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Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
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ungewöhnlich, wenn nicht gar unmöglich. Daher entschied er sichfür ein Leben in Amerika und hatte fest vor, sich voll und ganz darauf einzulassen. Es war leichter für ihn und für Somer, so dachte er, wenn er sich an ihre Lebensart anpasste. Aber jetzt muss Krishnan erkennen, dass er ihr damit einen Bärendienst erwiesen hat. Als sie seine Eltern endlich kennenlernte, war klar, dass höfliche Gesten nichts an der Tatsache ändern würden, dass Welten zwischen ihnen lagen.
    Die Frau da vor ihm hat kaum noch Ähnlichkeit mit der selbstsicheren Medizinstudentin, die er damals kennenlernte. Die Fehlgeburten, die Unfruchtbarkeit, das Adoptionsverfahren und jetzt Indien – das alles hat ihrem Selbstbewusstsein Schläge versetzt. Aber er weiß, die selbstsichere Frau ist noch irgendwo in ihr und es liegt an ihm, sie wieder hervorzuholen.
    »Das ganze Verfahren war eine emotionale Achterbahn«, sagt er. »Und Indien kann für Leute aus dem Westen ein hartes Pflaster sein. Aber bald ist die ganze Sache ausgestanden, und wir fahren wieder nach Hause und fangen unser gemeinsames Leben als Familie an.« Er lächelt. »Ist es das nicht wert?«
    Somer atmet aus und nickt. »Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Ich bin es so leid, dass ich nie weiß, womit ich in diesem Land alles rechnen muss. Ich hab das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein. Ich will einfach bloß zurück nach Hause, in unser Leben. Ich will das alles hier hinter uns lassen.«
    Es schmerzt ihn, sie so verletzt zu sehen. Und obwohl er enttäuscht ist, dass sie sich in seiner Heimat und im Kreis seiner Familie so unwohl fühlt, und obwohl er Gewissensbisse hat, weil er sie nicht richtig vorbereitet oder in Schutz genommen hat, sagt er, was er glaubt sagen zu müssen, um seine Frau und seine Ehe zu heilen. Sie werden in absehbarer Zukunft nicht nach Indien zurückkehren müssen. Sie werden ihre ganze Energie in ihre neue Familie und ihr gemeinsames Leben in Amerika stecken. Mit der Zeit, so hofft er, wird dann schon alles besser werden.
    Als das Taxi vor dem schlichten Betongebäude mit abblätternder Farbe und einem rostigen Metalltor hält, packt Somer Krishnans Arm. »So schlimm hat es auf den Fotos nicht ausgesehen«, flüstert sie.
    »Komm.« Er legt einen Arm um sie. Sie gehen zum Eingangstor und hören Kinder drinnen auf dem Hof spielen.
    Als sie eintreten, kommt ihnen Reema entgegen, die Mitarbeiterin der indischen Adoptionsagentur. »Willkommen, namaskar «, sagt sie und begrüßt sie mit aneinandergelegten Handflächen und einem Lächeln. »Ich weiß, Sie haben lange auf diesen Tag gewartet, also gehen wir gleich rein.« Reema führt sie in das Gebäude. Krishnan blickt Somer an, die ein strahlendes Lächeln aufgesetzt hat, als könnten auf der anderen Seite der Tür Kameras warten. Drinnen werden sie von einer Schar barfüßiger Kinder bestürmt, die sich um Somer drängen, weil sie offenbar noch nie einen weißen Menschen gesehen haben.
    »Hallo, Madam!«
    »Du kommen aus Amerika, Madam?«
    »… du sprechen Englisch, Madam?«
    Sie strecken die Hände aus, um Somers hellhäutige Arme zu berühren, betasten den Jerseystoff ihrer Bluse. Sie tragen abgenutzte Kleidung und lächeln übers ganze Gesicht. Reema führt Somer und Krishnan durch das Gewimmel von Kindern hindurch in ein kleines Büro, wo eine stämmige Frau mittleren Alters steht, die Hände vor ihrem Sari gefaltet, und auf sie wartet.

    » Namaskar «, sagt sie und verbeugt sich leicht. »Ich bin die Assistentin des Direktors. Mr Deshpande kann an diesem sehr glücklichen Tag leider nicht hier sein, aber er lässt Ihnen seine besten Wünsche ausrichten. Wir haben die endgültigen Papiere zur Unterschrift vorbereitet, und dann bringe ich Ihnen Ihr Baby.«
    Somer setzt sich auf einen der beiden Stühle und nimmt das ihr gereichte Klemmbrett entgegen. Oben auf dem Blatt steht etwas, das sie stutzen lässt. »Usha?«, fragt sie. »Hier steht Usha. Aber ist ihr Name nicht Asha?«
    »Nein, Madam«, erwidert die Assistentin, »ihr Vorname ist Usha. So nennen wir sie hier, aber Sie können sie natürlich nennen, wie Sie möchten.«
    »Ich dachte … ich dachte, sie heißt Asha. So haben wir sie genannt, die ganze Zeit.« Sie wirft Krishnan einen unsicheren Blick zu.
    Reema blättert die Unterlagen in ihrem Aktenordner durch. »Ja, hier steht auch überall Asha. Da muss sich irgendwo ein Fehler eingeschlichen haben. Vielleicht hat jemand undeutlich geschrieben. Aber keine Sorge, das ist nicht

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