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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Kniff die Augen zusammen. Spürte, wie meine Schultern bebten, während ich mein Schluchzen unterdrückte.
    Irgendwie schienen meine Knochen nachzugeben, und ich klappte zusammen. Sank, mit den Schultern zuerst, gegen die Wand, hätte mich am liebsten in Luft aufgelöst.
    Und dort blieb ich liegen. Reglos. Stellte mir vor, wie Teddy oder Deborah oder beide mich im dunklen Korridor fanden, als sie zu Bett gingen. Wie Mr Boyle gerufen wurde, um mich in mein Zimmer zu tragen. Und empfand nichts. Keine Scham. Kein Pflichtbewusstsein. Denn welche Rolle spielte es schon? Welche Rolle spielte überhaupt noch irgendetwas?
    Dann, irgendwo im Untergeschoss, lautes Krachen. Teller und Besteck.
    Ich hielt den Atem an. Riss die Augen auf. Kehrte plötzlich zurück in die Gegenwart.
    Natürlich spielte es eine Rolle. Hannah spielte eine Rolle. Jetzt brauchte sie mich mehr denn je. Jetzt, wo sie ohne Robbie nach Riverton zurückkehren musste.
    Ich atmete zitternd aus. Straffte meine Schultern und schluckte.
    Es würde niemandem helfen, wenn ich vor Selbstmitleid verging und meine Pflichten nicht mehr erfüllen konnte.
    Ich drückte mich von der Wand ab, stand auf, glättete meinen Rock und rückte meine Manschetten zurecht. Wischte mir die Augen.
    Ich war eine Zofe. Nicht irgendein Dienstmädchen. Auf mich musste Verlass sein. Ich konnte es mir nicht leisten, mich derart gehen zu lassen.

    Noch einmal atmete ich aus. Ganz tief. Entschlossen. Nickte mir selbst zu und ging mit großen, selbstbewussten Schritten den Korridor entlang.
    Als ich die Stufen zu meinem Zimmer hinaufstieg, schlug ich die Tür in meinem Innern zu, durch die ich einen flüchtigen Blick erhascht hatte auf den Ehemann, das Haus und die Kinder, die ich einmal hätte haben können.

Zurück auf Riverton
    U rsula ist gekommen, wie sie es versprochen hat. Wir fahren über die kurvenreiche Landstraße nach Saffron Green. Schon bald werden wir hinter einer Biegung die Schilder sehen, die Touristen auf Riverton willkommen heißen. Ich betrachte Ursulas Gesicht, während sie fährt; sie lächelt mir zu, um sich dann wieder auf die Straße zu konzentrieren. Ihre Bedenken, ob dieser Ausflug wirklich eine gute Idee ist, hat sie beiseitegeschoben. Sylvia war nicht sonderlich erfreut darüber, aber sie hat versprochen, der Heimleiterin nichts davon zu sagen und Ruth notfalls zu beschwichtigen. Wahrscheinlich ahnen sie, dass das meine letzte Gelegenheit ist. Dass es zu spät ist, sich um meine Zukunft zu sorgen.
    Das eiserne Tor steht offen. Ursula biegt in die Auffahrt ein, und wir fahren den gewundenen Weg zum Haus hinauf. Es ist dunkel, in dem Tunnel aus Baumkronen regt sich nichts, es ist so merkwürdig still, wie ich es in Erinnerung habe, als lauschten die Bäume auf irgendetwas. Nach der nächsten Biegung liegt das Haus vor uns. Wie so viele Male zuvor: An meinem ersten Tag auf Riverton, als ich vierzehn Jahre alt und noch völlig naiv war; am Tag des Theaterstücks, als ich voller Erwartung vom Besuch bei meiner Mutter zurückkehrte; am Abend nach Alfreds Heiratsantrag und an jenem Morgen im Jahr 1924, als wir
aus London nach Riverton zurückkehrten. Der Tag heute ist für mich irgendwie wie nach Hause kommen.
    Zwischen der Einfahrt und dem Brunnen mit Eros und Psyche befindet sich jetzt ein betonierter Parkplatz. Ursula kurbelt das Fenster auf der Fahrerseite herunter, als wir uns dem Kassenhäuschen nähern. Sie wechselt ein paar Worte mit dem Wachmann, der uns anschließend durchwinkt. Weil ich offensichtlich zu gebrechlich bin, wird ihr gestattet, mich zuerst abzusetzen, bevor sie einen Parkplatz sucht. Sie fährt den Wendekreis entlang – der jetzt mit Asphalt anstatt mit Kies bedeckt ist – und hält direkt vor dem Eingang. Ursula führt mich zu einer kleinen eisernen Gartenbank neben dem Portikus, damit ich mich setzen kann, und geht zum Wagen zurück.
    Ich denke gerade an Mr Hamilton, frage mich, wie oft er wohl vor seinem Herzinfarkt im Frühjahr 1924 die Haustür geöffnet haben mag. Und da passiert es.
    »Wie schön, dass du wieder hier bist, Grace.«
    Als ich in die wässrige Sonne (oder tränen meine Augen nur?) blinzle, steht er da, auf der obersten Stufe.
    »Mr Hamilton«, erwidere ich. Natürlich halluziniere ich, aber es erscheint mir unhöflich, einen alten Gefährten einfach zu ignorieren, auch wenn er schon seit sechzig Jahren tot ist.
    »Wir haben uns oft gefragt, wann wir dich wiedersehen würden, Mrs Townsend und ich.«
    »Wirklich?« Mrs

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