Geheimnis des Verlangens
noch einmal erleiden zu müssen. Körperlicher Schmerz hörte wenigstens irgendwann auf, aber die Scham, die sie in der vergangenen Nacht empfunden hatte, würde sie wohl ihr Leben lang nicht mehr loslassen.
Die anderen Männer waren nicht halb so einschüchternd wie die beiden, denen sie bereits gestern begegnet war. Einer war groß und von schlanker Statur, mit dunkelbraunem Haar und blauen Augen, die sie jetzt von Kopf bis Fuß zu mustern schienen, so als wüßte er, dass sie etwas versteckt hatte, das zu finden er fest entschlossen war. Ein solches Maß an unverhohlener Neugier war sie nicht gewohnt. Der andere Mann war etwa einen Zoll kleiner und von stämmigem Wuchs. Er hatte schwarzes Haar und fast ebenso schwarze Augen, aber einen sehr hellen Teint. Tanya hätte schwören können, dass Mitleid in seinen dunklen Augen stand, und diese stumme Botschaft trug mehr als alles andere dazu bei, dass sie trotz ihrer Nervosität kerzengerade dastand und ihre Lippen fest aufeinanderpreßte.
Aber sobald der letzte der Männer die Treppe hinabgestiegen war, stürmte sie an ihnen vorbei und betete, dass sie ihr niemals mehr über den Weg laufen würden. Sie wusste weder, dass vier Augenpaare sie eindringlich beobachteten, als sie die Stufen erklomm, noch dass einer der Männer mit einem Kopfnicken angewiesen wurde, ihr zu folgen. Sie stürzte nur in Dobbs' Zimmer und stieß erleichtert mit dem Fuß die Tür hinter sich zu.
Kapitel 7
A uf ihre Frage hat er nur gesagt, dass das Ganze nichts mit ihr zu tun hatte«, sagte Lazar, als er die Treppe hinunterkam, die er kurz zuvor hinaufgestiegen war, um an Wilbert Dobbs' Tür zu lauschen. »Aber er hat sie eindringlich ermahnt, uns aus dem Weg zu gehen, falls wir hier noch einmal auftauchen sollten.«
»Was noch?«
»Nichts, was uns beträfe. Die meiste Zeit hat er sich darüber beklagt, dass er so lange auf sein Frühstück warten musste . Und auch sonst hatte er noch allerlei an ihr auszusetzen. Anscheinend schmeißt sie wirklich den Laden hier — und zwar ohne Hilfe.«
»Ein guter Grund für ihn, sie nicht gehen zu lassen«, kommentierte Serge.
»Vielleicht. Obwohl er ja nicht wissen konnte, was wir eigentlich von ihr wollen«, sagte Stefan. Dann fragte er Lazar: »Glaubst du, sie bleibt lange?«
»Wohl kaum. Er ist ganz abscheulich zu ihr und nörgelt an jeder Kleinigkeit herum, die sie tut. Ich an ihrer Stelle bliebe jedenfalls keinen Augenblick länger in diesem Zimmer als unbedingt nötig.«
Noch bevor Lazar geendet hatte, hörten sie, wie im oberen Stockwerk eine Tür ins Schloss fiel. Gleich darauf kam das Mädchen mit schnellen Schritten die Treppe heruntergerannt, womit sie einmal mehr die Erschöpfung in ihrem Gesicht Lügen strafte. Unten angekommen blieb sie bei dem Anblick der Männer ruckartig stehen, und ohne sich darum zu kümmern, dass sie mit dieser Geste ihre Angst eingestand, legte sie eine Hand auf den Griff ihres Messers.
Stefan konnte nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken, mit dem er ihr nur allzu deutlich gezeigt hätte, wie wenig sie mit einer solchen Waffe gegen vier Männer ausrichten konnte, die von Jugend an dazu ausgebildet worden waren, im Kampf gegen andere Männer zu bestehen. Er wollte ihr nicht das Gefühl von Sicherheit nehmen, das ihr dieses Messer offensichtlich verschaffte. Aber es war immerhin sehr amüsant, einer Frau zuzusehen, die sich den Anschein gab, als sei sie darauf vorbereitet, mit ihnen allen gleichzeitig fertigzuwerden.
»Konntet Ihr die Tür nicht finden?« fragte sie mit einem durchbohrenden Blick auf Stefan.
Er ignorierte ihren Versuch, ihn zu provozieren. »Wir haben mit Ihnen zu reden, Mistreß.«
»Ich denke, Ihr hättet etwas mit Dobbs zu regeln? Das habt Ihr ja inzwischen getan.«
»Aber nicht zu unserer Zufriedenheit.«
Eine schön geschwungene Augenbraue wurde hochgezogen. »Ihr glaubt hoffentlich nicht, dass ich mich dafür interessiere, ob Ihr zufrieden seid oder nicht.«
Lazar schrie fast vor Lachen. Vasili gab ein angewidertes Grunzen von sich, hielt ansonsten aber glücklicherweise den Mund. Stefan krümmte sich innerlich, denn für ihn hatten ihre Worte — ob beabsichtigt oder nicht — eine zweifache Bedeutung. Nach außen hin ließ er jedoch nur ein Stirnrunzeln sehen.
»Wir haben ein paar Fragen ...«
»Ich habe keine Zeit...«
»... die Sie uns beantworten müssen.«
»Ich habe doch gerade gesagt...«
Bevor sie ihren Spruch jedoch ein weiteres Mal aufsagen konnte, wurde sie durch
Weitere Kostenlose Bücher