Geheimnis des italienische Grafen
schreiben möchtest …“
Thalia lächelte sie an. „Natürlich leiste ich dir Gesellschaft, Callie. Im Moment weiß ich nicht so recht, wie ich die nächsten Szenen meines Dramas gestalten soll, und die frische Luft wird mir helfen, etwas klarer zu denken.“
„Keine Ahnung, wie du in der Trinkhalle frische Luft schnappen willst, bei diesem Gedränge … Aber es gibt sicher einiges zu sehen, zum Beispiel Lady Wallington, die neuerdings eine blonde Perücke trägt.“
„Was, eine blonde Perücke? Warum denn?“
„Vermutlich bildet sie sich ein, sie wäre eine nordische Göttin. Solche Extravaganzen sollte sie sich für unseren venezianischen Maskenball aufheben.“
„Da wir gerade davon sprechen – ich habe schon fast alle Einladungen geschrieben.“ Thalia griff nach gestapelten Papieren. „Wenn du keinen weiteren Namen auf die Gästeliste setzen willst, schicke ich die Karten morgen ab.“
„Auf jeden Fall müssen wir Lady Billingsfield und ihren Neffen einladen.“ Calliope warf ihrer Schwester einen herausfordernden Seitenblick zu. „Wie ich sehe, hat dir der junge Mr Dashwood heute wieder Blumen geschickt.“
„Oh, die beiden haben bereits eine Karte – obwohl Arthur Dashwood ein kleines Ärgernis ist.“
„Also, ich finde ihn süß – und so aufmerksam. Eindeutig gehört er zu den attraktivsten Männern in Bath. Insbesondere, seit der Conte di Fabrizzi nicht mehr auf der Bildfläche erscheint.“
„Zeigt er sich nicht mehr?“ Thalia sortierte die Einladungen. „Das ist mir gar nicht aufgefallen. In letzter Zeit war ich so beschäftigt.“
„Hmm“, murmelte Calliope skeptisch. Doch sie verfolgte das Thema nicht weiter. „Glücklicherweise hat Cameron uns erlaubt, im Queen’s Head Inn einige Räume für den Maskenball zu mieten. In unserem Haus könnten wir gar nicht alle Gäste unterbringen. Jetzt müssen wir noch das Orchester engagieren. Hast du dir schon ein Kostüm ausgesucht, meine Liebe?“
„Wer ist denn das ?“
Thalia hörte zwei Damen hinter sich in der Trinkhalle schwatzen. Einige Minuten lang hatte sie nur mit halbem Ohr einem albernen Geplauder über die neue Mode gelauscht, um sich die Zeit zu vertreiben, während sie auf ihre Schwester wartete. Aber bei diesen ehrfürchtigen Worten änderte sich der Ton der Konversation, und sie horchte auf.
„Keine Ahnung, Matilda“, erwiderte die zweite Dame. „Jedenfalls habe ich diesen Gentleman noch nie gesehen. Sonst würde ich mich ganz sicher an ihn erinnern.“
Um festzustellen, von wem die beiden redeten, spähte Thalia zur Tür und stellte sich auf die Zehenspitzen, damit sie über die zahlreichen Köpfe hinwegblicken konnte. Bisher war der Vormittag in der Trinkhalle ziemlich langweilig gewesen, weil Marco ihr auch diesmal keine Ablenkung bot. Deshalb war sie dankbar für jede Abwechslung.
Und dann sah sie, wer die Aufmerksamkeit der Damen erregt hatte – und musste sich beherrschen, um nicht Mund und Augen aufzusperren.
Nicht nur Thalia und die beiden Damen starrten wie gebannt zum Eingang – auch alle anderen Frauen im Raum. Sogar die Witwen in ihren Rollstühlen hoben ihre Lorgnons, junge Mädchen kicherten hinter behandschuhten Händen.
Noch nie hatte Thalia einen schöneren Mann gesehen. Ein veritabler Apoll, hochgewachsen und schlank, mit blonden Locken, die zu seiner schimmernden goldenen Haut passten. Sogar über die Halle hinweg sah sie den lebhaften Glanz in seinen blauvioletten Augen. Hochmütig wie ein Gott sah er sich um, als wäre er der Besitzer der Halle und jeder Anwesende sein Untertan.
Amüsiert beobachtete Thalia, wie die Damen ihm entgegeneilten. Jeder einzelnen schenkte er ein strahlendes Lächeln und lockte sie ins funkelnde Netz seiner Schönheit.
Aber Thalia fühlte sich nicht zu ihm hingezogen. So grandios der Neuankömmling auch aussehen mochte, mit Marcos dunkler mysteriöser Aura konnte er nicht wetteifern. Schon immer hatten ihr die Geschichten aus dem Hades viel besser gefallen als der Mythos des Apollo.
„Heiliger Himmel!“, hörte sie Calliope seufzen. „Ist die Sonne in unserer Mitte gelandet?“
Lachend wandte Thalia sich zu ihrer Schwester. „Also hast du Apollo auch entdeckt?“
„Der ist wohl kaum zu übersehen. Nur gut, dass ich meinen Gemahl so heiß und innig liebe. Sonst würde ich diesen Gott wie alle anderen Frauen anschmachten.“
„Wann haben die Chases jemals irgendwen angeschmachtet?“
„Natürlich noch nie. Das hätte unsere Mutter auch gar nicht
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