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Geheimnis des Verlangens

Geheimnis des Verlangens

Titel: Geheimnis des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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benötigte sie auch einen Grund, um zu erklären, warum sie nicht auf die Rufe aus dem Lager reagiert hatte. Der Schlaf würde diese Unterlassung entschuldigen.
    Auf jeden Fall blieb ihr noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken. Zehn Minuten wahrscheinlich, bevor die anderen soweit fertig waren, um ihre Reise fortsetzen zu können. Dann fühlte sie sich für einen Augenblick ein wenig unbehaglich, als es ihr in den Sinn kam, dass sie vielleicht einfach so abreisen würden, in dem festen Glauben, sie säße bereits in ihrer Kutsche. Aber dann setzte sie sich mit einem Lachen darüber hinweg. Sie würden nicht so sorglos sein. Und für gewöhnlich leistete ihr ja auch jemand in der Kutsche Gesellschaft.
    Aber an dieser Stelle fand sie, sie sei nun weit genug in den Wald hineingegangen. Dann sah sie sich nach einer Möglichkeit um, in Deckung zu gehen. Aber das einzige, was sich anbot, waren die massigen Baumstämme. Obwohl ein Baumstamm für ihre Zwecke sicher gut genug wäre. Schließlich erspähte sie jedoch etwas, das wie ein Gebäude aussah, und legte die kurze Strecke bis dahin im Laufschritt zurück. Bei näherem Hinsehen stellte sie fest, dass es irgendwann wohl einmal ein Haus oder ein Gehöft gewesen war, aber jetzt waren nur noch Ruinen davon übrig. Als Zufluchtsort würde es seinen Zweck eindeutig verfehlen, da der größte Teil des Daches und eine Wand eingestürzt waren, aber als ein Ort, an dem man »einschlafen konnte, war es geradezu perfekt. Nur hatte Tanya nicht damit gerechnet, dass noch jemand dort sein könnte.
    Als sie um das Gebäude herumging, um sich ein wenig vor dem Wind zu schützen, sah sie zuerst die drei Ponys, die, nach ihrem Aussehen zu urteilen, einmal wild gewesen waren. Dann entdeckte sie auch die drei Männer, die sich an die Wand der Ruine lehnten. Kaum hatte sie ein überraschtes Keuchen von sich gegeben, als sie auch schon von dem Mann, der ihr am nächsten stand, vorwärts gerissen wurde. Jetzt konnte man sie von dem Weg, den sie genommen hatte, ganz bestimmt nicht mehr sehen.
    »Also ich muss schon sehr...«
    Eine Hand über ihrem Mund ließ Tanyas Protest jäh verstummen. Ein Arm um ihre Taille hob sie vom Boden auf und machte nicht die geringsten Anstalten, sie wieder loszulassen. Ein anderer Mann legte ihr geschickt ein Seil um die Handgelenke, und derselbe Mann hatte auch einen Knebel für ihren Mund zur Hand. Das alles passierte viel zu schnell, als dass sie einen klaren Gedanken fassen und nach dem Messer greifen konnte, das an ihren Schenkel geschnallt war.
    »Und wenn sie gar nicht die Richtige ist?«
    »Sie ist es«, sagte einer der Männer zuversichtlich. »Ihr habt mich hingeschickt, um die Leute zu beobachten, und ich habe sie beobachtet. Sie ist die einzige Dame in diesem Trupp.«
    »Dann wäre sie nicht ganz allein hier draußen. Sie hätte sich überhaupt nicht erst so weit von der Straße entfernt.«
    »Wer kümmert sich schon darum, was sie hier verloren hat, wenn sie es uns auf diese Weise so leicht gemacht hat, die Belohnung einzustreichen.«
    »Wenn du dir so sicher bist, dann laß sie uns gleich hier umbringen, und die Sache ist erledigt.«
    »Das sieht dir wieder mal ähnlich, Pavel«, sagte einer der anderen Männer mit unüberhörbarem Abscheu.
    »Warum sollten wir uns die Mühe machen, sie ...«
    »Sieh sie dir doch einmal richtig an. Ich würde sie jedenfalls behalten, bevor ich sie umbrächte. Außerdem ist es Latzkos Entscheidung, nicht unsere. Im Augenblick wissen wir nicht einmal, ob die Belohnung etwas taugt. Und ich werde niemanden für nichts und wieder nichts umbringen.«
    »Man wird uns jagen«, hob Pavel hervor.
    »Man wird uns so oder so jagen.« Der andere Mann lachte. »Aber welchen Unterschied macht das schon, wo wir doch immer gejagt werden? Und niemand findet uns, es sei denn, wir wollen gefunden werden.«
    Tanya wusste nicht, dass sie nur um Haaresbreite mit dem Leben davongekommen war oder dass ihr Leben überhaupt in solcher Gefahr geschwebt hatte. Denn die Männer sprachen einen slawischen Dialekt, von dem sie kein einziges Wort verstand. Aber sie wusste auf jeden Fall, dass sie mit ihnen gehen würde, denn sobald man sie fest verschnürt hatte — und das hatte weniger als eine Minute gedauert —, wurde sie auch schon auf eines der kleinen Ponys geworfen, und der kleinste der Männer stieg hinter ihr auf — zum Wohle des Ponys, nahm sie an.
    Sie wusste nicht, was sie von dieser Entführung halten sollte, außer, dass sie

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