Geheimnis der Leidenschaft
leer, sie war auch trockengerieben worden, bis das Metall glänzte.
Es war beinahe so, als hätte sie den gestrigen Nachmittag an dem Wassertrog nur geträumt, den unerwarteten Luxus eines heißen Bades und den aufregenden Mann mit dem nachtschwarzen Haar und den sanften Händen.
Unbewusst seufzend ging sie in die Küche. Normalerweise war Mason zu dieser Zeit bereits da und kochte Kaffee, stark genug, um ein Hufeisen geradezubiegen. Aber die Küche war sauber und leer wie die Waschschüssel. Ein Zettel auf dem zerkratzten Tisch verriet ihr, dass Mason Rio zur Turner-Ranch gefahren hatte, damit dieser dort seinen Wagen holen konnte. Rio würde gleich nach der Arbeit zurückkommen, und Mason würde noch vor dem Mittag wieder da sein.
Hope machte sich Frühstück und aß schnell, sie ließ sich kaum Zeit, die Farbe und die Frische der Eier zu genießen. Sie goss Kaffee in eine große Thermoskanne, nahm sie unter den Arm und lief zu dem Wasserwagen. Sie musste drei Tröge füllen, und einer davon war noch größer als der Tank, zu dem sie gestern Wasser gefahren hatte.
Sie würde es nicht schaffen, jeden einzelnen Trog der Ranch ganz aufzufüllen. Dazu war der Tag nicht lang genug. Alles, was sie tun konnte, war, genügend Wasser in jeden Trog zu füllen, um die Rinder davon abzuhalten, auf der vergeblichen Suche nach Wasser in wildes Land abzuwandern.
Mit einem tiefen Seufzer öffnete Hope die Tür des schweren Wagens und kletterte in die Fahrerkabine. Der Motor brummte und hustete, es gab eine Fehlzündung, dann brummte er noch einmal, sprang aber schließlich an. Sie ließ die Kupplung kommen, drehte das Steuer und stellte dann fest, dass der Wagen ungewöhnlich schwer war. Die einzige Erklärung war, dass der Tank bereits randvoll mit Wasser war.
Rio hatte also nicht nur den Trog auf der Weide der Angus-Rinder gefüllt, er war auch den ganzen Weg zu Turners Brunnen zurückgefahren, hatte den Tank noch einmal gefüllt und war dann nach Hause gekommen. Und all das hatte er getan, nachdem er den ganzen Tag mit Turners Pferden gearbeitet und einen weiteren Tag voller Arbeit vor sich hatte.
Hope blinzelte schnell. Sie versuchte, nicht in Tränen auszubrechen bei diesem neuen Beweis von Rios Aufmerksamkeit.
»Oh, wundervoll«, murmelte sie vor sich hin und schluck-te. »Du stehst kurz davor, alles zu verlieren, was du dir je gewünscht hast, und dabei werden dir nicht einmal die Augen feucht. Aber wenn jemand freundlich zu dir ist, beginnen die Tränen zu fließen. Reiß dich zusammen, Mädchen. Du nützt niemandem etwas, wenn du heulst.«
Trotz der harten Worte musste sie noch einige Male blinzeln, ehe sie wieder gut genug sehen konnte, um den schweren Wagen aus dem Hof hinaus und auf den unbefestigten Weg zu lenken. Sie fuhr so schnell sie konnte zum nächsten Brunnen. Es war der älteste auf der Ranch und er lag versteckt in einer flachen Senke.
Die Windmühle bewegte sich nicht, als sie ankam, da es für den Wind noch zu früh war. Es war allerdings nicht zu früh für die Rinder, durstig zu sein, doch drängte sich kein Vieh um den Trog und wartete auf Wasser.
Furcht ergriff Hopes Herz, und es begann, schneller zu schlagen. Warum drängen sich keine Rinder um den Trog, um zu trinken? Haben sie sich verirrt? Wurden sie gestohlen?
Sind sie verdurstet?
Doch dann entdeckte sie das metallische Glänzen von Wasser in dem Trog und begriff, was geschehen war. Diesmal konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten. Rio hatte diesen Trog gefüllt, er hatte die Rinder trinken lassen und hatte ihn noch einmal gefüllt, bis der Durst der Tiere gestillt war.
Dann hatte er das letzte Wasser des Wagens auch noch in den Trog gefüllt, war zum Brunnen von Turner gefahren und hatte den Wassertank auf dem Wagen noch einmal gefüllt. Er hatte viele Stunden gearbeitet, während sie sich in einem heißen Bad entspannt und dann so tief geschlafen hatte wie seit Monaten nicht mehr.
Rio hatte all das getan, ohne dass sie ihn darum gebeten hatte, weil er wusste, dass sie viel zu stur - und zu ängstlich - war, um zuzugeben, dass sie ihre Herde verkaufen musste, dass sie die Freilandrinder verkaufen musste, für die sie weder die Zeit noch die Kraft hatte, Wasser zu holen.
»Verdammt, Rio«, flüsterte sie und schmeckte ihre Tränen auf den Lippen. »Du kämpfst nicht fair.«
Dann begriff sie, dass er gar nicht kämpfte. Er tat ganz einfach nur das, was getan werden musste, wenn sie die Freilandrinder behalten wollte, die
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