Geheime Versuchung
zuckten, unter dem Knurren lag große Zuneigung, und auch ihre letzten Befürchtungen zerschlugen sich. »Sie ist nur bei dir so.« Evie war eine unterwürfige Wölfin und überließ Tai gern die Führung. Doch sie liebte ihn genauso leidenschaftlich wie er sie.
»Ich weiß, und ich will sie auch gar nicht anders haben.« Er küsste Lara auf den Scheitel. »Kann ich jetzt damit aufhören, mich vor dir zu verstecken?«
Lachend nahm sie sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn liebevoll auf den Mund wie eine Rudelgefährtin, die mit ihm als Baby gespielt und den Jugendlichen verarztet hatte. »Du Schlauberger. Bring mich nach Hause …« Sie unterbrach sich und lächelte dem Mann zu, der unter den Bäumen auftauchte. »Lieber nicht, mach dich am besten schnell aus dem Staub.«
»Ich fühle mich abgeschoben.« Tai winkte Walker zu, stand auf und lief zur Höhle.
»Welch nette Überraschung«, sagte Lara, als ihr Gefährte Tais Platz einnahm, sie seinen Schenkel an ihrem spürte.
Glücklich wollte ihre Wölfin sich an ihn schmiegen, rieb den Pelz von innen an ihrer Haut.
»Ich habe nur fünf Minuten.« Er nahm ihre Hand und küsste sie, eine so unerwartete zärtliche Geste, dass ihr der Atem stockte. »Du hast Tai geküsst«, sagte Walker.
Sie legte den Kopf schräg. »Du bist doch schon einige Jahre im Rudel. Wir sind eben einander sehr zugewandt.«
»Aber nun gehörst du mir.«
Lara wollte schon lachen und ihn mit seiner Eifersucht aufziehen, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ sie innehalten. Berührung war etwas sehr Wertvolles für Walker, das ihm nicht leichtfiel. Und ein Kuss auf den Mund … so etwas gab es nur zwischen ihr und ihm. »Ich wusste nicht, dass es dich verletzt«, sagte sie und küsste nun auch seine Hand. »Es tut mir leid.«
Als sie seine Hand freigab, legte er sie auf ihren Schenkel und drückte ihn fest. »Das war keine gute Reaktion«, gab er zu. »Du bist die Heilerin, und das Rudel hat bestimmte Rechte.«
Sie lehnte sich an ihn und umarmte ihn. »Meine Zuneigung kann ich nicht verstecken«, sagte sie und hoffte auf sein Verständnis. »Das wäre gegen meine Natur.«
»Das würde ich auch nie von dir verlangen.« Ein Versprechen. Wind im Haar, Augen in der Farbe von jungen Blättern im Sonnenschein. »Ich weiß, wer du bist, und ich bin stolz darauf, dein Gefährte zu sein.«
Tränen standen in ihren Augen. »Und ich die deine«, sagte sie zittrig.
Er strich mit dem Daumen über ihre Wange. »Aber … keine Küsse auf den Mund erwachsener Männer. Damit kann ich nicht gut umgehen.«
Sie spürte einen Stich ins Herz bei dieser Ehrlichkeit. »Nur auf deinen«, versprach sie, doch es war kein Opfer. Zuneigung war Zuneigung. Sie würde schon einen anderen Weg finden, sie erwachsenen Männern zu zeigen. »Einzig auf deinen.«
Er legte seine Stirn an ihre. »Tut mir leid – ich weiß, dass ich ein schwieriger Partner bin.« Ein Satz, in dem viel Ungesagtes mitschwang.
Spielerisch rieb sie ihre Nase an seiner, die Vergangenheit sollte ihn nicht belasten. »Mehr als ein Gestaltwandler hat schon gegrummelt, weil seine Gefährtin einen anderen Mann berührte – dagegen bist du richtig vernünftig.«
Die hochgezogene Augenbraue verriet ihr, dass ihm die Worte nicht besonders gefielen. Was ein Kuss nur Sekunden später deutlich machte. »Heute Nacht werde ich dir zeigen, wie ›vernünftig‹ ich sein kann«, drohte er, als er sich von ihren Lippen löste, damit sie nach Luft schnappen konnte.
Der glühende Unterton drang in jede Faser ihres Körpers, und als er sie erneut küsste, wurde ihr klar, dass ihr komplizierter und faszinierender Gefährte einen weiteren Schild gesenkt und ihr eine weitere Tür zu seinem Herzen geöffnet hatte.
4
Vier Tage später setzte Walker seine Seite eines Sofas im neuen Quartier der Familie ab und nickte Judd zu, der das andere Ende trug. Trotz der telekinetischen Kräfte seines Bruders war der Umzug mit Muskelkraft erfolgt, denn Judds Fähigkeiten wurden für Notfälle gebraucht.
Judd streckte den Rücken und sah sich um. »Nett hier. Mehr Platz als in den alten Räumen.«
Und zwar bedeutend mehr Platz. Hätte Lara eine andere Stellung im Rudel eingenommen, wären sie in den Räumen geblieben, die Walker mit den Kindern bewohnte, doch Lara musste in der Nähe der Krankenstation bleiben. Deshalb hatte ein Bautrupp schnell entschlossen die Wände zwischen Laras Wohnung und zwei anderen eingerissen und das Ganze in eine Wohnung für eine
Weitere Kostenlose Bücher