Geheimnis des italienische Grafen
spannenden Speculation-Partie schaute Marco über den Tisch hinweg und beobachtete Thalia, die ihre drei Karten studierte. Vor ihr lag eine aufgeschlagene Trumpfkarte. Konzentriert runzelte sie die Stirn, ihre Lippen formten einen verlockenden kleinen Schmollmund. Langsam begann sie an ihrer Unterlippe zu nagen. Dann entblößte sie lächelnd ihre weißen Perlenzähne und legte eine Karte ab.
Unbehaglich rutschte Marco auf seinem Stuhl hin und her. Wieder einmal verwünschte er die Mode der engen Hosen. Verdammt unkomfortabel, wann immer Thalia in seiner Nähe war …
An diesem Abend sah seine Verlobte besonders hübsch aus. Das Kerzenlicht ließ ihre hochgesteckten Locken strahlen wie geschmolzenes Gold, ihre Wangen schimmerten rosig. In ihrem Kleid aus hellgrüner Seide, mit feiner weißer Spitze verziert, glich sie Aphrodite, dem Meeresschaum entstiegen.
So wunderschön war sie, so sinnlich und unschuldig zugleich.
Durch gesenkte Wimpern spähte sie zu ihm herüber und schenkte ihm ein verstohlenes Lächeln. „Möchtest du eine Karte verkaufen, Marco?“, murmelte sie. In diesen schlichten Worten schienen verbotene geteilte Geheimnisse zu liegen.
Innerhalb weniger Tage hatte sie sich untrennbar mit seinem Leben verbunden. Seine Liebhaberin, seine Partnerin. Seine Freundin? Irgendwie konnte er sich eine Zukunft ohne Thalia nicht mehr vorstellen.
Und diese Erkenntnis lenkte ihn auf bedenkliche Weise von seiner Arbeit ab. Schlimmer noch – dadurch brachte er Thalia in Gefahr. Er musste sichergehen, dass diese falsche Verlobung niemals den Anschein einer echten erweckte, zumindest nicht in stärkerem Maße, als es ohnehin schon geschehen war.
Die Brauen zusammengezogen, musterte er wieder seine Karten. „Im Moment nicht, meine liebe Thalia. Ich finde es vorteilhafter, erst einmal festzuhalten, was ich besitze.“
Sie spielten mit Lord Grimsby und seiner Tochter Lady Anne. Am Nebentisch saßen Lady Westwood und ihr Ehemann. Die Ankunft der anderen Gäste war eine willkommene Abwechslung gewesen, nachdem Marco beim Dinner mit Fragen bestürmt worden war. Natürlich überaus höflich. Welche Liegenschaften besaß er in Italien? In England? Wo würde er mit Thalia leben? Wie oft würden sie ihre Familie besuchen?
Schließlich hatte Thalia die Inquisition mit der scherzhaften Erklärung beendet, sie würden eine Höhle in den Apenninen bewohnen, Ziegen züchten und Wein anbauen. Und vielleicht den ganzen Tag Gedichte schreiben. War das nicht die übliche Beschäftigung eines Conte und seiner Contessa?
Auf Marco übte dieses Fantasiebild eine seltsam reizvolle Wirkung aus. Ganz allein mit Thalia, nur von den Ziegen beobachtet … Wann immer er wollte, konnte er sie küssen und berühren. In der Tat, ein paradiesisches Dasein. Ein Grund mehr, warum er sich von ihr fernhalten sollte – und von ihrem berauschenden Lächeln, das ihn alles andere vergessen ließ …
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, starrte sie ihn verwirrt an. Dann plauderte sie wieder mit Lady Anne.
Am Nachbartisch saß ein Neuankömmling in Bath, Lady Westwoods Whist-Partner – Lord Knowleton, der Leiter der Antiquities Society, der die Chases so enthusiastisch angehörten. Marco wollte unbedingt mit ihm sprechen, denn dieser Verein bemühte sich überaus eifrig um die Rettung und Erforschung zahlreicher Kunstwerke. Für seine Mission wäre Seine Lordschaft ein nützlicher Verbündeter.
Außerdem würde ihn der Mann von Thalias rosigen Lippen ablenken …
„Und wann soll die Hochzeit stattfinden?“, fragte Lady Anne aufgeregt.
Thalia lachte leise. „Wie ich gestehen muss, habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht. Aber ich muss ohnehin warten, bis wir von meinem Vater hören. Vielleicht heiraten wir in der Chase Lodge, wo alle meine Schwestern versammelt wären.“
„O nein!“, protestierte Lady Anne enttäuscht. „So sehr habe ich gehofft, Sie würden hier heiraten, Miss Chase, und zwar möglichst bald. Zweifellos werden Sie das schönste Brautkleid tragen, das Bath je gesehen hat.“
„Bitte, Anne!“, mahnte ihr Vater und lächelte liebevoll. „Genug, meine Liebe. Verzeihen Sie meiner Tochter, Miss Chase, sie ist ganz versessen auf Hochzeiten.“
„Genau wie ich“, beteuerte Thalia. „Dazu gehören Unmengen von Seide und Spitze, die richtige Torte, die passenden Weine. Die Hochzeiten meiner Schwestern waren großartig – Lady Westwood hat im Londoner Haus meines Vaters geheiratet, die Duchess of Averton in einer
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