Geheimnis des Verlangens
...«
»Sandor ist mein Vater, Tanya. Zweifelt an mir, Soviel Ihr wollt, aber schlagt einen respektvollen Ton an, wenn Ihr von ihm sprecht.«
»Na entschuldige, dass ich atme«, dachte sie. Zum Teufel mit ihm. Er schaffte es schon wieder, sie wütend zu machen.
»Ich bin jedenfalls entzückt darüber, dass sich wenigstens alles zu Eurer Zufriedenheit entwickelt hat«, stieß sie kurzangebunden hervor. »Und jetzt, wenn es Euch nichts ausmacht ...«
»Eigentlich wollte ich Eure Kleider aussuchen.«
Tanya konnte ihn nur anstarren und war ganz damit beschäftigt, sich nichts anmerken zu lassen. Warum musste er so etwas sagen, etwas so — Besitzergreifendes? Es wühlte dieses seltsame Gefühl in ihrem Innern auf, wo es ihr doch während dieser ganzen Begegnung so gut gelungen war, sich unter Kontrolle zu halten und seiner verdammten Anziehungskraft zu widerstehen. Selbst als er wieder einmal gesagt hatte, dass er sie begehre, war sie zu wütend gewesen, um sich davon beeinflussen zu lassen.
Jetzt runzelte er die Stirn — ob wegen ihres Schweigens oder seiner eigenen Worte, hätte sie nicht sagen können. Mit dem Lächeln, das dem Stirnrunzeln folgte, machte er sich unmißverständlich über sich selbst lustig. Aber als er wieder zu sprechen begann, klang seine Stimme schneidend und ungeduldig. Er konnte es offensichtlich nicht erwarten, endlich von ihr wegzukommen.
»Seht die Sachen durch, sobald sie ankommen, denn wenn Ihr noch irgend etwas benötigen solltet, kann das nur sofort erledigt werden oder überhaupt nicht. Und Ihr werdet wohl weder Saschas Geschmack noch seine Gründlichkeit enttäuschend finden. Er hat ein feines Gespür für Mode und, im Gegensatz zu mir, einen Blick für die richtige Größe. Er hat mir versichert, dass Euch alles wie angegossen passen wird.«
Mit einem kurzen Nicken ließ er sie allein, und wie er ihr versprochen hatte, war dies für lange Zeit das letzte, was Tanya von ihm sah.
Was ihre neuen Kleider betraf — sie waren wirklich ein Traum und einer Prinzessin würdig. Und obwohl sie nicht viel Begeisterung für sie aufbringen konnte, konnte sie auch keinen Fehler an ihnen entdecken — nun ja, vielleicht einen. Weil Stefan keinen Einfluß darauf gehabt hatte, was für sie gekauft werden sollte und was nicht, besaß sie nun alles an weiblicher Unterwäsche, was man sich nur vorstellen konnte. Auf die Hälfte davon hätte sie ohne weiteres verzichten können.
Kapitel 30
U ngefähr auf halbem Wege nach Europa fing Tanya an, das Märchen zu glauben. Und es war Sascha, der sie nach und nach davon überzeugte, indem er es nicht einmal versuchte. Während die anderen wütend auf sie waren, weil sie Stefan in eine solch lausige Stimmung versetzt hatte — obwohl sie diese Stimmung niemals sah, sondern nur davon hörte —, freundete Sascha sich mit ihr an. Er war immer respektvoll, bei jeder Gelegenheit. Mürrisch kritisierte er Vasili , manchmal auch Lazar, und einmal sogar den für gewöhnlich so stillen Serge. Und das durchaus auch in ihrer Gegenwart. Aber für Tanya hatte er niemals ein böses Wort.
Eines Tages fragte sie ihn dann endlich, warum er immer so nett zu ihr war.
»Weil Ihr es mehr als die meisten Menschen verdient, Eure Hoheit. Euer Leben ist sehr hart gewesen, härter als meines, glaube ich, bevor Stefan mich in seinen Dienst nahm.«
»Und woher wollt Ihr wissen, wie mein Leben ausgesehen hat?«
Sascha erklärte es ihr. »Stefan hat mir gesagt, was ihr ihm erzählt habt. Er glaubt allerdings nicht alles. Dann wiederum glaubt er Dinge, die er nicht glauben sollte. Ich vermute, Ihr werft ihm die Wahrheit an den Kopf, in der Hoffnung, dass er Euch glaubt. Und dann schleudert Ihr eine Lüge hinterher, um ihn für seine Zweifel zu bestrafen. Er hat mir auch erzählt, was er selbst gesehen hat. Der Mann, der Euch aufgezogen hat — man hätte ihn erschießen sollen.«
Tanya grinste, als sie diese Meinung hörte. »Das habe ich auch oft gedacht.«
»Aber Ihr seid bei ihm geblieben, als Ihr ihn hättet verlassen können.«
»Zum Schluß brauchte er mich, brauchte mich wirklich. Ich musste einfach ...«
Tanya gefiel es gar nicht, wie das klang. Als ob sie so etwas wie töchterliche Gefühle für Dobbs hegte, was absolut nicht der Fall war. Sie konnte es nicht. Der Mann hatte eine zu niedrige Gesinnung, um Zuneigung zu erwecken. Dabei rechnete sie jene Jahre nicht mit, in denen sie ihn für ihren Vater gehalten und trotz all seiner Grausamkeiten geliebt
Weitere Kostenlose Bücher