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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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des Königs gehörte. Ich bin sicher, dass ich nicht die Einzige war, die sich in solcher Hochstimmung befand. Mir war aufgefallen, dass Nancy sich besondere Mühe mit ihrer Frisur gegeben und ihren langen Pferdeschwanz zu einem komplizierten Knoten hochgesteckt hatte, fast so wie unsere Mistress. Selbst Katie hatte sich bemüht, ihre wilden Locken zu zähmen.
    Als wir ankamen, wimmelte es auf dem Bahnhof nur so von Soldaten und deren Angehörigen. Liebespaare
umarmten sich, Mütter fuhren noch einmal glättend über die neuen Uniformen ihrer Söhne, und Väter reckten ihre stolzgeschwellte Brust. Das Rekrutierungsbüro von Saffron Green hatte sich selbst übertroffen und im vergangenen Monat eine große Rekrutierungskampagne veranstaltet. Überall an den Laternenmasten hingen noch die Plakate mit Lord Kitcheners ausgestrecktem Zeigefinger. Die Männer würden zu einem Sonderbataillon zusammengestellt werden, hatte Alfred mir erklärt, den Saffron Lads, und sie würden alle zusammen eingesetzt werden. Er meinte, es sei besser, wenn sich die Männer schon kannten, die später Seite an Seite kämpfen würden.
    Der wartende Zug glänzte in Schwarz und Messing und stieß zur Feier des Tages hin und wieder ungeduldig eine wichtigtuerische Dampfwolke aus. Alfred trug seinen Tornister auf den Bahnsteig, dann blieb er stehen. »Tja, Mädels«, sagte er. »Am besten, wir bringen’s gleich hier hinter uns.«
    Wir nickten, während wir den Trubel auf uns wirken ließen. Irgendwo am Ende des Bahnsteigs, dort, wo die Offiziere sich sammelten, spielte eine Kapelle. Nancy winkte einem strengen Zugschaffner zu, der ihren Gruß mit einem kurzen Nicken erwiderte.
    »Alfred«, flötete Katie, »ich hab was für dich.«
    »Wirklich?«, sagte Alfred. »Das ist aber nett von dir.« Er hielt ihr seine Wange hin.
    »Ach, Alfred«, seufzte Katie, und ihre Wangen nahmen die Farbe reifer Tomaten an. »Ich meinte doch keinen Kuss .«
    Alfred zwinkerte Nancy und mir zu. »Na, da bin ich aber enttäuscht, Katie. Ich dachte schon, du wolltest mir zum Abschied etwas schenken, woran ich mich erinnern kann, wenn ich weit weg von zu Hause bin.«

    »Das will ich auch.« Katie hielt ein zusammengeknülltes Geschirrtuch hoch. »Hier.«
    Alfred hob verblüfft eine Braue. »Ein Geschirrtuch? Vielen Dank, Katie. Das wird mich ganz bestimmt an zu Hause erinnern.«
    »Das ist kein Geschirrtuch«, sagte Katie. »Na ja, eigentlich schon. Aber es ist nur die Verpackung. Sieh mal nach, was drin ist.«
    Alfred schlug die Ecken des Tuchs zurück, und zum Vorschein kamen drei Stücke von Mrs Townsends Biskuitkuchen.
    »Er ist ohne Butter und ohne Sahne gemacht, wegen der Rationierungen«, sagte Katie. »Aber er schmeckt trotzdem nicht schlecht.«
    »Und woher weißt du das?«, fragte Nancy hinterhältig. »Mrs Townsend wird nicht erfreut sein, wenn sie merkt, dass du wieder aus der Vorratskammer genascht hast.«
    Katies Unterlippe begann zu zittern. »Ich wollte doch bloß Alfred ein Abschiedsgeschenk geben.«
    »Ja«, erwiderte Nancy etwas versöhnlicher. »Dann ist es wohl entschuldbar. Aber nur dieses eine Mal, weil Alfred in den Krieg zieht.« Sie wandte sich an Alfred. »Grace und ich haben auch was für dich. Nicht wahr, Grace? Grace?«
    Ganz hinten am Ende des Bahnsteigs hatte ich ein paar vertraute Gesichter entdeckt: Emmeline und Dawkins, Lord Ashburys Chauffeur, inmitten von lauter jungen Offizieren in schicken Uniformen.
    »Grace?« Nancy fasste mich am Arm und schüttelte mich. »Ich hab Alfred gerade gesagt, dass wir ein Geschenk für ihn haben.«
    »Ah, ja.« Ich langte in meine Tasche und reichte Alfred ein kleines, in braunes Papier eingeschlagenes Päckchen.
    Alfred lächelte und wickelte es vorsichtig aus.
    »Ich hab die Socken gestrickt und Nancy den Schal«, sagte ich.
    »Oh«, sagte Alfred. »Die sind ja wunderschön.« Er nahm die Socken in die Hand und schaute mich an. »Ich werde bestimmt an dich denken – an euch alle drei –, wenn ich es schön warm habe, während die anderen Jungs frieren. Die werden mich um meine drei Mädchen beneiden: die besten in ganz England.«
    Er packte die Geschenke in seinen Tornister, dann faltete er das Einpackpapier säuberlich zusammen und gab es mir. »Hier Grace. Mrs T. wird sich schon genug aufregen, wenn sie entdeckt, dass ein paar Stücke von ihrem Kuchen fehlen, da wollen wir doch nicht, dass sie auch noch nach ihrem Backpapier suchen muss.«
    Ich nickte, stopfte das Papier in meine Tasche, spürte

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