Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
Dienstherrn dreimal um die eigene Achse, bevor sie außer Reichweite sprang, und zwar mit einer so übermütigen Anmut, dass die Schlüssel an ihrer Taille fröhlich klimperten.
Als Gabriel sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte, blieben die Dienstboten wie erstarrt auf dem sonnigen Abhang stehen. Keiner von ihnen durfte sich auch nur einen Zentimeter bewegen, ehe Gabriel nicht so nah war, dass er sie berühren konnte. Erst dann war ihnen gestattet wegzulaufen. Samantha stellte sich absichtlich an den äußeren Rand des Kreises, so wie sie es immer getan hatte, wenn Gabriel an der Reihe war. Sie war entschlossen, ihm keine Ausrede zu bieten, sie anzufassen.
Gabriel drehte sich langsam um sich selbst, die Hände in die schmalen Hüften gestemmt. Erst als der Wind Samanthas Haare durcheinander wehte und eine widerspenstige Strähne aus ihrem Haarknoten löste, erkannte sie, dass es ein Fehler gewesen war, sich in die Brise zu stellen. Gabriels Nasenflügel blähten sich. Seine Augen verengten sich auf eine Art und Weise, die sie nur zu gut kannte.
Er wandte sich um und kam geradewegs auf sie zu, seine langen Schritte machten kurzen Prozess mit der Entfernung zwischen ihnen. Als er an Elsie und Hannah vorbeiging, ohne langsamer zu werden, schlugen sich die Mädchen die Hände vor den Mund, um ihr Kichern zu unterdrücken.
Samanthas Füße schienen wie in der Erde verwurzelt. Sie hätte nicht fortrennen können, selbst wenn Gabriel ein angreifendes Raubtier gewesen wäre, das sie verschlingen wollte. Der eindringlichen Blicke der anderen Dienstboten war sie sich deutlich bewusst, und ein Rinnsal aus Schweiß bildete sich zwischen ihren Brüsten. Das Blut schien ihr dick und schwer wie Honig durch die Adern zu fließen.
Wie immer blieb Gabriel einen Herzschlag, bevor er sie umrannte, stehen. Als seine Hand ihren Ärmel streifte, stöhnten Peter und Phillip verächtlich wegen des völligen Fehlens von Gegenwehr auf ihrer Seite. Es war zu spät zu fliehen. Alles, was er jetzt noch tun musste, war ihren Namen zu sagen, dann war die Spielrunde zu Ende.
»Den Namen! Den Namen!«, begannen die Mädchen zu rufen.
Gabriel hielt seine freie Hand hoch, bat um Schweigen. Er hatte die anderen Dienstboten an nicht mehr als einem Hauch von Holzrauch oder Wäscheseife erkannt. Aber er durfte seine Gefangenen auch durch Berührung identifizieren.
Sein Mundwinkel verzog sich zu einem trägen Halblächeln. Währenddessen stand Samantha wie festgefroren, zu hilflos, um seine sich nähernde Hand aufzuhalten. Es war, als ob die anderen verschwunden und sie auf dem Hang in der milden Frühlingsbrise alleine wären.
Ihre Augenlider senkten sich flatternd, als Gabriels Finger ihr Haar streiften, dann leicht über ihr Gesicht glitten. Sanft fuhr er um ihr Brillengestell herum, tastete jede Höhlung und Kurve ab, als wolle er sie sich fest ins Gedächtnis einprägen. Wie konnten seine Hände so rau und männlich und gleichzeitig so zärtlich sein? Als seine Fingerspitzen über ihre weichen Lippen strichen, schmolz ihr Unbehagen dahin, wurde von einem anderen Gefühl ersetzt, das sogar noch gefährlicher war. Sie ertappte sich bei dem Wunsch, sich an ihn zu lehnen, ihren Kopf in den Nacken zu legen und sich ihm als Opfer darzubieten. Sie schwankte, überwältigt von dem süßen Sehnen, dass sie einen Moment benötigte, bis sie bemerkte, dass er aufgehört hatte, sie zu berühren.
Ihre Augen flogen auf. Obwohl Gabriel den Kopf gesenkt hatte, verriet ihr das rasche Heben und Senken seiner Brust, dass ihn ihr kurzer Kontakt nicht unbeeindruckt gelassen hatte.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, rief er, sodass es alle auf der Wiese hören konnten, »aber von der Weichheit der Haut und dem zarten Parfum her zu urteilen, würde ich sagen, ich habe vermutlich …« Er machte eine Pause, um die Spannung zu steigern. »Warton, den Stalljungen, gefangen.«
Die Diener brachen in lautes Gelächter aus. Einer der Pferdeknechte versetzte dem zornigen Warton einen Schlag auf die Schulter.
»Sie dürfen nur noch zweimal raten, Mylord«, erinnerte ihn Millie.
Gabriel tippte sich mit dem Finger nachdenklich auf die Lippen. »Nun, wenn es nicht Warton ist«, erklärte er gedehnt und mit leiser Stimme, »dann muss es meine liebe … meine pflichtbewusste … meine ergebene …«
Als er sich eine Hand aufs Herz legte, erntete er neues Gekicher von den Mägden, und Samantha hielt den Atem an, überlegte, was genau er über sie verraten wollte.
»…
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