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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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mich wohl geirrt. Du weißt also doch, was ich meine.« Und dann schaute sie lächelnd aus dem Fenster.
    Ich wusste nicht recht, wie es passiert war, warum meine spontane Antwort sie so erfreut hatte, und es war mir auch nicht wichtig. Ich wusste nur, dass ich mich jetzt im warmen Glanz einer ganz neuen Beziehung sonnte.
    Ich legte die Bürste wieder auf den Frisiertisch und wischte mir die Hände an meiner Schürze ab. »Nancy sagte, Sie würden heute Ihr Straßenkostüm anziehen, Miss.«
    Dann holte ich das Kostüm aus dem Schrank, trug es zum Frisiertisch hinüber und hielt ihr den Rock hin, sodass sie hineinsteigen konnte.
    In diesem Augenblick öffnete sich eine tapezierte Tür neben dem Bett, und Emmeline kam herein. Von meinem Platz zu Hannahs Füßen sah ich, wie sie das Zimmer durchquerte. Emmeline besaß eine Schönheit, die sie älter wirken ließ. Etwas in ihren großen blauen Augen, ihren vollen Lippen, selbst in der Art, wie sie gähnte, verlieh ihr einen Ausdruck träger Reife.
    »Wie geht’s deinem Arm?«, fragte Hannah, während sie sich mit einer Hand auf meiner Schulter abstützte und in ihren Rock stieg.
    Ich hielt den Kopf gesenkt, hoffte, Emmeline würde der Arm nicht mehr wehtun, hoffte, sie würde sich nicht an meine Beteiligung an dem Sturz erinnern. Aber falls sie mich erkannte, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie zuckte die Achseln und rieb sich abwesend das verbundene Handgelenk. »Es tut fast gar nicht weh. Ich lasse den Verband nur dran, um Eindruck zu schinden.«

    Hannah drehte sich zur Wand, damit ich ihr das Nachthemd ausziehen und das zum Kostüm gehörende Oberteil über den Kopf streifen konnte. »Du wirst wahrscheinlich eine Narbe behalten«, zog sie Emmeline auf.
    »Ich weiß.« Emmeline setzte sich an das Fußende von Hannahs Bett. »Anfangs wollte ich das nicht haben, aber Robbie sagt, ich soll es als Kriegsverletzung betrachten. Er meint, das würde mir Charakter verleihen.«
    »Ach ja?«, sagte Hannah säuerlich.
    »Er sagt, alle bedeutenden Leute haben Charakter.«
    Ich zog Hannahs Oberteil stramm und zwang den ersten Knopf ins Knopfloch.
    »Er kommt heute früh mit uns«, sagte Emmeline, während sie mit den Füßen gegen das Bett trommelte. »Er hat David gefragt, ob wir ihm den See zeigen können.«
    »Ihr werdet bestimmt viel Spaß haben.«
    »Kommst du denn nicht mit? Es ist der erste schöne Tag seit Wochen. Du hast doch gesagt, du würdest verrückt werden, wenn du nicht bald an die frische Luft kämst.«
    »Ich hab’s mir anders überlegt«, antwortete Hannah vage.
    Emmeline schwieg einen Moment, dann sagte sie: »David hatte recht.«
    Während ich einen Knopf nach dem anderen schloss, spürte ich, wie Hannahs Körper sich anspannte. »Wovon redest du?«
    »Er hat Robbie gesagt, dass du ziemlich stur bist und dass du dich notfalls den ganzen Winter über in deinem Zimmer einschließen würdest, bloß um ihm aus dem Weg zu gehen.«
    Hannah presste die Lippen aufeinander. Einen Augenblick lang wusste sie nicht, was sie sagen sollte. »Also …
du kannst David sagen, dass er sich irrt. Ich gehe ihm nicht aus dem Weg. Ich habe hier drinnen Dinge zu erledigen. Wichtige Dinge. Dinge, von denen ihr beide überhaupt keine Ahnung habt.«
    »Wie zum Beispiel wütend im Kinderzimmer sitzen und die Sachen in der Kiste lesen?«
    »Du kleine Schnüfflerin!«, rief Hannah empört. »Ist es denn ein Wunder, dass ich mir ein bisschen Privatsphäre verschaffe?« Sie schnaubte verächtlich. »Außerdem irrst du dich. Ich habe nicht vor, die Sachen in der Kiste zu lesen. Die Kiste ist weg.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich hab sie versteckt«, sagte Hannah.
    »Wo?«
    »Das sag ich dir, wenn wir das nächste Mal spielen.«
    »Aber wir werden wahrscheinlich den ganzen Winter über nicht spielen«, rief Emmeline aus. »Das geht nicht. Nicht, ohne Robbie einzuweihen.«
    »Dann sag ich’s dir eben im Sommer«, erwiderte Hannah. »Sie wird dir schon nicht fehlen. Du und David, ihr habt ja genug anderes zu tun, jetzt, wo Robert Hunter da ist.«
    »Was hast du eigentlich gegen ihn?«, wollte Emmeline wissen.
    Das Gespräch geriet ins Stocken, und während des verlegenen Schweigens, das sich eine Weile hinzog, fühlte ich mich seltsam fehl am Platze, nahm plötzlich meinen eigenen Herzschlag und meinen eigenen Atem wahr.
    »Ich weiß nicht«, sagte Hannah schließlich. »Seit er hier ist, hat sich alles verändert. Es ist, als würde uns alles entgleiten, ehe ich richtig weiß, was es

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