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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Enden des Tischs, während Nancy, Katie und ich auf Stühlen hockten und mit zusammengekniffenen Augen auf die Schals starrten, die wir pflichtbewusst strickten. Ein eisiger Wind rüttelte an den Fensterscheiben, und ein rebellischer Luftzug ließ Mrs Townsends Einweckgläser auf den Regalen wackeln.
    Mr Hamilton legte kopfschüttelnd die Times beiseite, nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen.
    »Schon wieder schlechte Nachrichten?« Mrs Townsend, die gerade dabei war, die Speisenfolge für das Weihnachtsdinner zu planen, blickte von ihrem Notizbuch auf, die Wangen vom Feuer gerötet.
    »Die schlimmsten, Mrs Townsend.« Er setzte seine Brille wieder auf. »Weitere Verluste bei Ypern.« Er stand auf und trat an die Anrichte, wo er auf einer Karte von Europa mithilfe von Zinnsoldaten – wahrscheinlich Davids alte Sammlung vom Dachboden – die jeweiligen Schlachten nachstellte. Er entfernte den Duke of Wellington
von einer Stelle in Frankreich und ersetzte ihn durch zwei deutsche Husaren. »Das gefällt mir alles ganz und gar nicht«, murmelte er vor sich hin.
    Mrs Townsend seufzte. »Und mir gefällt das hier nicht.« Sie pochte mit dem Zeigefinger auf ihr Notizbuch. »Wie soll ich ein Weihnachtsfestessen zubereiten, wenn es keine Butter gibt, keinen Tee und noch nicht mal einen anständigen Truthahn?«
    »Kein Truthahn?« Katie starrte sie mit offenem Mund an.
    »Nicht mal eine Keule.«
    »Aber was werden Sie dann kochen?«
    Mrs Townsend schüttelte den Kopf. »Nun reg dich mal nicht auf, Mädel. Ich werde schon eine Lösung finden. Das tue ich doch immer, nicht wahr?«
    »Ja, Mrs Townsend«, erwiderte Katie ernst. »Das stimmt allerdings.«
    Mrs Townsend schaute sie mit zusammengekniffenen Augen an, vergewisserte sich, dass keine Ironie im Spiel war, und beugte sich wieder über ihre Aufzeichnungen.
    Ich versuchte, mich auf meine Handarbeit zu konzentrieren, aber nachdem ich in drei Reihen hintereinander jeweils eine Masche hatte fallen lassen, legte ich mein Strickzeug frustriert beiseite und stand auf. Etwas ging mir schon den ganzen Abend nicht aus dem Kopf. Etwas, das ich im Dorf beobachtet und nicht verstanden hatte.
    Ich strich meine Schürze glatt und ging zu Mr Hamilton, der, so schien es mir, einfach alles wusste.
    »Mr Hamilton?«, sagte ich schüchtern.
    Er drehte sich zu mir um, betrachtete mich über seine Brille hinweg, den Duke of Wellington immer noch zwischen den langen Fingern. »Ja, Grace?«
    Ich warf einen Blick zu den anderen hinüber, die immer noch in ihr Gespräch vertieft waren.

    »Was gibt’s, Mädel?«, fragte Mr Hamilton. »Hast du deine Zunge verschluckt?«
    Ich räusperte mich. »Nein, Mr Hamilton«, sagte ich. »Es ist nur … Ich wollte Sie was fragen. Wegen etwas, das ich heute im Dorf gesehen hab.«
    »Ja?«, sagte er. »Nur zu.«
    Ich schaute zur Tür. »Wo ist Alfred, Mr Hamilton?«
    Er runzelte die Stirn. »Er ist oben und serviert den Sherry. Warum? Was hat Alfred damit zu tun?«
    »Es ist nur … Ich hab Alfred heute im Dorf gesehen …«
    »Ja. Er war dort, um etwas für mich zu besorgen.«
    »Ich weiß, Mr Hamilton. Ich hab ihn gesehen. Bei McWhirter’s. Und ich hab ihn gesehen, als er wieder aus dem Laden kam.« Ich presste die Lippen zusammen. Eine unerklärliche Hemmung ließ mich zögern, den Rest auszusprechen. »Jemand hat ihm eine weiße Feder gegeben, Mr Hamilton.«
    »Eine weiße Feder?« Mr Hamiltons Augen weiteten sich, und der Duke of Wellington landete unsanft auf dem Tisch.
    Ich nickte und musste daran denken, wie Alfreds Auftreten sich verändert hatte, wie seine Unbekümmertheit ganz plötzlich verflogen war. Mit der Feder in der Hand war er wie benommen stehen geblieben, während die Passanten ihren Schritt verlangsamten und leise miteinander tuschelten. Dann war Alfred mit hängenden Schultern und eingezogenem Kopf davongeeilt.
    »Eine weiße Feder?« Zu meinem Entsetzen sprach Mr Hamilton die Worte so laut aus, dass die anderen sie hören konnten.
    »Was ist los, Mr Hamilton?« Mrs Townsend lugte über ihre Brille hinweg zu uns herüber.
    Er fuhr sich mit einer Hand über eine Wange und über
die Lippen. Dann schüttelte er ungläubig den Kopf. »Alfred hat eine weiße Feder erhalten.«
    »Nein«, stieß Mrs Townsend hervor und schlug sich mit der Hand auf die Brust. »Er doch nicht. Keine weiße Feder. Nicht unser Alfred.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Nancy.
    »Grace hat es gesehen«, sagte Mr Hamilton. »Heute Morgen im Dorf.«
    Ich

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