Geheimnis am Holunderweg
schob den Hund von sich fort. Darauf lief Purzel aufs Feld hinaus und raste dort bellend im Kreis herum. Die Lämmer sprangen erschrocken zu ihren Müttern.
Und dann ertönte Herrn Grimms laute Stimme hinter Flipp. „Aha, es ist der Hund von Dietrich Kronstein, der die Schafe von Bauer Wiese jagt! Das hätte ich mir gleich denken können. Ich werde den Köter einfangen und erschießen. Jetzt habe ich ihn auf frischer Tat ertappt.”
Nun zwängte sich der Polizist mühsam durch die Hecke. Flipp sprang auf. „Purzel hat die Schafe gar nicht gejagt!” rief er entrüstet. „Er ist mir nachgelaufen und eben erst hergekommen.”
„Unsinn! Ich werde ihn fangen und mitnehmen.”
Aber das war leichter gesagt als getan. Purzel machte sich einen Spaß daraus, nach Herrn Grimm zu schnappen und dann schnell wieder fortzulaufen. Der Polizist war der Gejagte, nicht der Hund. Schließlich mußte er Flipp bitten, ihn zurückzurufen, Flipp tat es. Sobald der Scotchterrier von ihm abließ, schwang sich Herr Grimm aufs Rad und fuhr rasch davon.
„O Purzel, was hast du angestellt!” rief Flipp. „Jetzt wird es dir schlecht ergehen. Wir müssen Dicki suchen und ihm alles erzählen.”
Bei Herrn Grimm
Flipp holte sein Rad aus dem Graben und radelte zurück. Purzel lief keuchend neben ihm her. Dabei schaute er eifrig nach dem Polizisten aus. Zu gern wäre er noch einmal mit ihm herumgetanzt und hätte nach seinen Hosen geschnappt. Aber Herr Grimm war nicht mehr zu sehen. Er befand sich auf dem Heimweg und träumte von einer Tasse Kaffee mit viel Zucker und selbstgebackenem Kuchen.
Dicki hatte sich unterdessen mit großem Vergnügen verkleidet. Er hatte einen langen schwarzen Rock und einen schwarzen Pullover an und darüber einen weiten dunkelroten Mantel. Auf dem Kopf trug er eine schwarze Perücke und einen großen schwarzen Hut, der mit roten Rosen garniert war. Nachdem er sich schließlich noch ein paar Runzeln ins Gesicht gezeichnet hatte, besah er sich lachend im Spiegel und schnitt eine Grimasse. Schade, daß die anderen Kinder nicht da waren! Sie hätten sich vor Lachen gebogen.
Zum Schluß nahm Dicki noch eine Handtasche in die Hand. Darin befanden sich ein paar Haarnadeln, ein Taschentuch und eine Puderdose. Wenn er als Frau maskiert war, pflegte er hin und wieder die Puderdose herauszunehmen und sich die Nase zu pudern, wie er es bei seiner Mutter beobachtet hatte. Sie wäre bestimmt sehr erstaunt gewesen, wenn sie das gesehen hätte.
Bevor Dicki den Schuppen verließ, öffnete er vorsichtig die Tür und spähte in den Garten. Niemand schien in der Nähe zu sein. Rasch schlüpfte er hinaus, schloß die Tür hinter sich zu und schlug einen schmalen, von Gebüsch eingesäumten Weg ein.
Plötzlich rief jemand: „Hallo! Was wollen Sie denn hier?” Hinter einem Busch kam der Gärtner hervor und musterte Dicki mißtrauisch.
Dicki zuckte die Achseln, hob die Hände und fragte mit hoher verstellter Stimme: „Ackel leta umi poggi wo?”
„Ich verstehe kein Wort”, antwortete der Gärtner.
„Gehen Sie zur Hintertür, wenn Sie etwas wünschen.”
„Tippli opplo erka ku”, sagte Dicki nickend und ging zufrieden weiter. Seine Maskierung mußte sehr gut sein, wenn sogar der Gärtner darauf hereinfiel. Er nahm sich vor, weiter eine Ausländerin zu mimen. Es war ganz leicht, irgendwelchen Unsinn daherzuschwatzen und mit den Händen herumzufuchteln.
Auf der Straße beachtete ihn niemand. Er ging zu Herrn Grimms Haus und klingelte.
Der magere Junge, den Flipp vor kurzem gesehen hatte, öffnete die Tür. Er sah Dicki mit scharfen Augen an und sagte: „Herr Grimm ist nicht zu Hause. Nur meine Ma ist da. Sie macht sauber. Wenn Sie was hinterlassen wollen, ruf ich sie.”
„O ja, das wäre serr freundlik. Ik kommen hinein.”
Dicki lächelte dem Jungen zu. Dann ging er in Herrn Grimms Arbeitszimmer, setzte sich auf einen Sessel und ordnete mit einer damenhaften Bewegung sein Haar.
Der Junge wußte offenbar nicht recht, was er von der Besucherin halten sollte. Er murmelte etwas und suchte seine Mutter.
„Ma, da ist ’ne komische alte Dame, die Herrn Grimm sprechen will”, hörte Dicki ihn sagen. „Scheint ’ne Ausländerin zu sein. Sie hat sich ins Arbeitszimmer gesetzt.”
„Ich werd’ mal sehen, was sie will”, antwortete Ma. Gleich darauf erschien eine Frau mittleren Alters an der Tür und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.
Dicki nickte ihr lächelnd zu. „Ik mökte Herrn Grimm spreken. Er
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