Geheimnis am Holunderweg
aus, fand Dicki. Gewiß war sie die Schwester des Franzosen, der so verzweifelt nach Haus ,Bohmgräng’ gesucht hatte.
„Entschuldigen Sie bitte!” sagte er höflich. „Könnte ich wohl bei Ihnen telefonieren? Der alte Mann in dem Häuschen nebenan ist bestohlen worden, und ich möchte die Polizei benachrichtigen.”
„Man hat Herrn Schauer bestohlen?” rief die Frau erschrocken. „Der arme Mann! Ja, kommt nur herein und telefoniert. Das Telefon steht im Wohnzimmer.”
Die schwarzhaarige rundliche Frau, die mit einem fremden Akzent sprach, führte die Kinder durch den Flur ins Wohnzimmer. Auf einer Couch am Fenster lag ihr Bruder. Er hustete erbärmlich.
„Henri, diese Kinder möchten gern telefonieren”, sagte sie zu ihm. „Du hast doch nichts dagegen, nicht wahr?”
„Aber nein!” Der Franzose musterte die Spürnasen.
„Ah! Diese Kinder ik habe schon gesehen zuvor, n’est-ce-pas?”
„Ja, wir haben Sie zum Haus Baumgrün geführt”, antwortete Dicki.
„Richtig – Bohmgräng!” sagte der Franzose lächelnd. Ohne den dicken Mantel, den Wollschal und die ins Gesicht gezogene Mütze sah er viel jünger und netter aus. Nun hustete er wieder. „Entschuldigt, daß ich liegen bleibe. Es geht mir nikt gut.”
„Hoffentlich stören wir Sie nicht”, erwiderte Dicki.
„Aber der alte Mann aus dem Holunderhaus – Schauer heißt er wohl – ist bestohlen worden. Und nun wollen wir die Polizei anrufen.”
Dicki nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer. Nach kurzer Zeit meldete sich Herr Grimm.
„Hier ist Dietrich Kronstein”, sagte Dicki. „Ich wollte Ihnen nur sagen, daß …”
Am anderen Ende war ein lautes Schnaufen zu hören. Dann knackte es im Apparat, die Verbindung war unterbrochen. Offenbar hatte der Polizist den Hörer aufgelegt.
„Na so was!” rief Dicki. „Als ich zu sprechen anfing, hat er den Hörer auf die Gabel geschmissen. Er ist wohl noch wütend wegen der Geschichte mit Purzel. Na, ich will es noch einmal versuchen.”
Wieder rief Dicki das Polizeirevier an, und wieder meldete sich Herr Grimm.
„Hören Sie, Herr Grimm”, sagte Dicki. „Gehen Sie bitte zum Holunderhaus am Holunderweg. Dort ist etwas gestohlen worden.”
„Wenn du nicht gleich mit dem Unfug aufhörst, werde ich dich anzeigen!” schrie Herr Grimm. „Ich lasse mich nicht von dir an der Nase rumführen. Bah!”
„Herr Grimm, so hören Sie doch!” rief Dicki beschwörend. „Dies ist kein Scherz. Es ist …”
Krach! Wieder hatte Herr Grimm den Hörer hingeworfen. Dicki legte seinen ebenfalls hin und zuckte die Achseln. „Wegda glaubt, ich will ihn anführen. Was machen wir nun?”
„Ruf Direktor Jenks an”, schlug Gina vor.
„Ja, mir bleibt gar nichts anderes übrig. Das wird Wegda schlecht bekommen. Aber warum ist er so albern.”
Herr Grimm übernimmt den Fall
Dicki rief das Polizeipräsidium in Wehnstadt an und fragte nach Direktor Jenks.
„Der Direktor ist nicht da”, antwortete ihm ein Beamter. „Wer ist denn am Apparat?”
„Hier ist Dietrich Kronstein. Ich wollte nur sagen – in Peterswalde am Holunderweg im Holunderhaus ist etwas gestohlen worden. Herr Schauer, der dort wohnt, hat mich gebeten, die Polizei zu benachrichtigen.”
„Rufen Sie bitte das Polizeirevier in Peterswalde an”, erwiderte der Beamte kurz.
„Das habe ich schon getan. Aber die Verbindung wird dauernd unterbrochen. Vielleicht könnten Sie von dort aus anrufen.”
„Gut! Ich wiederhole: Diebstahl – Peterswalde – Holunderweg – Holunderhaus, Bewohner Schauer. Wie war bitte Ihr Name?”
„Dietrich Kronstein.”
„Aha! Ein Freund des Direktors, nicht wahr? Ich werde die Nachricht sofort weitergeben.”
Also klingelte nach kurzer Zeit schon wieder das Telefon bei Herrn Grimm. Er glaubte, es wäre noch einmal Dicki. Wütend riß er den Hörer hoch und schrie: „Hallo! Wer ist da?”
„Hier ist das Polizeipräsidium in Wehnstadt”, meldete sich der Beamte. „Sind Sie am Apparat, Herr Grimm? Gerade hat Dietrich Kronstein hier angerufen und …”
„Bah!” stieß Herr Grimm unwillkürlich hervor.
„Wie bitte?”
„Ach, nichts. Ich habe nur gehustet. Was wollte der Junge denn?”
„Er hat einen Diebstahl in Ihrem Bezirk gemeldet – im Holunderhaus am Holunderweg bei einem Herrn Schauer.”
Herr Grimm war sprachlos. Dietrich hatte ihn also gar nicht angeführt, sondern die Wahrheit gesagt. Dieser verflixte Bengel mit seinen Tricks! Heute morgen hatte er Purzel aus dem
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