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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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meine Aufmerksamkeit falsch deuten. Und dennoch verursachte mir die Vorstellung, dass er mich anschaute, ein wohliges Prickeln.
    So ging es schon seit Tagen. Etwas spielte sich zwischen uns ab, das ich nicht hätte benennen können. Die Unbefangenheit, mit der wir uns anfangs begegnet waren, hatte sich in Luft aufgelöst und war einer Scheu gewichen, die häufig zu Irrtümern und Missverständnissen führte. Ich fragte mich, ob die Sache mit der weißen Feder schuld daran war. Vielleicht hatte er mich auf der Straße gaffen sehen, oder schlimmer noch, vielleicht hatte er erfahren, dass ich diejenige gewesen war, die es Mr Hamilton und den anderen gegenüber ausgeplaudert hatte.
    Ich konzentrierte mich darauf, das Buch in meinem Schoß übertrieben gründlich abzuwischen und betont in eine andere Richtung zu schauen, durchs Geländer und auf die Bühne unter uns. Wenn ich Alfred ignorierte, würde meine Befangenheit vielleicht einfach ebenso unbemerkt vergehen wie die Zeit.
    Als ich den Hartfords wieder zusah, fühlte ich mich, als hätte ich den Faden verloren: wie eine Zuschauerin, die während der Vorstellung eingeschlafen ist und nach
dem Aufwachen feststellt, dass das Bühnenbild sich geändert hat und das Stück bereits im nächsten Akt angekommen ist. Ich lauschte auf ihre Stimmen, die fremd und wie von fern durch das Winterlicht an meine Ohren drangen.
    Emmeline zeigte Robbie gerade das Tablett mit Mrs Townsends Süßigkeiten, während die anderen beiden über den Krieg diskutierten.
    Hannah blickte verdattert von einem silbernen Stern auf, den sie an einem Tannenzweig befestigen wollte. »Und wann reist du ab?«
    »Anfang des Jahres«, sagte David mit vor Aufregung geröteten Wangen.
    »Aber wann hast du dich …? Seit wann …?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich denke schon lange darüber nach. Du kennst mich ja, ich liebe das Abenteuer.«
    Hannah schaute ihren großen Bruder an. Sie war enttäuscht über Robbies plötzliches Auftauchen und darüber, dass das SPIEL dadurch ins Wasser gefallen war, aber dieser neuerliche Verrat traf sie wesentlich härter. Ihre Stimme klang eiskalt. »Weiß Papa Bescheid?«
    »Eigentlich nicht«, sagte David.
    »Er wird dich nicht gehen lassen.« Wie erleichtert sie klang, wie überzeugt.
    »Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben«, entgegnete David. »Er wird erst mitbekommen, dass ich weg bin, wenn ich mich längst auf französischem Boden befinde. «
    »Und was ist, wenn er von deinen Plänen erfährt?«
    »Das wird er nicht«, sagte David, »weil es ihm niemand sagen wird.« Er sah sie durchdringend an. »Aber er kann mir erzählen, was er will, er kann mich nicht aufhalten. Ich werde mich nicht umstimmen lassen. Ich werde mir den Spaß nicht entgehen lassen, bloß weil er
das getan hat. Ich bin mein eigener Herr, und es wird Zeit, dass Papa das einsieht. Nur weil er sein Leben verpfuscht hat …«
    »David«, fauchte Hannah.
    »Es stimmt«, sagte David, »auch wenn du das nicht begreifst. Sein Leben lang steht er schon unter Großmutters Fuchtel, er hat eine Frau geheiratet, die ihn nicht ausstehen konnte, jedes Geschäft, das er anfängt, geht pleite …«
    »David!«, wiederholte Hannah noch einmal, und ich konnte ihre Empörung regelrecht spüren. Sie warf einen Blick zu Emmeline hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie sich außer Hörweite befand. »Du besitzt keinen Funken Loyalität. Du solltest dich schämen!«
    David hielt ihrem Blick stand und antwortete leise: »Ich werde nicht zulassen, dass er seine Verbitterung auf mich überträgt. Er tut mir nur noch leid.«
    »Wovon redet ihr?« Das war Emmeline, die plötzlich mit einer Handvoll kandierter Mandeln vor ihnen stand. Sie runzelte die Stirn. »Ihr streitet euch doch nicht, oder?«
    »Natürlich nicht«, sagte David, der sich ein schwaches Lächeln abrang, während Hannah ihn wütend anfunkelte. »Ich habe Hannah nur erzählt, dass ich nach Frankreich gehe. In den Krieg.«
    »Wie aufregend! Gehen Sie auch, Robbie?«
    Robbie nickte.
    »Ich hätte es mir denken können«, sagte Hannah.
    David ignorierte ihre Bemerkung. »Einer muss schließlich auf diesen Kerl hier aufpassen.« Er grinste Robbie an. »Außerdem will ich ihm nicht den ganzen Spaß allein überlassen.« Ich meinte etwas in seinem Blick zu erkennen, während er das sagte. Bewunderung vielleicht? Zuneigung?

    Hannah hatte es auch gesehen. Ihre Lippen spannten sich. Für sie war bereits klar, wen sie für Davids Verrat verantwortlich

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