Geheimnis am Holunderweg
seinen Großvater bestohlen und ist dann fortgelaufen.”
„Das stimmt nicht”, erwiderte Dicki zu Herrn Grimms Überraschung. „Das Geld ist gar nicht gestohlen worden.”
„Unsinn!” stieß Herr Grimm hervor. „Wo soll es denn geblieben sein?”
„Marian hat es versteckt, weil sie befürchtete, ihr Vetter Wilfried könnte es stehlen.”
„Bah! Das glaube ich erst, wenn du mir das Geld zeigst.”
Schweigend ging Dicki ans Fenster, steckte zwei Finger in den Saum des Vorhangs, den er aufgetrennt hatte, und zog einen Geldschein heraus. Wie ein Zauberer auf der Bühne zeigte er ihn dann dem Polizisten, Monsieur Henri und Direktor Jenks. Alle waren sehr überrascht. Herr Grimm riß den Mund auf und bekam ihn gar nicht mehr zu.
Nun zog Dicki einen zweiten Schein aus dem Saum.
„Die Säume der Vorhänge stecken voller Geldscheine”, erklärte er. „Es ist ein wunderbares Versteck. An dem Tag, als Herr Schauer sein Geld vermißte, hat Marian die Vorhänge gewaschen und gebügelt, erinnern Sie sich nicht, Herr Grimm? Wilfried hatte ihr gedroht, sich das Geld zu holen, wenn sie fort wäre, und da …”
„Da nahm sie es aus seinem alten Versteck und nähte es in die Vorhänge”, fiel Direktor Jenks ein. „Ein gescheites Mädchen, diese Marian, das muß ich sagen!”
Herr Grimm schluckte und wußte nicht, was er sagen sollte. Monsieur Henri lachte entzückt. „Das war schlau”, sagte er. „Nun wirst du uns wohl noch sagen, wo die Möbel sind.”
„Bah!” rief Herr Grimm unwillkürlich.
„Was sagten Sie, Grimm?”, fragte der Direktor. „Wissen Sie vielleicht, wo die Möbel sind?”
„Nein, das weiß keiner. Keiner hat sie verschwinden sehen, keiner kann sagen, wer sie genommen hat, oder wo sie geblieben sind. Ich habe überall herumgefragt.”
„Dietrich, kannst du uns etwas dazu sagen?” fragte Direktor Jenks.
„Ja. Wilfried und ein anderer Mann sind nachts hier gewesen und haben die Möbel aus dem Haus getragen.”
„Bist du vielleicht dabei gewesen?” rief Herr Grimm höhnisch.
„Ja, ich war dabei. Die Möbel wurden in einen Pferdetransportwagen mit der Nummer OKX 143 gepackt und befinden sich noch jetzt darin, wenn auch etwas beschädigt. Der Wagen steht in einem Wäldchen in der Nähe der König’schen Reitställe in Marlow. Ich kann Sie jederzeit hinführen, wenn Sie wollen.”
„Nun gut, du hast das Geld und die Möbel gefunden”, gab Herr Grimm zu. „Aber Marian findest du nicht. Ich habe sichere Nachrichten, wo sie sich aufhält.”
„Sagen Sie mir, wo Marian Ihrer Meinung nach ist, dann sage ich Ihnen, wo ich sie vermute.”
„Sie soll nach Irland gegangen sein.”
„Nein, sie ist im Nebenzimmer. Marian, kommen Sie bitte herein.”
Zu Herrn Grimms unbändigem Erstaunen kam Marian etwas zögernd ins Wohnzimmer. Direktor Jenks sah seinen Begleiter an und zwinkerte ihm zu.
Der Mann in Zivil lächelte. Dann ging er auf Marian zu und stellte ihr ein paar Fragen. Wo war sie in den letzten Tagen gewesen? Warum war sie fortgegangen? Er notierte sich ihre Antworten, während Herr Grimm mit offenem Mund zuhörte.
„Die drei Jungen haben Sie also in der vergangenen Nacht aus einem Transportwagen für Pferde befreit, wo ihr Vetter Wilfried sie eingeschlossen hatte”, sagte der Beamte zusammenfassend.
„Einen Augenblick!” rief Herr Grimm, der seinen Ohren nicht trauen wollte. „Woher wußten die Kinder, daß sich das Mädchen in einem Transportwagen befand? Warum haben sie mir nichts davon gesagt?”
„Dietrich hat mich heute nacht angerufen”, sagte Direktor jenks. „Sie hatten ihm vielleicht wieder nicht geglaubt.”
Das Gesicht des Polizisten färbte sich dunkelrot. Er drehte sich zum Fenster und starrte hinaus. Der verflixte Lümmel hatte ihn wieder einmal hereingelegt.
„Jetzt fehlt nur noch Wilfried”, sagte der Direktor.
„Den kannst du wohl nicht herbeizaubern, Dietrich.”
Dicki wollte gerade antworten, daß er das wirklich nicht könne, da hörte er die Gartentür gehen. Er guckte aus dem Fenster und erblickte – Wilfried!
Ausgerechnet jetzt kam der junge Mann noch einmal zum Holunderhaus, um nach dem Geld zu suchen. Als er die Tür offen sah, ging ’er schneller. Auf der Türschwelle blieb er dann überrascht stehen. Der Herr in Zivil stellte sich unauffällig neben ihn. „Was ist denn hier los?” rief Wilfried. Dann entdeckte er Marian und wurde kreidebleich. „Marian, was machst du hier?”
„Du dachtest wohl, ich wäre noch
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