Geheimnis des Verlangens
Die Wortgefechte mit Vasili waren ganz anders als die mit Stefan. Sie verschafften ihr keinerlei Befriedigung. »Ich bin gezwungen, mit Euch zu reisen, Vasili , aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich mit Euch unterhalten muss . Also seid bitte so freundlich und schert Euch zur Hölle.«
»Zieht Eure Krallen wieder ein, Tanya«, hörte sie Stefan hinter ihrem Rücken sagen. »Er hat sie nicht verdient.«
Sie versteifte sich, und zuerst dachte sie darüber nach, wie lange er dort wohl schon gestanden haben mochte, dann war es ihr egal. »Aber Ihr habt sie verdient, oder?« sagte sie, als sie sich zu ihm umdrehte.
»Heute vielleicht«, war alles, was er zugab, bevor er das Thema fallenließ. »Wollt Ihr zuerst dem Kapitän vorgestellt werden oder lieber Eure Räumlichkeiten besichtigen?«
»Was ich wirklich will, ist, dass Ihr mich endlich gehen laßt, damit ich mich auf den Heimweg nach Natchez machen kann.«
»Zu welchem Zweck?«
Dieser Gelegenheit, ihn zu verspotten, konnte sie beim besten Willen nicht widerstehen. »Madame Bertha hat mir doch eine Arbeit versprochen. Erinnert Ihr Euch nicht?«
Seine Lippen wurden schmal, seine Augen einen Ton heller. Mehr Beweise brauchte Tanya nicht, um zu wissen, dass sie mal wieder ins Schwarze getroffen hatte. Dann nahm er ihren Arm und schob sie vor sich her, eine Treppe hinunter und in die erste Kabine hinein, zu der sie kamen, alles ohne ein einziges Wort.
Verständlicherweise war sie, was diesen Punkt betraf, ein wenig argwöhnisch. Sie erwartete nicht, auf das nächste Bett geworfen zu werden, weil das Glühen in seinen Teufelsaugen noch nicht so stark war. Außerdem konnte sie sich auch nicht vorstellen, dass er so scheinheilig war, sie für ein paar spöttische Worte zu bestrafen, wo seine eigenen Spitzen so viel tödlicher waren. Vielleicht wollte er sie einfach nur irgendwo einschließen, damit sie ihn nicht länger zur Weißglut treiben konnte.
Aber wie dem auch sei, er hatte nicht einmal die Tür hinter sich geschlossen, bevor sie auch schon in seinen Armen lag und sein Mund den ihren bedeckte. Aber Tanya kannte mittlerweile den Unterschied in seinen Küssen. Und dies war nicht die Wutanfall-Sorte. Er hatte sich vollkommen unter Kontrolle und war ganz konzentriert auf — was? Sie zu verführen, damit sie eine etwas bereitwilligere Gefangene abgab?
Tanya riß sich von ihm los, bevor diese Gefühle, die er so geschickt in ihr zu wecken verstand, aufkeimen und die Oberhand gewinnen konnten. »Warum macht Ihr das immer wieder?«
»Ich will verdammt sein, wenn ich das weiß!«
Dieses Eingeständnis schien ihm gegen seinen Willen entfahren zu sein, denn jetzt runzelte er die Stirn. Tanya hätte sich eine bessere Antwort gewünscht, einen kleinen Hinweis wenigstens. Aber der Versuch zu verstehen, wie das Gehirn dieses Mannes funktionierte, war eine einzige Lektion in Sachen Sinnlosigkeit und Frustration. Es sei denn ...
»Ihr seid Euch über eine Sache wohl nicht recht im klaren, Stefan? Ihr habt mein Leben umgekrempelt, weil Ihr es so wolltet, nicht ich. Die wenigen Ziele, die ich für mich hatte, habt Ihr ruiniert. Es ist an der Zeit, dass ich ein paar Wahrheiten dafür von Euch bekomme. Das ist das mindeste, was Ihr mir schuldig seid.«
»Wir haben Euch bereits die Wahrheit gesagt — meistens jedenfalls.«
»Ich spreche nicht von Eurem verdammten Märchen, und das wißt Ihr ganz genau. Ich will wissen, wie es um Eure Gefühle wirklich bestellt ist, Stefan. Wollt Ihr mich immer noch?«
»Ja!«
Er schien so wütend darüber zu sein, dass sie zusammenzuckte. »Anscheinend gefällt Euch diese Tatsache nicht sehr?«
»Genau.«
»Warum? Weil Ihr glaubt, ich sei eine Hure?«
»Nein.«
Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm das glaubte, obwohl er es früher schon einmal zugegeben hatte, dass er sie begehrte — vor ihrer Enttarnung sozusagen. »Dann habe ich mich also nicht getäuscht; Ihr könnt meinen Anblick jetzt nicht mehr ertragen?«
»Euer Anblick ist zu schön, um wahr zu sein, wie Ihr sehr gut wißt.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß nichts dergleichen. Aber dafür weiß ich sehr wohl, dass Euer Verhalten überhaupt keinen Sinn ergibt. Das sollte mich eigentlich nicht überraschen, da es das nie tut.«
»Ich habe Euch nicht dazu eingeladen, in meine Gedanken einzudringen, Tanya. Ihr habt Euch Euren Weg erzwungen. Wenn es Euch nicht gefällt, was Ihr dort findet ...«
»Vielen Dank«, unterbrach sie ihn ungeduldig. »Das einzige,
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