Geheimes Verlangen
sie findet sie irgendwie eigensinnig, als ob sie nicht recht wissen, was sie wollen. Sie ist weder dürr noch übergewichtig, na ja, am Bauch könnte es vielleicht etwas weniger sein. Ihr Oberkörper ist alles andere als feingliedrig, ihr Haar widerspenstig und eigenwillig. Sie trägt das Schamhaar kurz geschoren, da es sonst an einen Dschungel erinnern würde. Kein spektakulärer Körper, das hat sie schon immer gewusst: zu klein, zu unauffällig. Ein gedrungener Arbeitskörper, ein Grubenpferd: ehrlich, schmucklos, mit Muskeln bepackt, zum Klettern geeignet, zum Schleppen, Arbeiten. Er dagegen hat den Körperbau eines Silberreihers, und da er Ästhet ist, würde er eine solche Zartgliedrigkeit möglicherweise auch an ihr zu schätzen wissen. Doch sie braucht bloß in seiner Nähe zu sein, und schon präsentiert sich sein kleiner Mann aufrecht wie ein Evangelist, ausdauernd wie ein Bluthund, unerbittlich wie ein Autoverkäufer. Sie braucht bloß ein Wort zu sagen, schon wird er zappelig, ihn mit einem süßen Blick zu beglücken, und schon beißt er sich auf die Unterlippe. Sie fragt sich: Wie können zwei Menschen, die sich so hoffnungslos zueinander hingezogen fühlen, jemals frei werden? Sie weiß nicht mehr, wer sie ist. Ihr ganzes Dasein ist aus der Spur geraten. Er ist ihr Leben, daneben gibt es nichts: nichts ist so wichtig wie er, nichts ist es wert, darüber nachzudenken oder darauf zu warten. Ihr ist, als ob sie bei dichtem Schneegestöber in die Tiefe stürzt: Auch wenn ihr dieser Sturz im Augenblick sogar pittoresk erscheint, letztendlich kann nichts sie vor dem unvermeidlichen Zerschellen bewahren. Jeden Tag kämpft er darum, sich aus ihren Klauen zu befreien, und verletzt dabei nicht nur sie, sondern auch sich selbst. Dann legt er sich plötzlich wieder ebenso bereitwillig wie überraschend neben sie: just in dem Augenblick, als sie im Begriff steht, ihren elenden Kadaver in irgendein dunkles Loch zu schleppen, an einen Ort, wo eine – mit Klauen ausgestattete – erbärmliche Kreatur ein wenig Frieden finden könnte. Und jedes Mal ist sie überglücklich, ihn wiederzuhaben, und sie bestärken sich wechselseitig darin, dass sie ohne den anderen nicht leben können, bevor ihr blutiger Kampf aufs Neue beginnt.
Sie lässt den Kopf nach vorn sinken, massiert sich mit dem harten Wasserstrahl den Nacken. Sie duscht stets so heiß, dass ihre Haut hinterher gerötet ist. An Stirn und Wangen kleben Haarsträhnen. Sie seift ihre Arme, ihren Bauch und ihre Brüste ein. Dann braust sie sich ab, und unter dem abgewaschenen Seifenschaum kommt ihre glänzende Haut zum Vorschein. Der Dampf hat ihre Nippel weich gemacht, lässt sie rosa leuchten. Sie seift ihre Finger ein und schiebt sie sich in die Vagina, teilt dabei die klebrigen Schamlippen, lässt das Wasser in sich hineinsprudeln. Sie denkt an den Tag zurück, an dem ihr erstmals klar geworden war, was es mit ihrer Muschi auf sich hat. Sie war damals ein ausgelassenes, flachbrüstiges kleines Mädchen gewesen und hatte gemeinsam mit ihren Klassenkameraden in einem schwülen Hallenbad am Schwimmunterricht teilgenommen. Das Becken war tief, und es gelang ihr nur mühsam, sich über Wasser zu halten. Deshalb schwamm sie bei erster Gelegenheit an den Beckenrand und stützte sich dort mit den Armen auf. Aus einer Düse in der Beckenwand sprudelte ein kräftiger Wasserstrahl, von dem sie sich zunächst endlos den Bauch massieren ließ. Irgendwann stemmte sie sich so weit aus dem Wasser, dass sie das Kinn auf die kühlen Fliesen legen konnte. Der Strahl traf sie jetzt zwischen den Beinen und erregte in ihr ein Lustgefühl, das ihr durch Mark und Bein ging. Ihr ganzer Körper spannte sich an, ihr stockte der Atem, und sie verdrehte die Augen. Sie war völlig weggetreten, hatte Angst, sich nass zu machen oder dass ihr die Tränen in die Augen traten. Das Geschrei und das Plantschen ihrer Klassenkameraden, der Chlorgeruch und die stickige Luft in dem Raum, alles war wie weggeblasen. Für sie war jetzt nur noch eins von Bedeutung: jenes Gefühl, jene Muskelkontraktionen, die sie wie durch einen Schleier vernahm. Der Strahl war stark genug, um sie zu tragen und ihr Höschen zwischen den Beinen beiseitezuschieben. Und so war sie auf dem Strahl geritten, hatte sich davon massieren lassen, gehofft, dass dieses herrliche Gefühl nie mehr aufhören würde. Sie atmete schnell, starrte ins Nichts, ihr Körper vor Glück steif wie ein Brett. Deshalb überhörte sie die
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