Geheimnis der Leidenschaft
aufbewahrte. Als sie in den Topf blickte, stieß sie ein erstauntes Gelächter aus. Goldene Blüten waren zwischen die glatten, cremefarbenen Eier gesteckt. Die winzigen Wildblumen waren außerhalb der Blütezeit nach einem Regenschauer in der Wüste aufgeblüht.
Rio musste diese Blumen auf seinem Weg von Turners Ranch gepflückt haben. Es war der einzige Ort, an dem es seit Monaten geregnet hatte.
Der Duft der Blumen war wie eine sanfte Zärtlichkeit und ein geheimes Versprechen des Lebens, das sich sogar in der härtesten Trockenheit erneuert. Sie schloss die Augen und atmete tief ein, füllte ihre Lungen mit dem Duft und dem Versprechen.
Heiße Gefühle stiegen in Rio auf, als er von der Schwelle aus Hope beobachtete. Er hätte alles dafür gegeben, was er besaß, um sie in seinen Armen zu halten, das Versprechen so tief einzuatmen, wie sie im Augenblick den Duft der Blumen einatmete.
Aber das zu tun, würde ein Versprechen von ihm verlangen, das er nicht geben konnte. Bruder des Windes.
Als Hope die Augen öffnete, sah sie, dass Rio sie mit einem Gesichtsausdruck beobachtete, der dem Verlangen nahe kam, doch noch viel stärker dem Bedauern. Sie lächelte ihn an und wünschte, dass er kein so unsteter Mann wäre. Und dennoch sehnte sie sich nach ihm und wollte ihn, obwohl sie wusste, dass er sie nicht nehmen würde.
Sie ahnte nicht, dass ihr Lächeln das Echo seines eigenen Gesichtsausdruckes war, Verlangen und Bedauern, die sich zu einer Sehnsucht mischten, die viel zu tief war für Worte.
»Danke«, sagte sie mit rauer Stimme.
Er sah, wie sie mit der Fingerspitze über eine der sanften Blüten strich, und er wünschte, dass cs seine Haut wäre, die sie so sanft streichelte.
»Meine Großmutter nannte sie Regenblumen«, sagte er. Seine Stimme klang beinahe genauso rau wie die ihre, wie seine Sehnsucht, die in ihm aufstieg und der nachzugeben er sich weigerte. »Sie sagte, sie seien das einzige Gold, das in diesem Land wichtig ist.«
»Und wie hat Ihr Großvater diese Blumen genannt?«, fragte Hope und erinnerte sich daran, dass Mason gesagt hatte, Rios Großvater sei ein Zuni-Schamane gewesen.
Rios Augenbrauen zogen sich zusammen, als er sich an die Rituale aus seiner Vergangenheit zu erinnern versuchte. Langsam kondensierte sich das Wissen wie eine Wolke an einem inneren Himmel und brachte den Regen der Erinnerung aus seiner Kindheit. Die sanften gelben Blumen waren Medizinblumen, geschätzt für ihre Uberlebenskraft auch unter den härtesten Bedingungen.
Leise sprach er in den Phrasen, die eigenartige Rhythmen hatten, rituelle Gesänge, heilige Klänge aus einer Zeit und von einem Ort und einer Kultur, die nie wirklich die seine gewesen war, denn seine einzige Kultur und sein einziger Frieden war das Land.
Er übersetzte die Worte für Hope nicht, denn es gab keine Übersetzung, die man verstehen konnte. Das spirituelle Zentrum seines Großvaters war eine Mischung gewesen aus Ritualen der Zuni und Navajo, der Apachen und der christlichen Missionare. Für seinen Großvater hatten sie auf eine Art gewirkt, die Rio verstand, die er aber nicht erklären konnte. Es war die Balance eines Mannes zwischen dem ewigen Animismus des indianischen Erbes und der überwältigenden Wirklichkeit des modernen europäischen Menschen.
»Es gibt keine Übersetzung für den Namen der Blumen«, sagte Rio. Dann fügte er leise hinzu: »Ich habe diese Blumen immer Hope genannt, denn sie blühen zu Zeiten und an Orten, wo sonst nichts überleben kann.«
Sie schwiegen beide, und es war ein Schweigen, in dem unausgesprochene Worte und Sehnsüchte hingen. Als sie den Blick von den mitternachtsblauen Tiefen seiner Augen abwandte, begriff sie, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann haben wollte, ihn wirklich haben wollte.
Und dann wusste sie, dass es mehr war als nur der Wunsch, etwas haben zu wollen. Es war Verlangen, eine unendliche
Leere, die sie zuvor noch nie gekannt hatte. Der Gedanke, Rio niemals zu lieben, war so schmerzlich, dass sie einen Schrei des Protestes unterdrücken musste.
Hopes Hände zitterten, als sie einen flachen Krug mit Wasser füllte. Vorsichtig nahm sie die kleinen Blüten aus der Schüssel mit den Eiern und legte sie auf das Wasser. Den Krug stellte sie auf den Tisch zwischen sich und Rio.
Die Blüten bewegten sich mit jeder Bewegung des Wassers, als wären sie lebendig und würden schnelle und winzige Atemzüge machen.
»Wie möchten Sie die Eier?«, fragte sie, und ihre Stimme war
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