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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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einem Postfach residierte.
    »Wie, ihr großer Abend?«
    »Ihr Empfang, Sir. Sie ist befördert worden. Sie macht Karriere. Sie ist eine Spitzenjournalistin.«
    »Aha. Und wie geht’s jetzt weiter? Kommen Sie mit, oder laufen Sie nach Hause zu Mami und lassen uns im Regen stehen?«
    Zu meinem Retter in der Not wurde ausgerechnet Thorne the Horn, Thorne und seine zahlreichen Vorg änger, Thorne und all die Hühnchen, die ich metaphorisch dem Abfallhäcksler überantwortet oder eben nicht überantwortet hatte. Ein Gedanke an ihn, und meine Stimmung schlug neuerlich um, Scham erfaßte mich, daß ich in einem Augenblick der Schwäche über läppischen Sentimentalitäten unser hehres Ziel aus den Augen verloren hatte. Flankiert von Benny und Anton, folgte ich Maxie zu dem wartenden Hubschrauber. Benny, der Riese, hievte mich die Stufen hinauf und durch die Türöffnung, Anton drückte mich auf einen Fensterplatz und pflanzte sich daneben. Maxie quetschte sich neben den Piloten und setzte einen Kopfh örer auf.
    Pl ötzlich waren wir die Realität gewordene Fram. Das Kraftwerk Battersea versank unter uns im Boden und nahm den Prince of Wales Drive mit sich. Wir waren sechshundert Fuß über der wirklichen Welt, auf dem Weg nach Norden. Während wir über den Stau in der verstopften Park Lane hinwegglitten, warf ich einen Blick auf das Lord’s Cricket-Stadion, aber es wurde nicht gespielt. Mein Herz fing wild zu klopfen an, als ich das Krankenhaus erkannte, in dem ich gestern abend am Bett eines Sterbenden neu geboren worden war. Ich verrenkte mir den Hals nach ihm, bis es am Horizont verschwand. Mir kamen die Tränen, ich machte die Augen zu und muß wohl ein paar Minuten eingeschlafen sein, denn als ich wieder um mich blickte, stiegen vor uns die Lichter des Flughafens Luton auf, um uns zu verschlingen, und ich hatte nur noch den einen Wunsch, Hannah anzurufen, und wenn es das letzte war, was ich tat.
    * * *
    Jeder Flughafen, das wei ß ich jetzt, hat eine helle und eine dunkle Seite. In der Ferne landeten und starteten ganz normale Maschinen, aber in dem abgezäunten Bereich, durch den wir liefen, war das lauteste Geräusch das Klappern meiner geborgten Schuhe. Feucht sank die Abenddämmerung herab. Vor uns lag ein grüner Schuppen, zwischen Erdwällen eingesunken, die T üren einladend geöffnet. Darin herrschte eine Stimmung wie in einer Exerzierhalle. Acht wehrtaugliche weiße Männer in Freizeitkleidung standen herum, Seesäcke vor ihren Füßen. Maxie ging von einem zum anderen, brachte hier ein Schulterklopfen an, dort einen beidhändigen afrikanischen Händedruck. Ich sah mich nach einem Münztelefon um, vergeblich. Was hätte ich auch hineinstecken sollen?
    »Wo bleibt Spider, verdammt?«
    »Muß jede Sekunde aufkreuzen, Skipper«, lautete Antons respektvolle Antwort. »Sein Wagen pfeift aus dem letzten Loch, sagt er.«
    Ich ersp ähte eine Tür mit der Aufschrift Zutritt nur für Personal und ging hinein. Auch hier kein Telefon. Als ich wieder herauskam, unterhielt Maxie sich mit einem mißmutigen Mann im langen Trenchcoat und mit einer schiefsitzenden schwarzen Baskenmütze auf dem Kopf, der in der Ecke stand und einen großen Aktenkoffer an sich preßte. Die beiden versuchten, sich auf Französisch zu verständigen. Das von Maxie, wie er mir schon angekündigt hatte, war schauerlich. Ob der andere womöglich der mysteriöse Philip beziehungsweise Philippe war? Ich hatte weder Zeit noch Lust, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Ein junger Mann im Trainingsanzug sammelte die Handys ein, klebte Namensschilder darauf, packte sie in einen Pappkarton und verteilte als Quittung Garderobenscheine. Mit jedem Gerät, das in dem Karton landete, sah ich meine Chancen schwinden.
    Ich appellierte an Anton: »Entschuldigung, aber ich müßte ganz dringend noch mal telefonieren.«
    »Nämlich mit wem, Chef?«
    »Mit meiner Frau.«
    »Und warum müssen wir mit unserer Frau telefonieren, wenn man fragen darf? Ich hab seit acht Jahren nicht mit meiner geredet.«
    »Wir haben einen Notfall in der Familie. Ein guter Freund von uns ist krank. Sie sitzt an seinem Bett. Meine Frau. Im Krankenhaus. Pflegt ihn. Er liegt im Sterben.«
    Maxie lie ß seinen Franzosen stehen und mischte sich in unser Gespräch. Dem Mann entging anscheinend gar nichts.
    »Und wo liegt er im Sterben, alter Junge?«
    »Im Krankenhaus, Sir.«
    »Was hat er?«
    »Sein Blutbild ist aus dem Tritt. So komplett offenbar, daß nichts mehr zu machen ist.«
    »Was

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