Geheimnis am Holunderweg
bestraft. Seine Mutter weinte, und auch Herr Grimm hätte am liebsten geheult. Er hatte Herrn Kronstein hergebeten, um ihm einen Hund in seinem Schuppen zu zeigen, und statt dessen war eine Katze herausgekommen. Was für eine Blamage!
Bert erzählte ihm unter Schluchzen von merkwürdigen Stimmen, die aus allen Ecken gekommen wären, nachdem seine Mutter ihn allein gelassen hatte. Herr Grimm sah sich unbehaglich um. Stimmen? Was meinte Bert? Ihm fielen Dickis Bauchrednerkünste ein. Konnte der Junge hier im Haus gewesen sein? Nein, unmöglich!
Je mehr der Polizist über die Geschichte nachdachte, desto verwirrter wurde er. Bert konnte seine bösen Blicke schließlich nicht mehr ertragen. Er schlich sich aus der Hintertür und lief nach Hause. Was hatte er nun von seinen Lügen? Die Mutter und Herr Grimm waren mit ihm böse, und die schrecklichen Stimmen, die er gehört hatte, würde er sein Leben lang nicht vergessen.
Als der Kronsteinsche Wagen in die Hauptstraße einbog, sagte Dicki: „Setz mich und Flipp bitte hier ab, Vater. Ich habe plötzlich großen Appetit auf Eiskrem Auch Purzel wird eine Erfrischung guttun.”
Herr Kronstein hielt den Wagen an. „Ich bin froh, daß ihm nichts passiert ist. Du kannst mir zu Hause erzählen, was eigentlich los war.”
Als die beiden ihr Eis ausgelöffelt hatten, sahen sie Gina, Rolf und Betti auf der Straße und gingen hinaus.
„Wo wollt ihr denn hin?” fragte Dicki.
„Ach, Rolf hat neulich am Holunderweg, wo er die Fenster geputzt hat, den Lederlappen im Gebüsch liegenlassen”, erklärte Gina. „Nun sucht Mutti überall nach dem Lappen. Wir wollen ihn holen. Er liegt sicherlich noch dort.”
„Wir begleiten euch”, sagte Dicki. „Nachher könnt ihr alle zu mir kommen. Dann erzähle ich euch eine lustige Geschichte.”
„Gibt es ein Geheimnis?” fragte Betti unterwegs.
Dicki schüttelte den Kopf. „Nein, ein Geheimnis ist leider nicht in Sicht. Ach, da sind wir ja schon an dem Haus. Geh hinein, Rolf, wir warten draußen.”
Rolf ging in den Garten, kam jedoch sehr schnell wieder zurück. „In dem Haus schreit jemand nach der Polizei!” stieß er aufgeregt hervor.
„Kommt, wir wollen nachsehen, was los ist”, sagte Dicki.
Als die Kinder sich dem Haus näherten, hörten sie eine krächzende Stimme „Polizei, Polizei!” schreien.
„Ich gehe hinein”, sagte Dicki entschlossen.
Ein mißtrauischer Mann
Von den anderen Spürnasen gefolgt, ging Dicki zunächst an ein Fenster und spähte ins Haus. Die Vorhänge waren aufgezogen. Mitten im Zimmer saß ein alter Mann auf einem Sessel, schlug mit den Fäusten auf die Armlehnen und schrie aus vollem Hals: „Polizei, Polizei!” Er hatte einen Morgenrock an und trug eine Nachtmütze, die auf seinem Kopf hin und her rutschte. Um seinen Hals war ein Wollschal geschlungen, und er hatte einen kleinen Kinnbart. Vor dem Ofen stand ein Rollstuhl mit einer halb auf die Erde gerutschten Decke. Nahebei auf einem Bord befand sich ein kleiner Radioapparat, aus dem laute Musik ertönte.
„Wir wollen ihn fragen, warum er nach der Polizei ruft”, sagte Dicki.
Alle gingen zur Haustür, und Dicki öffnete sie. Sie war nicht zugeschlossen.
Der alte Mann sah und hörte nichts von den Spürnasen und schlug immer weiter laut schreiend auf die Sessellehnen. Als Dicki ihn am Arm berührte, fuhr er erschrocken zusammen und blinzelte ihn aus wäßrigen Augen an. Dann streckte er seine Hand aus und betastete Dickis Mantel. „Wer sind Sie?” fragte er krächzend.
„Wir haben Sie rufen hören”, antwortete Dicki. „Können wir Ihnen irgendwie helfen? Was ist denn passiert?”
Der Mann schien fast gar nichts zu sehen. Unsicher drehte er den Kopf hin und her. Dann zog er zitternd seinen Morgenrock um die Schultern.
„Sie müssen an den Ofen gehen”, sagte Dicki mitleidig. „Komm, Rolf, wir führen ihn zu seinem Stuhl. Jeder nimmt einen Arm. Er hat offenbar einen furchtbaren Schreck bekommen. Stell das Radio ab, Betti.”
Der alte Mann ließ sich willig in den Rollstuhl am Ofen helfen. Aufseufzend lehnte er sich darin zurück, während Gina ihn mit der Decke zudeckte und die Kissen ordnete. Dann sagte er mit heiserer Stimme: „Holt bitte die Polizei.”
„Was ist denn passiert?” fragte Gina. Da er sie nicht verstand, wiederholte sie ihre Frage noch einmal lauter.
„Passiert?” rief er. „Mein Geld ist fort! All mein Geld ist gestohlen. Was soll ich jetzt bloß machen?”
„Woher wissen Sie, daß es fort
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