sich das Gesicht rieb, bis sie aussah wie ein Clown, den man im Dunkeln geschminkt hatte.
    Ihr Haar, das sie zu einem langen Zopf geflochten hatte, war schokoladenbraun, und auch ihre Augen waren recht dunkel, eingerahmt von dichten schwarzen Wimpern und eigentümlich geschnitten, ungewöhnlich groß, aber länglich mit geschwungenen Augenwinkeln. Als wir uns zum ersten Mal begegnet waren, hatte ich sie eine ganze Weile angestarrt, während ich herauszufinden versuchte, was sie darstellte. In ihr war ein Hauch Indien, vielleicht auch Arabien, möglicherweise sogar ein wenig Asien. Sie konnte es mühelos so oder so drehen, je nach Make-up, das sie jedoch nur selten benutzte.
    Der erste Eindruck, den Kate erweckte, war »Kämpferin«, vielleicht sogar Söldnerin. Sie war fünfzehn Zentimeter größer als ich und bestand nur aus Muskeln. Nun gut, sie hatte durchaus Brüste, aber hauptsächlich waren es Muskeln. Sie bewegte sich wie ein Raubtier, und wenn sie sauer wurde, umgab sie Aggression wie ein heißer Atemhauch an einem Winterabend. Trotzdem blickten die Männer ihr nach. Bis sie ihre Augen sahen. Kates Augen waren verrückt. Es war jene tief verborgene Verrücktheit, die einem sagte, dass man nie wissen konnte, was sie als Nächstes tun würde. Aber ganz gleich, was sie tat, den bösen Jungs würde es gar nicht gefallen.
    Kate musterte mich eine gute Sekunde lang. »Hallo.«
    Ich grüßte sie mit der Flasche. »Hallo.«
    Kate ging in die Küche, nahm eine Keramikschüssel aus dem Schrank unter der Spüle, legte den Vampirkopf hinein und wusch sich die Hände. Sie kehrte zurück, streifte die Scheide mitsamt Schwert vom Rücken, hing sie über meinen Gästestuhl und ließ sich dann in selbigen fallen.
    »Was trinkst du da?«
    »Georgia-Peach-Eistee. Willst du auch was?« Ich hielt ihr die Flasche mit meinen Krallentatzen hin.
    »Klar.« Sie nahm einen Schluck, dann verzog sie das Gesicht und hustete. »Was zum Teufel ist da drin?«
    Ha! Weichei! »Wodka, Gin, Rum, Orange, Zitrone und Pfirsichschnaps. Viel Pfirsichschnaps.«
    »Wirst du davon tatsächlich betrunken?«
    »Irgendwie schon.« Mit Lyc-V war es nicht einfach, sich zu betrinken. »Der Rausch hält etwa dreißig Sekunden lang an, und dann muss ich einen neuen Schluck nehmen.«
    Kate lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Wo ist der Fluch meiner Existenz?«
    »Unter der Dusche, um sich frisch zu machen.«
    »Oh, Gott, wen hat Ascanio diesmal gevögelt?«
    »Nein, er ist nur völlig mit Blut besudelt.«
    »Ach so.« Sie seufzte und hielt kurz inne. »Der Junge ist mit Blut besudelt, und wir reagieren erleichtert. Etwas stimmt nicht mit uns.«
    »Erzähl mir mehr darüber«, sagte ich und nahm einen weiteren Schluck. »Du darfst auch gern auf meine Tiergestalt eingehen.«
    »Sie gefällt mir«, sagte Kate. »Die zerrissenen Hosen und das blutige T-Shirt geben dem Ganzen eine besondere Note.«
    Ich wackelte mit den Zehen. »Ich überlege, ob ich meine Krallen in einem hübschen Rosaton lackieren soll.«
    Kate blickte auf meine

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