Geheimnis der Leidenschaft
erwartet hatte.
»Ja, aber es ist nicht nur die Karte.«
»Was denn sonst noch?«
»Sie«, sagte sie leise.
Er starrte sie an.
»Nichts passt zusammen«, sagte sie. »Sie sind ein Mann, der durch das Land zieht und Pferde einreitet, ein Mann, der mehr über dieses Land weiß als der hochgebildete, mir von allen Seiten empfohlene Hydrologe, der vor sechs Wochen hier war. Sie haben noch nicht einmal zwei Wochen für mich gearbeitet, aber diese Karte ist abgenutzt und weist genügend Notizen auf, um ein Buch darüber zu schreiben.«
Sie wollte noch weitersprechen, wollte ihm sagen, dass er einen Namen hat, der weder skandinavisch noch Zuni oder schottisch ist, dass niemand weiß, woher er gekommen ist oder wohin er geht, aber dass Mason ihm mehr vertraut als jedem anderen, dass er den Ruf hat, ein Mann zu sein, dem man nicht in die Quere kommen sollte, aber so sanft zu ihr ist, dass sie sich bemühen muss, nicht in seine Arme zu kriechen und ihn nie wieder loszulassen.
All diese Dinge wollte sie ihm sagen, doch sie tat es nicht, denn Rio redete bereits und beantwortete die Fragen, die sie ihm gestellt hatte, und noch einige andere, die sie ihm nicht gestellt hatte.
»Ich habe überall im Westen von Ihnen gehört«, erklärte er schlicht. »Ein herumziehender Cowboy in Idaho hat mir gesagt, da gäbe es eine Frau, die Hilfe brauchte, an einem Ort, der Sonnental genannt wird, in Nevada. Ein Farmer in Utah, dem ich geholfen habe, hat gesagt, die Schwester seiner Frau hätte von ihrem Bruder in Nevada gehört, dass eine Frau mit dem Namen Hope einen Brunnen brauchte und dass niemand ihn ihr graben wollte. Ein Rinderzüchter, für den ich einmal Wasser gefunden hatte, hat mir erzählt, dass er eines seiner besten Angus-Rinder an eine Frau verkauft hätte mit wunderschönen Augen und einem Verstand wie eine stählerne Falle und dass sie ihre Ranch verlieren würde, wenn es nicht bald regnete oder sie kein Wasser fände.«
Hopes Hals wurde ganz eng, und sie kämpfte gegen die Tränen. Aber bei dem Gedanken, dass Fremde ihre Not kannten und sich darum kümmerten, ihr auf die einzige Art zu helfen, die ihnen möglich war, fiel es ihr sehr schwer, sich zurückzuhalten. Sie wollte Rio sagen, dass er aufhören sollte, zu reden und dass er sie zum Weinen brächte, was sie nicht wollte, aber sie brachte kein Wort heraus.
»Also bin ich nach Süden gewandert«, erklärte Rio ruhig und beobachtete Hope mit einem Blick, der alles sah - ihre Verletzlichkeit und die Tränen, ihre Entschlossenheit und ihre Kraft. »Und ich habe zugehört. Jedes Mal, wenn der Wind wehte, hat er Ihren Namen geflüstert und Ihre Not und Ihre Träume.«
Einige Tränen rannen unter ihren Lidern hervor und hinterließen eine feuchte Spur auf ihren Wangen.
»Je näher ich dem Sonnental kam«, sagte er, »desto mehr Menschen haben über Sie gesprochen. Menschen, denen ich in der Vergangenheit geholfen hatte, haben mir in den Läden auf dem Land und in den Cafes im Westen Nachrichten hinterlassen. Die Nachrichten hatten alle den gleichen Inhalt: Das ist eine gute Frau, Rio. Kannst du ihr helfen, so wie du uns geholfen hast?«
Das Mitternachtsblau von Rios Augen war so eindringlich, dass es aussah wie ein Kristall, der in der Sonne brennt. Sie betrachtete ihn mit der gleichen Intensität, fühlte, wie seine Worte in sie eindrangen, durch die Schutzschichten sanken, die sie aufgebaut hatte, um die verletzliche Frau darunter zu verbergen.
»Ich habe nicht gewusst, ob ich Ihnen helfen könnte, und ich wollte nicht kommen, ehe ich das nicht wusste«, erklärte er.
Dann blickte er wieder über das Land und befreite sie von dem eindringlichen Blau seiner Augen.
»Dieses Land ist mir nicht fremd«, erklärte er ruhig. »Ich habe schon Wasser an verdammt unmöglichen Orten gefunden. Und ich habe einige Orte gesehen, an denen es kein Wasser gibt, an denen niemand Wasser finden kann. Ich wusste nicht, ob das Sonnental einer dieser Orte war.«
Sie hielt den Atem an und wartete und hoffte, nicht mit dem Ende ihrer Träume konfrontiert zu werden.
Ich habe einige Ort gesehen, an denen es kein Wasser gibt, an denen niemand Wasser finden kann.
»Ich habe mir alle Karten der USGS angesehen, habe mir die letzten Satellitenfotos besorgt und mit Experten von Universitäten gesprochen und mit Indianern, deren Vorfahren vor langer Zeit an den Ufern der schon lange verschwundenen Seen gejagt haben. Ich bin über die steilen Landstriche Ihrer
Ranch geflogen, mit einer
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