Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
Vom Netzwerk:
ihres Weines hinunter, und die Wärme breitet sich jetzt in ihrem ganzen Körper aus.
    »Weißt du was? Ich treffe mich gleich mit meinen Italien-Freundinnen zum Abendessen in dem neuen singapurischen Restaurant. Komm doch einfach mit, falls du nichts vorhast!«
    Später, bei knusprigen Kalamari und Satay-Spießen, lernt Somer Lizas Freundinnen kennen, beide Single-Frauen in den Vierzigern. »Ich bin Sundari«, sagt die erste. Sie hat ihr sonnengebleichtes Haar zu zwei Zöpfen geflochten,die auf ihren Schultern liegen. »Das ist mein spiritueller Name«, erklärt sie. »Er bedeutet ›schön‹ im Sanskrit. Und auf Hindi. Und meine Katze heißt Buddha. Ich habe mich also rundum abgesichert.« Sundari lächelt und nimmt die Speisekarte in die Hand. »Ich vergesse immer, wie schwierig es für mich ist, hier was zu bestellen. Gibt es in Singapur eigentlich keine Veganer?«
    »Weißt du«, sagt Liza, »Somers Mann stammt aus Indien.«
    »Tatsächlich?« Sundari lässt die Speisekarte sinken. »Das ist echt cool. Ich liebe Indien. Vor ein paar Jahren war ich in Neu-Delhi auf der Hochzeit einer Freundin. Arrangierte Ehe, der ganze Kram. Sie haben mir einen Sari angezogen und die Hände mit Henna bemalt. Ich fand’s toll. Hast du das auch mal machen lassen? Dann bin ich nach Agra gefahren und habe das Taj Mahal gesehen. Was für ein erstaunliches Land. Ich würde gern mal wieder hin und mir noch mehr anschauen. Der Süden soll richtig schön sein. Warst du schon mal dort? Woher kommt dein Mann?«
    Somer wartet ab, ob Sundari diesmal eine Antwort erwartet, und sagt dann lediglich: »Mumbai.«
    »Hast du ein Glück. Ich würde gern in einem Sari heiraten. Für ein weißes Mädchen aus Kansas wie mich ist das alles total aufregend.« Sundari kichert.
    Eine Frau in einem blauen Hosenanzug kommt zu ihnen an den Tisch; sie wirkt abgehetzt und lässt sich auf einen Stuhl fallen. »Kann ich einen Cosmo haben?«, sagt sie zu dem erstbesten Kellner, der vorbeikommt. »Entschuldigt die Verspätung, Mädels. Ich hatte eine Besichtigung um fünf, dann wollte Justin unbedingt drei Bücher vorgelesen bekommen. Ich konnte mich nur abseilen, weil ich der Babysitterin gesagt habe, er dürfe sich einen Zeichentrickfilm angucken. Ich besteche meinen sechs Jahre alten Sohn, bin ich nicht eine tolle Mutter?«
    »Ja, Gail, das bist du«, sagt Sundari und hebt ihr Martiniglas zum Zuprosten. »Erst recht, wo du die meiste Zeit Mutter und Vater sein musst.«
    »Gail, das ist Somer«, sagt Liza. »Wir arbeiten zusammen in der Klinik. Ich habe ihr vorgeschlagen, dass sie nächstes Frühjahr mit uns nach Italien kommt.«
    Gail stößt mit Somer über den Tisch hinweg an. »Super, je mehr, desto besser. Ich bin noch dabei, Tom zu bearbeiten, dass er Justin in der Woche nimmt. Meinen Ex«, sagt sie als Erklärung für Somer. »Es ist immer total schwierig, wenn er sich mal außer der Reihe Zeit freischaufeln soll, weil er das erst mit seiner Freundin abklären muss. Ich hätte nie gedacht, dass ich nach der Scheidung bei meiner Terminplanung auf die Gnade der anderen Frau angewiesen sein würde.«
    »Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt zu haben«, sagt Sundari mit verträumtem Blick.
    »Sundari ist unsere hoffnungslose Romantikerin.« Liza schüttelt lächelnd den Kopf.
    »Noch immer auf der Suche nach dem Richtigen, falls du zufällig irgendwelche Kandidaten kennst«, sagt Sundari. »He, vielleicht sollte ich für mich auch mal eine Ehe arrangieren lassen.«
    »Glaub mir, Süße«, sagt Gail nach einem Schluck von ihrem Cocktail, »es sind keine Richtigen mehr übrig, nicht in unserem Alter. Da musst du schon Abstriche machen, fragt sich nur, wie viele.« Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht schallend auf, was den Kellner, der gerade an den Tisch getreten ist, einen Schritt zurückweichen lässt.

    Am nächsten Morgen erwacht Somer mit Brummschädel und ausgetrocknetem Mund. Sie rollt sich langsam auf die andere Seite und öffnet ein Auge, um auf den Wecker zu schielen: 10.22 Uhr. Das Aspirin ist im Badezimmerschränkchen, unerträglich weit entfernt. Sie lässt den Kopf langsam wieder aufs Kissen sinken und starrt an die weiße Decke, deren Farbe in den Ecken abblättert. Sie denkt an den letzten Abend – zwei Gläser Wein an der Bar, und dann ein paar Drinks im Restaurant –, mehr als sie seit Langem getrunken hat. Sie hat sich gut amüsiert mit Liza und ihren Freundinnen: Die drei waren lustig und haben sie für

Weitere Kostenlose Bücher