Geheimnis des italienische Grafen
Durch Leinen und Samt hörte sie seine Herzschläge, Echos ihrer eigenen.
Die Augen geschlossen, drückte sie sich noch fester an ihn. „Wirst du jetzt verschwinden – und nur eine weiße Lilie zurücklassen?“
Marco schien zu erstarren. „Das erwähnte ich bereits, bella . Ich habe mich geändert. Darauf wies deine Schwester dich sicher hin.“
„So viel hat sie mir erzählt.“
„Ja, das kann ich mir denken.“
„Ist das alles, was du über deine Geheimnistuerei zu sagen hast?“
„Auch das betonte ich schon – es war das Geheimnis deiner Schwester, nicht nur meines.“ Mit beiden Händen umfasste er ihr Gesicht und zwang sie, ihn anzuschauen. Im Schatten wirkten seine Züge bleich. „Wie ich es hasse, dir das alles zu verheimlichen, Thalia …“
„Dann tu es nicht!“ Beschwörend legte sie ihre Hände auf seine, hielt ihn erneut gefangen in dem unsichtbaren Band, das sie beide umschloss. „Alle deine Geheimnisse werde ich hüten.“
„Was soll ich dir erzählen? Was willst du von mir?“
Freudlos lachte sie. „Keine Ahnung, wo ich anfangen soll! Erzähl mir einfach die Wahrheit über Lady Riverton. Du bist nach Bath gekommen, um das Tempelsilber zu suchen, das sie in Santa Lucia gestohlen hat, nicht wahr?“
Wortlos nickte er.
„Hast du es gefunden?“
„Wenn es so wäre, hätte ich es bereits nach Sizilien zurückgebracht. Und falls Lady Riverton das Silber immer noch besitzt, verwahrt sie es in einem sicheren Versteck.“
„Vielleicht hat sie es verkauft?“
„Meine Kontaktleute auf dem Antiquitätenmarkt haben nichts von einer so sensationellen Ware gehört. Und wer das Silber gekauft hätte, würde nicht zögern, damit zu prahlen.“
„Ja, das glaube ich auch. Also ist Lady Riverton immer noch im Besitz ihrer Beute. Und warum bist du hinter dem Silber her?“ Die Stirn gerunzelt, schaute Thalia im Dunkel zu ihm auf. „Warum hast du diese weite Reise unternommen? Um den antiken Schatz für dich selbst zu gewinnen?“
„Bitte, cara …“, begann er.
Plötzlich erklangen Stimmen im Korridor außerhalb der Nische, und Thalia sprang verwirrt von Marco zurück.
Seine Arme sanken hinab. „Jetzt können wir nicht reden“, murmelte er, während das Gespräch verhallte, das die Zweisamkeit gestört hatte.
Thalia warf einen kurzen Blick über ihre Schulter. Wieder einmal drängte die Zeit, so wie immer. Doch sie wollte sich noch nicht von Marco trennen. „Willst du mir alles erzählen?“, flehte sie hastig.
Zögernd nickte er und lächelte gequält. „Wenn ich mich weigere, wirst du mich bis zu meinem letzten Atemzug verfolgen.“
„Natürlich! Wann immer ich vor einem Rätsel stehe, muss ich es lösen.“
„Geh jetzt, wir reden später.“ Ein letztes Mal küsste er sie voller Verlangen. Dann drehte er sie herum und schob sie in den Gang.
Thalia glättete ihr Haar und ihre Röcke, spähte in die Nische zurück, doch die Finsternis hatte ihn bereits eingehüllt. Nach einem tiefen Atemzug mischte sie sich unter das Publikum, das in der Pause nach dem dritten Akt die Logen verließ.
Da sie Calliope und Cameron nirgendwo entdeckte, nahm sie an, die beiden wären in ihrer Loge geblieben, um auf Besucher zu warten. Und auf ihre Rückkehr. Aber Thalia spürte immer noch die heiße Röte in ihren Wangen und fühlte sich dem forschenden Blick ihrer Schwester nicht gewachsen. Deshalb ging sie in Richtung des Foyers, auf der Suche nach Erfrischungen.
Auf dem Treppenabsatz angekommen, sah sie über den Köpfen der Leute grüne Federn wippen.
Ohne lange zu überlegen, folgte Thalia den Federn so schnell wie möglich, wich Schuhen aus, die den Saum ihres Kleides bedrohten. Schließlich erreichte sie eine Ecke, wo das Gedränge etwas nachließ – gerade noch rechtzeitig, um Lady Riverton zu beobachten, die neben einem hochgewachsenen, kräftig gebauten livrierten Mann stand. Verstohlen reichte sie ihm ein gefaltetes Papier, das er in seinem Ärmel verschwinden ließ. Dann ging sie weiter.
Es war so schnell geschehen, dass Thalia zunächst glaubte, ihre Fantasie hätte ihr einen Streich gespielt … Nein, unmöglich. Sie wusste, was sie beobachtet hatte. Immerhin besaß sie neuerdings gewisse Erfahrungen mit der heimlichen Übergabe einer Nachricht.
Nun schaute der livrierte Lakai über seine Schulter, und Thalia sah ein kantiges dunkelhäutiges Gesicht. Über eine Wange und das Kinn zog sich eine auffallende Narbe.
Dann verschwand er durch eine der Türen, die aus dem Foyer
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